Berlin. Es kursieren viele Mythen darüber, dass eine Psychotherapie die Verbeamtung verhindere. Doch was ist da dran? Ein Experte klärt auf.
Dass psychische Erkrankungen wie Depressionen immer häufiger auftreten, ist in unserer Gesellschaft inzwischen kein Geheimnis mehr – mit Ausnahme von einer bestimmten Berufsgruppe: Bei Beamten ist das Ganze noch immer ein Tabuthema. Denn es kursieren viele Gerüchte darüber, dass eine psychische Erkrankung und insbesondere das Antreten einer Psychotherapie die Verbeamtung gefährden.
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Denn bevor eine Person in Deutschland verbeamtet wird – egal ob als Lehrer, Richter oder Anwalt –, muss sie eine Untersuchung beim Amtsarzt durchlaufen, bei der die gesundheitliche Eignung für eine Verbeamtung geprüft wird. Wer in seiner Akte jedoch eine Psychotherapie verzeichnet hat oder sich womöglich gerade noch in Behandlung befindet, riskiert die positive Bewertung dieser gesundheitlichen Eignung und damit auch die Verbeamtung – so jedenfalls die Gerüchte. In Foren im Internet kursieren daher etliche Berichte von Betroffenen, die erzählen, dass sie aus Angst vor genau diesem Szenario ihre Therapie selbst bezahlt hätten, damit diese nicht in der Krankenakte auftaucht. Doch ist diese Angst wirklich berechtigt? Und wieso gefährdet eine psychische Erkrankung oder deren Behandlung die Verbeamtung überhaupt?
Abgeschlossene Psychotherapie: „An sich kein Ausschlussgrund für eine Verbeamtung“
Wie Benjamin Ciupek, Pressesprecher des Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) in Berlin, auf Anfrage unserer Redaktion erklärt, umfasse die Prognose des Amtsarztes „eine Aussage zur Entwicklung einer Erkrankung mit den möglichen Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit bis zum Eintritt der Pension“. Dabei gebe es laut Ciupek jedoch keine Unterscheidung zwischen somatischen und psychischen Erkrankungen.
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Außerdem gehe es vielmehr darum, im Gutachten darzustellen, welche Art von psychischer Erkrankung vorliegt und welche Art von Psychotherapie durchgeführt wird, so Ciupek. Eine durchgeführte Psychotherapie sei dabei „an sich kein Ausschlussgrund für eine Verbeamtung“ und eine Psychotherapie sei bei Beamten auch nicht problematischer als bei Erkrankten anderer Berufsgruppen, klärt der LAGeSo-Sprecher auf.
Es komme vielmehr auf die Art der Grunderkrankung an, und nach aktueller Rechtsprechung „muss jeder Fall individuell betrachtet werden“. Insbesondere eine erfolgreich absolvierte Psychotherapie ohne etwaige Rückfallgefahr dürfe „in der Regel“ zur Verbeamtung führen, schreibt der Rechtsanwalt und Verwaltungswirt Janus Galka auf seiner Webseite.
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In diesem Fall kann die Verbeamtung verschoben werden – Experte klärt auf
Ist die Psychotherapie zum Zeitpunkt des amtärztlichen Gutachtens aber noch nicht abgeschlossen, sieht die Sache anders aus: Bei einer aktuell laufenden Psychotherapie könne laut Ciupek vorerst überhaupt keine Prognose erstellt werden, sprich weder eine positive noch negative. „Wie bei allen Therapien in der Medizin bei akuten Erkrankungen muss der Erfolg beziehungsweise der Nichterfolg abgewartet werden“, erklärt der Pressesprecher. In so einem Fall sei es möglich, dass die Verbeamtung erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden kann.
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Wer darauf nicht warten möchte und folglich mit dem Gedanken spielt, die laufende Psychotherapie zu verheimlichen, indem sie etwa aus eigener Tasche bezahlt wird, sollte sich das lieber zwei Mal überlegen. Denn das Verschweigen einer Erkrankung bei der Verbeamtung könne, so der LAGeSo-Sprecher, später „weitreichende disziplinarrechtliche Folgen haben“.