Berlin. Batterien funktionieren bei niedrigen Temperaturen nicht gut. Warum ist das eigentlich so? Und was können Autofahrer jetzt tun?
Die meisten Menschen mit einem Smartphone kennen diesen Moment: Ein kalter Wintertag, lange draußen gewesen und plötzlich will das Telefon nicht mehr anspringen. Handyakkus mögen keine niedrigen Temperaturen. Genauso ist das auch bei Elektroautos. Und da davon immer mehr auf den Straßen unterwegs sind und sie sich nicht so einfach in der Mantelinnentasche warm halten lassen, lohnt es sich, zu verstehen, wie Autobatterien und Kälte zusammenspielen. Damit man mit dem „Stromer“ nicht plötzlich liegen bleibt.
E.ON auf Nachfrage dieser Redaktion zu Batterie und Akku
- Streng genommen sind Akkus und Batterien nicht das Gleiche
- Der Definition nach sind Akkus wiederaufladbare Energiespeicher
- Batterien lassen sich nicht wieder aufladen
- In der Elektromobilität werden die beiden Begriffe aber synonym verwendet, um den Hochvolt-Energiespeicher im E-Auto zu benennen
- Auch E-Autos haben, genau wie Verbrenner, eine 12-Volt-„Batterie“ verbaut, die die Energie für die Zentralverriegelung, Bord-Instrumente und das Starten des Fahrzeugs zur Verfügung stellt
In Chicago mussten Mitte Januar mehrere Tesla abgeschleppt werden. Ihre Akkus hatten sich schneller entleert, als die Fahrer dachten. Die meisten waren nicht mal losgefahren, weil die Batterie über Nacht aufgegeben hatte oder deutlich länger beim Laden brauchte. Im Norden der USA hatte es zu diesem Zeitpunkt allerdings auch arktische Temperaturen von unter 20 Grad Celsius. In Deutschland eine Seltenheit. Und dennoch beeinflusst auch der mitteleuropäische Winter die Leistung von Elektroautos.
Elektroautos im Winter: Diese Probleme können entstehen
- Längere Ladedauer
- Geringere Reichweite
- Dauerhafte Leistungsverluste bei falschem Laden
- Häufigere Fahrten zur Ladesäule
- Höherer Stromverbrauch beim Laden
Wie Professor Markus Lienkamp vom Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik der TU München dieser Redaktion mitteilte, liegt der Sweetspot für Batterien in E-Autos zwischen 25 und 40 Grad. Da funkt es in der Elektrochemie am besten. Alles darüber und darunter schwächt die Kapazität des Akkus. Wenn es kalt ist, bewegen sich die Lithium-Ionen langsamer. So viel zur Zellebene der Batterie. Was ist das Problem in der Realität des Autobesitzers? Wer im Winter in der Früh in ein unbeheiztes Büro kommt und direkt funktionieren muss, kann sich ungefähr vorstellen, wie es einem Auto-Akku unter 20 Grad geht. Die Ladezeit ist länger und die Reichweite kürzer.
Verbrennermotoren produzieren beim Fahren viel Abwärme, die den Innenraum des Autos heizen kann. Stromer sind dafür zu „effizient“. Im E-Auto muss der Strom, der auch fürs Fahren da ist, den Innenraum wärmen. Diese Energie fehlt später auf der Strecke. Daher sind im Winter vor allem kurze Fahrten schlecht, da Elektroautos hier ähnlich viel Energie für die Heizung aufwenden wie für die Fahrt. Laut ADAC steigt der Verbrauch eines E-Autos mit kaltem Motor auf der Kurz- oder Pendlerstrecke (23 Kilometer in 30 Minuten) bei Minusgraden extrem. Bei manchen Modellen sogar auf über 100 Prozent mehr.
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„Die kalte Batterie hat weniger Energie, weil die chemischen Reaktionen langsamer laufen. Der geringere Inhalt steht nicht mehr voll zum Fahren zur Verfügung. Bei Kälte geht ein gewisser Anteil der Energie innerhalb der Batterie verloren“, erklärt Professor Lienkamp.
