Brilon. Wir alle merken es tagtäglich. Das Leben wird teurer und teurer. Jetzt will der HSK die Taxipreise anheben. Es gibt aber in der Branche Bedenken.
Himmelfahrt, das war für Christian Brummer mal wieder der bekanntermaßen „sehr gute Tag“. Vatertag. Da gibt es immer viel zu fahren. Vor allem zwischen Brilonund Willingen herrscht Hochbetrieb. Dazu Schützenfest in Thülen. Da sind die Wagen von Taxi Reermann im Dauereinsatz. 32 Euro kostete am Donnerstag die etwa 14 Kilometer lange Fahrt von Brilon in die Partyhochburg von Bahnhof zu Bahnhof. Demnächst dürften es rund zehn Euro mehr werden. Der Hochsauerlandkreis will zum 1. August die Taxi-Tarife anheben. Am Montag befasst sich der Kreis-Wirtschaftsausschuss damit.
Im Januar hatte sich der Verband des privaten gewerblichen Straßenpersonenverkehrs (VSPV) NRW e.V. „namens und im Auftrag der Mitglieder im HSK“ mit dem Antrag an die Kreisverwaltung gewandt, die Taxitarife anzuheben. Begründung: die „erneute und deutliche“, nach Ansicht des VSPV „angesichts der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung aus der Zeit gefallenen“ Erhöhung des Mindestlohnes sowie der - zur Erinnerung: der Antrag stammt vom Jahresanfang - „enorme Steigerung“ des Dieselpreises von 103,7 auf 160,1 Cent pro Liter. Parallel zur zweistufigen Erhöhung des Mindestlohnes zum 1. Juli von 9,82 Euro auf 10,45 Euro pro Stunde und zum 1. Oktober auf 12 Euro sollten die Taxitarife zum 1. Oktober um 18 Prozent und zum 1. April 2023 um weitere 4,8 Prozent erhöht werden.
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Krieg in der Ukraine und seine Folgen
Dann kam der Krieg in der Ukraine und seine Folgen nicht nur für die Energiepreise, sondern die gesamte Wirtschaft sowie die Inflation - Faktoren, die - so die Industrie- und Handelskammer in einer Stellungnahme zu dem VSPV-Antrag - „eine am Kostendeckungsprinzip orientierte Tariffindung nahezu unmöglich“ machen. Nach Ansicht der Kammer sollte der HSK deshalb mit der Erhöhung nicht bis Oktober warten und sie auch nicht in zwei Schritten vornehmen, sondern sofort und in einem Rutsch. Das sieht auch die Kreisverwaltung so. Der Kostendruck sei enorm, und eine Erhöhung in zwei Schritten würde für die Taxibetriebe zweimal Kosten für die Programmierung der Wegstreckenzähler beim Eichamt bedeuten - jedes Mal, so der HSK, seien das „mehrere hundert Euro pro Fahrzeug“. Im Vergleich zu Nachbarkreisen liegen die vorgeschlagenen Tarife in den einzelnen Tarifsegmenten mal niedriger und mal höher und oft auf gleichem Niveau
Krankenkassen geben Zuschlag
Zudem hält die Kreisverwaltung eine Erhöhung in zwei Stufen psychologisch nicht ratsam, denn: Es sei davon auszugehen, dass die Kunden „eine Tariferhöhung aus den dargelegten Gründen zum jetzigen Zeitpunkt durchaus nachvollziehbar und verständlich ist, nicht jedoch eine Erhöhung in zwei Schritten innerhalb eines halben Jahres.“
Den Kostendruck kann und will Christian Brummer gar nicht verkennen. Als stv. Betriebsleiter bei Taxi Reermann in Brilon kennt er die Zahlen. Den Antrag seines Verbandes hält er durchaus für „berechtigt“. Andererseits fragt er sich aber auch: „Ist das der richtige Weg?“
Taxis und Mietwagen
Kreisweit gibt es 52 Taxi- und Mietwagenunternehmen.Sie verfügen über insgesamt 164 Taxi- und 143 Mietwagenkonzessionen. Davon entfallen auf den Altkreis Brilon:Brilon: 6 Betriebe, 18 Taxis/15 MietwagenHallenberg: 1 Betrieb, 1/4Marsberg: 2 Betriebe, 4/16Medebach: 2 Betriebe, 5/6Olsberg: 5 Betriebe, 10/12Winterberg: 7 Betriebe, 14/16Taxis sind wie Bahn und Bus ein öffentliches Verkehrsmittel. Sie sind im Gegensatz zu Mietwagenunternehmen an feste Tarife gebunden und haben in ihrem Tarifgebiet eine Beförderungspflicht.Im Gegensatz zu Mietwagenunternehmen, die nur auf Bestellung Kunden befördern dürfen, können Taxis auch sogenannte Laufkundschaft - etwa abends vor einer Kneipe - aufnehmen oder auf Pfiff.
Denn statt die Betriebskosten letztlich auf die durch die Inflation ohnehin mehr denn je auf den Euro guckende Fahrgäste abzuwälzen und möglicherweise zu vergraulen, könnten doch wie jetzt mit dem 9-Euro-Ticket zumindest dem Taxi-Sektor andere staatliche Entlastungen gewährt werden - „zum Beispiel die Entbindung von der Energiesteuer“, sagt Brummer. Er frage sich schon, ob sich demnächst die betagte Stammkundin, die sich mit ihren schweren Tüten nach dem Einkaufen in der Stadt für 4,80 Euro nach Hause bringen lässt, sich das auch nach einer Erhöhung leisten mag - „Ihr Einkauf ist schließlich ja auch schon teurer geworden.“ Immerhin: Die Krankenkassen habe den Betrieben bereits einen Aufschlag von 14 Cent pro Kilometer gewährt.
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Firmenchef Wilfried Reermann hat natürlich auch schon E-Autos in seinem Fuhrpark, allerdings nicht als Taxi, sondern als Mietwagen. Als Taxi gibt es sie - mit einer Ausnahme - nicht direkt ab Hersteller, sondern sie müssen von Fachfirmen vor der Erstzulassung konfiguriert werden. Einfach in der Werkstatt das Taxameter einbauen lassen und Folien aufziehen, sei seit einigen Jahren nicht mehr möglich. Zum anderen gebe es das Problem mit der Reichweite: „Eine Nachtschicht müsste man schon durchfahren könne.“