Winterberg. Die DRF Luftrettung ist mit ihrem Hubschrauber im Skiliftkarussell, um das lebenswichtige Zusammenspiel von Piloten und Bergrettern zu üben:
Unablässig kreist ein roter Rettungshubschrauber über den Skiliften am Winterberger Bremberg, immer wieder werden Einsatzkräfte aus der Luft abgelassen und kurz darauf hochgezogen. Die Blicke von Wanderern und Mountainbikern gehen besorgt zum knallblauen Himmel – hat es einen schlimmen Unfall gegeben?
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Nein, hat es zum Glück nicht. Stattdessen wird für aber für solche Ernstfälle trainiert: Die DRF Luftrettung ist mit ihrem Hubschrauber „Christoph Dortmund“ im Skiliftkarussell, um das lebenswichtige Zusammenspiel von Piloten, Notärzten, Sanitätern und Bergrettern zu üben. Dieser Tag ist gleichzeitig der Startschuss für einen Schritt, der das Sauerland ein Stück sicherer macht: Ab sofort gibt es auch in Nordrhein-Westfalen flächendeckend Möglichkeiten, in bestimmten Notfällen mit der zivilen Luftrettung von oben ärztliche Versorgung zu leisten.
Neues Hubschrauber-Modell
Seit Februar verfügt die DRF über ein neues Hubschrauber-Modell. Neben der Ausrüstung als fliegende Intensivstation ist es auch mit einer Rettungswinde ausgestattet, die Einsätze aus der Luft erlaubt und die Rettungszeiten damit deutlich verkürzt. Nach dem Training am vergangenen Wochenende kann diese Winde nun offiziell eingesetzt werden. Alle sechs Monate werden diese praktischen Schulungen künftig wiederholt.
16 Bergretter von den Bergwachten Winterberg, Hessen und Nordrhein sind dafür zur Bergwachtstation am Bremberg gekommen und trainieren die erforderlichen Abläufe im Zusammenspiel mit Ärzten und Piloten. Markus Sandmann ist hauptamtlicher Hubschrauber-Pilot bei der DRF Luftrettung in Dortmund, solche Einsätze sind quasi sein täglich Brot. Und trotzdem sind die Übungen auch für ihn enorm wichtig: „Als Pilot sehe ich nichts, wenn ich direkt über dem Unfallort bin. Ich muss mich hundertprozentig auf die Anweisungen meines Teams verlassen können, das funktioniert blind.“
Das ist ein Winch-Operator
Ein sogenannter „Winch-Operator“ sitzt dafür an der offenen Seite des Hubschraubers, dahinter warten Arzt und Bergretter auf ihren Einsatz. Team-Arbeit ist oberstes Gebot. Kein Wort und kein Griff sind dem Zufall überlassen. Jedes Kommando und jede Bewegung entsprechen vorgegebenen Standards, so dass jeder Bergretter mit jedem Notarzt, Sanitäter und Piloten auf dem gleichen hohen Niveau zusammen arbeiten kann. Je nach Verletzungsbild wird der Patient am Boden versorgt, manchmal auch mit der Rettungswinde hochgezogen und an anderer Stelle an einem bereitstehenden Rettungswagen wieder abgesetzt oder direkt in eine Spezialklinik geflogen. Deshalb werden unterschiedliche Szenarien am Bremberg an drei verschiedenen Stationen trainiert.
Als Laien schweben einem dabei spontan Einsätze mit verunglückten Skisportlern oder Mountainbikern vor. Neben solchen sauerlandtypischen Freizeit-Unfällen gehören jedoch auch Forstunglücke in weitläufigen und schlecht erreichbaren Waldgebieten zum Spektrum, Notfälle in der Langlaufloipe oder beim Wandern in schwer zugänglichem Gelände, in bestimmten Fällen auch Abstürze von Gleitschirmfliegern.
Einsatz der Winterberger Bergretter
Ihren ersten realen Einsatz hatten die Winterberger Bergretter im vergangenen Juli nach der katastrophalen Flut in NRW und Rheinland-Pfalz mit einer Polizeifliegerstaffel, als u.a. ein Krankenhaus evakuiert werden musste. Tobias Lutter von der Bergwacht Winterberg ist eine der Einsatzkräfte, die ab sofort auch von oben eingreifen können. Seit 2010 hat er eine entsprechende Zusatzausbildung und sich regelmäßig im Bergwacht-Zentrum in Bad Tölz weiterqualifiziert. Im Notfall wird Tobias Lutter angefunkt, ob er einsatzfähig ist, und mit dem Hubschrauber zuhause abgeholt – in seinem Fall in Grafschaft, wo es am Klosterkrankenhaus einen Landeplatz gibt. Er könnte ggf. sogar mit der Winde in den Hubschrauber hochgezogen werden.
Momentan gibt es sechs ausgebildete Luftretter bei der Winterberger Bergwacht. Ziel ist es, einen Pool von acht bis zehn Kräften zu haben, um rund um die Uhr einsatzbereit zu sein. Wie oft können solche Fälle vorkommen? Marc Ramspott ist technischer Leiter der Bergwacht Winterberg und hat die Einsätze der vergangenen Jahre ausgewertet. Im Schnitt kommt die Luftrettung in rund zwei Prozent der Alarmierungen infrage. Das klingt im ersten Moment aus statistischer Sicht nicht viel. Aber im Einzelfall entscheidet die zuverlässige Hilfe aus der Luft über Leben und Tod.