Das Aufheizen zieht am meisten Energie. Die Batterie muss aber nicht nur den Fahrer aufwärmen, sondern auch sich selbst. Wenn der Akku nicht auf Temperatur ist, dauert das Laden noch länger und kann im Falle von Schnellladen sogar dazu führen, dass die Leistung dauerhaft schlechter wird. „Beim Schnellladen der Batterie bei Kälte verklumpt das Lithium an der Oberfläche, das sogenannte Lithium-Plating. Dann kann man nicht mehr Schnellladen. Außerdem ist das gefährlich, weil es zum Kurzschluss der Batterie führen kann“, berichtet Lienkamp dieser Redaktion.
Schnellladen von E-Autos – schnell erklärt von E.ON
In der Regel unterscheidet man zwischen dem langsameren AC-Laden und dem schnelleren DC-Laden. AC steht für „alternating current“, also Wechselstrom und DC steht für „direct current“, also Gleichstrom. Wallboxen für zu Hause oder fürs Laden im Stadtgebiet sind in der Regel AC-Ladestationen und bieten 11 oder 22 Kilowatt Leistung an. Schnellladestationen, beispielsweise an Verkehrsknotenpunkten, sind mit DC-Technologie ausgestattet. Von Schnellladestationen spricht man zwar bereits ab 50 Kilowatt Ladeleistung, moderne Schnellladestationen und sogenannte Hypercharger weisen aber bereits Ladeleistungen bis zu 400 Kilowatt auf. Auch die Ladeleistungen der Fahrzeuge steigen immer weiter. Mit modernen E-Autos und Ladestationen lässt sich der Akku so im Idealfall innerhalb von rund 20 Minuten wieder für die nächste Etappe aufladen.
Praktischerweise haben viele Hersteller von E-Autos vorgesorgt. Bei den meisten modernen Modellen mit Wärmepumpe und elektrischem Zuheizer kann man via App einstellen, wann man losfahren und vorheizen will. „Wer einen Garagenstellplatz hat, sollte diesen im Winter natürlich nutzen, denn je wärmer die Batterie bleibt, umso effizienter arbeitet sie. Das Vorwärmen geschieht idealerweise, während das Fahrzeug noch mit dem Strom verbunden ist, das schont die Reichweite und der Fahrer oder die Fahrerin steigt in ein perfekt temperiertes Fahrzeug“, erläuterte E.ON auf Anfrage dieser Redaktion.
Tipps für E-Autos im Winter und bei Minusgraden
- Eco-Modus nutzen: Gut für Sicherheit und Reichweite
- E-Auto in einer Garage parken: Batterie kühlt nicht komplett aus
- In der Früh Akku vor dem Laden rechtzeitig vorheizen
- Innenraum mit Sitzheizung heizen: effizienter als Lüftung
- Kurze Fahrten vermeiden
- Wagen nach langer Fahrt laden: Batterie ist schon auf Temperatur
- Für Hardliner: Beim Fahren Klimaanlage im Innenraum ausstellen
- Batterie nie ganz voll oder ganz leer laden, Faustregel ist zwischen 40 und 80 Prozent
- Bei Stau: Scheibenheizung aus, Heizung runter und von Abblend- auf Standlicht wechseln
Wer sich an längere Ladedauer und kürzere Reichweite gewöhnt hat, der sollte mit seinem Elektroauto auch im Winter gut durchkommen. Wie sonst wäre Norwegen zu erklären, das Land mit der weltweit höchsten Dichte an elektronischen Automobilen. Nicht gerade bekannt für sein mediterranes Klima.
Laut Professor Lienkamp ist normale Kälte in Deutschland nicht das Problem: „Die Batterie im E-Auto hat eine sehr hohe thermische Trägheit. Das bedeutet, sie kühlt nicht so schnell aus. Da braucht es schon mehrere kalte Tage. Wenn es nachts -10 Grad hat und tagsüber 10, dann kommt man im Mittel auf 0. Dann ist das alles kein Drama.“ Und: Es gibt sogar einen Vorteil im Winter. Viele Elektroautos haben inzwischen serienmäßig eine Standheizung eingebaut. Als würde man in eine warme Mantelinnentasche steigen.
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