Berlin. Seit Jahrzehnten zahlen Kassen Männern eine regelmäßige Vorsorge gegen Prostatakrebs. Doch laut einer neuen Studie ist sie sinnlos.
Die rektale Tastuntersuchung ist zur Früherkennung von Prostatakrebs bei jüngeren Männern ab 45 Jahren ungeeignet. Das ist das Ergebnis einer vom Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg koordinierten Studie. Seit 1971 ist diese Untersuchung Teil des Vorsorgeprogramms der gesetzlichen Krankenkassen. Experten des DKFZ fordern nun eine Reform.
Die Prostata wird auch Vorsteherdrüse genannt. Sie gehört zu den inneren Geschlechtsorganen des Mannes und soll ab einem Alter von 45 einmal im Jahr abgetastet werden. Dabei führen ein Arzt oder eine Ärztin den Finger vorsichtig in den After ein, um über die Vorderseite des Enddarms Knoten oder Verhärtungen der Prostata feststellen zu können. Ziel ist es, Tumore im Frühstadium zu erkennen.
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Zweifel an der diagnostischen Aussagekraft dieser Tastuntersuchung, die nur wenige Minuten dauert, gab es seit Langem. Insbesondere für jüngere Männer lagen aber bislang keine Daten dazu vor, ob die Untersuchung ihren Zweck erfüllt. Die sogenannte PROBASE-Studie hat diese Lücke nun geschlossen. Sie wird an den Universitätskliniken in Düsseldorf, Hannover, München und Heidelberg durchgeführt, durch das DKFZ koordiniert und von der Deutschen Krebshilfe gefördert.
Prostatakrebs: Nur bei drei jungen Männern fand man ein Karzinom
Bei Studieneintritt hatten sich fast 6540 Männer im Kontrollarm von PROBASE im Alter von 45 Jahren einer rektalen Tastuntersuchung unterzogen. Dabei wurden 57 verdächtige Befunde ermittelt. Bei der Mehrzahl der Betroffenen konnten die verdächtigen Tastbefunde durch die Untersuchung einer Gewebeprobe überprüft werden. Nur bei drei Teilnehmern fand sich anschließend tatsächlich ein Tumor. Die übrigen Befunde erwiesen sich als falsch-positiv.
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„Die rektale Tastuntersuchung als Screening-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs kann gleich in zweierlei Richtungen Schaden anrichten“, sagt die Erstautorin der Publikation, Agne Krilaviciute laut Mitteilung. „Aufgrund der geringen Sensitivität könnten sich Teilnehmer bei einem negativen Testergebnis in falscher Sicherheit wiegen. Und durch die hohe Falsch-Positiv-Rate werden viele Männer unnötig in Angst versetzt und unnötig biopsiert“, so Krilaviciute. Außerdem entstünden vermeidbare Kosten für die diagnostische Abklärung des Krebsverdachts.
Früherkennung: Im Alter von etwa 50 einmalig PSA-Wert bestimmen
Studienleiter Prof. Peter Albers geht davon aus, dass die PROBASE-Ergebnisse dazu führen werden, die Empfehlung zur Prostata-Früherkennung in absehbarer Zeit anzupassen. Der Leiter der DKFZ-Forschungsabteilung Prostatakrebs-Früherkennung und Direktor der Urologischen Universitätsklinik in Düsseldorf spricht sich für ein neues Screening aus. Bei diesem sollten die Kassen Männern um die 50 einmalig die Bestimmung des Prostata-spezifischem Antigens (PSA) im Blut bezahlen. Die Analyse kostet zwischen 15 und 25 Euro. Anschließend sollten auffällige Befunde per Magnetresonanzthomografie (MRT) abgeklärt werden. Ein erhöhter PSA-Wert kann auf Prostatakrebs hindeuten.
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„Angesichts der geringen Akzeptanz der rektalen Tastuntersuchung, wir sind da bei Teilnehmerquoten von nicht mal 20 Prozent, würde ein Prostatakrebs-Screening auf der Basis eines PSA-Tests möglicherweise sogar die Teilnahmebereitschaft der Männer steigern“, sagt Peter Albers. Der PSA-Test habe sich in großen randomisierten Studien als eindeutig überlegen erwiesen.
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