Brilon/Marsberg. Lange war das Tischtuch zwischen dem VNV und der Politik in Brilon und Marsberg zerrissen. Jetzt will man sich sachlich annähern wie in Medebach.

Verwaltung und Politik wollen sich mit dem Verein für Natur- und Vogelschutz im HSK (VNV) an einen Tisch setzen und gemeinsam eine Vereinbarung zum geplanten, weite Teile von Brilon und Marsberg überlagernde Vogelschutzgebiet (VSG) Diemel- und Hoppecketal formulieren. Ziel soll sein, wie beim Vogelschutzgebiet Medebacher Bucht ökologische und ökonomische Interessen unter einen Hut zu bekommen.

Das ist einer der Aspekte, die Montagnachmittag bei der Video-Konferenz mit NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser erörtert wurden. In der Spitze hatten sich bis zu 150 Teilnehmer eingeklinkt. Ursprünglich hatte die Veranstaltung als Podiumsdiskussion in Giershagen stattfinden sollen. Doch corona-bedingt war sie ins Netz verlegt worden. Neben der Ministerin nahmen von Behördenseite auch Vertreter des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), der Bezirksregierung, des HSK sowie der Städte Brilon und Marsberg teil.

VNV: „Tumbe Totschlagargumente“

Ein Thema waren auch die seit Bekanntwerden des Ausweisungsverfahren Ende vergangenen Jahres immer wieder aus der Politik vorgetragenen Zweifel an der Seriosität der Vogelbeobachtungen. Zum einen stellte ein vom HSK und den Städten Brilon und Marsberg eingeschalteter Rechtsanwalt in Frage, ob die Erhebung durch ehrenamtlich tätige VNV-Mitglieder tatsächlich den „besten Stand der Wissenschaft“ widerspiegele, zudem sagte er, dass das Vorenthalten von überprüfbaren Rohdaten nicht mit dem rechtsstaatlichen Transparenzgebot vereinbar sei. Sein jüngst im HSK-Umweltausschuss vorgetragenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die vom VNV und dem LANUV vorgenommene Gebietskulisse „in mehrererlei Hinsicht rechtlichen Anforderungen nicht genüge.

Antrag: Fristverlängerung und Präsenz-Veranstaltung

Das vom VNV vorgeschlagene Vogelschutzgebiet umfasst eine Fläche von 280 Quadratkilometer, das LANUV reduzierte die Gebietskulisse auf 120; damit ist der VNV jedoch nicht einverstanden.Am 30. Juni endet die Offenlegungsfrist für das Verfahren.Die SPD Brilon hat eine Verlängerung bis 30. September beantragt und eine Präsenz-Veranstaltung mit Ministerin Heinen-Esser.

Den VNV fuchst vor allem, dass seinen Mitgliedern mangelnde Kompetenz vorgeworfen wird. Das seien „haltlose Vorwürfe“ und - Originalton auf der VNV-Homepage - „tumbe Totschlagargumente“ einzelner Politiker und Lobbyisten. In der vergangenen Woche hat der VNV auf www.vnv-hsk.de eine umfangreiche Darstellung des Verfahrens und der von ihm angewandten Methodik veröffentlicht.

„Beste Kenner dieses Landschaftsraumes“

Wie sehr Wissenschaft und Forschung auf den ehrenamtlichen Naturschutz angewiesen sind, betont Prof. Dr. Eckhard Jedicke vom Institut für Landschaftsplanung und Naturschutz der Hochschule Geisenheim hervor. In einem auf der VNV-Homepage veröffentlichten Brief an NRW--Umweltministerin Heinen-Esser bezeichnet er die VNV-Mitglieder als „die besten Kenner dieses Landschaftsraumes“, auf die er und seine Studierende seit vielen Jahren zurückgreife. Ihre bürgerwissenschaftlich Expertise liege „weit über der vieler Professioneller“, eine derartige „Citizen Science“ sei andernorts von Bund und Ländern geförderter „Kern von Modellprojekten“.

Veränderungssperre bis zur Ausweisung

Er könne die „persönliche Diskreditierung“ nicht unwidersprochen hinnehmen und ihn mache betroffen, dass „als wichtigstes Gegenargument die Integrität der Daten in Frage gestellt“ werde. Von der Ministerin wünsche er sich „ein positive Bekenntnis zur ehrenamtlichen Naturschutzarbeit“, indem sie die Arbeit des Vereins anerkenne und „nicht der unsachlichen Kritik der Interessen geleiteten Gruppen und Institutionen zu unnötiger Würdigung“ verhelfe.

Mit dem jetzt angelaufenen Verfahren besteht für das gesamte Gebiet eine sämtliche Planungen - wie B7n und Windkraft - lähmende Veränderungssperre