Winterberg/Schmallenberg. Sollte man am Samstag „Wetten, dass gucken“ oder ist der Sauerland-Thriller „Das Lied des toten Mädchens“ die bessere Wahl? Wir haben einen Tipp.
Die Konkurrenz ist groß. Der im Sauerland gedrehte TV-Krimi-Thriller „Das Lied der toten Mädchen“ muss am Samstagabend, 20.15 Uhr, in der ARD ausgerechnet gegen den TV-Titanen Thomas Gottschalk und die erneute Reanimation von „Wetten, dass“ antreten. Vor zwei Jahren wurde der Krimi nach einem Roman von Linus Geschke ursprünglich für den Privat-Sender SAT1 gedreht, wanderte dann aber auf den Top-Sendeplatz in die ARD. Mit großer Spannung wird die Ausstrahlung nun im Sauerland erwartet. Denn Krimis fürs Fernsehen werden hier nicht jeden Tag produziert. Und allein 60 Statisten aus der Region haben mitgemacht.
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Vorab: Es ist ein düsterer Film geworden, der von der Grundstimmung her auch im Hohen Norden spielen könnte und der aktuell atmosphärisch perfekt ins triste Novembergrau passt. Nordic noir. Urlaub machen würde sie hier nicht und der Drehort in einer Jagdhütte bei Bromskirchen sei schon gruselig gewesen, sagt Lara Mandoki über das Sauerland. Sie spielt die Journalistin Stefanie „Mütze“ Schneider, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Jan Römer (Torben Liebrecht) einen alten Kriminalfall aufgreift: Ein junges Mädchen ist 1995 am Fuße des Wilzenbergs tot aufgefunden worden. Neben ihr eine Spieluhr, die das Schlaflied „Hush, little Baby“ spielt. Genauso eine Spieluhr mit einer Tänzerin dreht sich 2020 neben einer männlichen Leiche in einem Kölner Parkdeck. Den Toten hat der Zuschauer in der Anfangsszene schon einmal gesehen. 25 Jahre zuvor in einem Sauerländer Wald, wo dichter Nebel durch dunkle Tannen wabert, wo Äste knacken und angeblich Hexen und Teufel ihr Unwesen treiben, wo Krähen kreischen, Kerzen vor Marienbildstöcken flackern und plötzlich vom Windhauch ausgeblasen werden…
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Eigene Szenerie geschaffen
Es ist immer wieder faszinierend, wie die Filmemacher sich die Sahnestückchen einer Region herauspicken und daraus eine zusammenhängende Szenerie bauen, wie sie sie für die Handlung brauchen. Der Showdown spielt sich an den Bruchhauser Steinen ab. Die Hütte, die laut Film unmittelbar neben den Felsen steht, befindet sich in Bromskirchen bzw. Oberkirchen. Das Haus, in dem die Mutter des toten Mädchens lebt, haben die Thriller-Macher in der Korbacher Altstadt gefunden, der Kamera-Schwenk auf Fachwerk und Schiefer dürfte aus Hallenberg stammen, die alte Mühle des Dorfschullehrers steht in Remblinghausen. Kloster Grafschaft, Medelon, Winterberg waren weitere Stationen. „Die zunehmend schwierigen Wetterbedingungen und die Abgelegenheit mancher Drehorte waren eine wirkliche Herausforderung für das gesamte Team. Ich habe Wärmepflaster und festes Schuhwerk sehr zu schätzen gelernt“, sagt Schauspieler Torben Liebrecht. „Die Dreharbeiten an den Bruchhauser Steinen mit der Filmcrew und den Schauspielern waren für alle sehr aufregend – wir freuen uns auf das Ergebnis. Eventuell wird es eine Fortsetzung geben. Wir sind gespannt!“, schreibt Freifrau von Fürstenberg aus Bruchhausen, die eigenes eine Presse-Info mit Verweis auf die Ausstrahlung herausgegeben hat.
Quote ist entscheidend
Die Einschaltquoten am Samstagabend werden darüber entscheiden, ob die Reihe um die beiden Journalisten „Mütze“ und Römer im Fernsehen fortgesetzt wird oder nicht. Das Duo passt in die Welt, ist in sich stimmig angelegt und hat auf jeden Fall viel Potenzial für weitere Ermittlungen. Regisseur Felix Herzogenrath („Der Usedom-Krimi, „Nord bei Nordwest“) hat sehr stimmungsvolle Bilder mit viel Atmosphäre eingefangen, die allerdings durchweg sehr duster sind. Das war gewollt und die gelbe Regenjacke von „Mütze“ ist mitunter der einzige Farbklecks im ganzen Film: „Der Nebel im Sauerland ist einfach einmalig. So dichte Schwaden kann man mit keiner Nebelmaschine erzeugen. Wenn der morgens über den Waldboden wabert, ist das herrlich mystisch“, so Herzogenrath.
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Story etwas verworren
Die Story an sich – mit Verfassungsschutz, Mädchenfreundschaften und schlussendlich einem „normalen“ Mordmotiv - ist hier und da etwas verworren. Die Darstellung als ausschließlich triste Provinz wird dem Sauerland nicht gerecht. Aber letztlich geht es ja um eine mysteriöse Geschichte; insofern spielt die Region ihre Rolle genau nach Drehbuch.
Vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung - dann einmal mit den anderen, farbenprächtigeren Facetten des Sauerlandes. Und wie sagt Jan Römer in der Schluss-Szene: „Ist eigentlich doch ganz schön hier!“