Berlin. Wie hoch sollten Käufer auf Ebay, Kleinanzeigen und Co. mit einem Preisvorschlag einsteigen? Die Forschung liefert eine klare Antwort.

Verhandeln ist nicht immer von Erfolg gekrönt – besonders auf Internetplattformen wird der Dialog über den Chat auch schnell wieder beendet und man hört nie wieder von dem Verkäufer. Wer etwas auf Plattformen wie Ebay, Vinted oder Sellpy kaufen möchte, der ist sich womöglich unsicher: Was ist ein guter Einstiegspreis? Was soll ich dem Verkäufer schreiben? Schließlich möchte man meistens einen Rabatt bekommen oder wenigstens die Person sein, die das Produkt bekommt. Dabei gibt es ein paar simple Tipps, die das Feilschen wesentlich einfacher machen können.

Ebay und Kleinanzeigen: Was die Verhandlungen schwierig macht

Bei Preisverhandlungen im Internet sind die Positionen allgemein klar definiert: Die eine Person möchte ihr Produkt loswerden und Geld dafür bekommen, die andere Person möchte das Produkt kaufen, wenn möglich mit einem Preisnachlass. Es gibt aber eine andere Herausforderung, ausgelöst durch den digitalen Chat: Die persönliche Ebene fehlt.

„Dort fallen viele gängige Verhandlungstools – wie Themen nach und nach hinzufügen, die Beziehungsebene verbessern – weg“, sagt Verhandlungsforscher und Psychologe Valentin Ade. Ade unterrichtet Verhandlungsführung an der Executive School der Universität St. Gallen und für die UN. „Wer an solchen Orten freudvoll miteinander verhandelt, kann die subjektive Zufriedenheit auf beiden Seiten steigern.“ Man könne zum Beispiel mit Lob zum Produkt einsteigen und in einem positiven und humorvollen Stil schreiben.

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Online verhandeln: So hoch sollten Käufer in die Verhandlung einsteigen

Wer nach einiger Suche auf Vinted oder Sellpy seine absolute Traum-Jeans gefunden hat, fragt sich dann wahrscheinlich, wie viel er der Verkäuferin dafür bieten soll. 30 Euro? Aber das Teil ist doch für 50 Euro auf Verhandlungsbasis reingestellt. Ist das dann zu wenig? Die Suche nach dem perfekten Einstiegspreis in die Verhandlung kann schwerfallen.

Wie Preisverhandlungen im Netz gelingen, hat sogar eine Studie erforscht.
Wie Preisverhandlungen im Netz gelingen, hat sogar eine Studie erforscht. © iStock | istock

In einer Studie der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin und der Leuphana Universität Lüneburg aus dem August 2023 haben Forscher herausgefunden: Das erste Gebot darf nicht zu hoch sein. Bestenfalls liegt es bei rund 80 Prozent von dem, was der Anbieter haben möchte. Im Fall der Jeans wären das dann 40 Euro.

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Für die Studie haben die Wissenschaftler 26 Millionen Ebay-Deals analysiert – mit dem Ziel, herauszufinden, wie hoch das erste Angebot der Käuferinnen und Käufer sein sollte. Dafür wurden die Fälle auf niedrige Erstangebote und die Verhandlungsergebnisse geprüft. Die 80-Prozent-Regel trifft allerdings nicht auf alle Produkte gleichermaßen zu, da gibt es noch einmal Unterschiede. „Anhand der Ergebnisse kann man aber relativ detailliert Empfehlungen geben, welcher Preis für welches Produkt sinnvoll ist“, berichtet Studienleiter und Psychologe Martin Schweinsberg von der ESMT Berlin.

Auf Basis der Ergebnisse haben die Forscher eine kostenlose Website entwickelt: Unter https://firstofferadvice.com werden auch für einzelne Produkte, wie zum Beispiel einen Tisch oder einen Fernseher, Empfehlungen für einen passenden Einstiegspreis gegeben.

Wer den Preis zu niedrig ansetzt, der verärgert womöglich die Gegenseite, sagt Studienleiter Schweinsberg. „Die sucht sich dann vielleicht lieber einen anderen Käufer.“ In der Studie nennt das Team dies ein „Sackgassen-Risiko“. Die Verhandlung ist sozusagen vorbei, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat.

Käufer bieten den vollen Preis – warum das nicht immer den Deal sichert

Wer etwas unbedingt haben möchte, traut sich aber vielleicht auch nicht, den Anbieter herunterzuhandeln und bietet direkt den vollen Preis, um seine Chancen zu steigern. Das sei aber nicht wirklich ratsam, sagt Schweinsberg: „Bei den betrachteten Fällen in der Studie war das Risiko, keinen Abschluss zu bekommen, beim vollen Preis höher als bei einem Gebot leicht darunter.“ Was bei den Fällen dem Experten zufolge passiert sein könnte: Die Verkäufer könnten geschlussfolgert haben, einen zu niedrigen Preis angesetzt zu haben, wenn niemand herunterhandelt. Dann würden sie das Produkt lieber noch einmal neu und teurer reinstellen.

Ist die Online-Verhandlung aber gut gestartet und es kommt zu einem Deal, gibt es – zumindest in den 26 Millionen Fällen der Studie – einen überraschenden Effekt: „Man hat bisher immer angenommen, dass sich Käuferin und Verkäuferin beim Preis in der Mitte treffen“, erklärt Schweinsberg. „Was wir aber herausgefunden haben: Wenn beispielsweise der Verkäufer 100 Euro möchte und der Käufer 50 Euro bietet, dann landen beide meistens nicht bei 75 Euro, sondern bei eher so 60, 63 Euro – folglich etwas näher bei dem Käufer als beim Verkäufer.“

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Preisvorschlag: Dieser Trick kann helfen

Nicht nur die Höhe des Angebots spielt bei der Verhandlung eine Rolle. „In weiteren Studien haben Kolleginnen und Kollegen von mir festgestellt: Wenn man als Käufer das erste Angebot relativ präzise macht, dann wirkt es stärker“, sagt Schweinsberg. Die Studien wurden 2013 von der amerikanischen Columbia University veröffentlicht. Demnach wirken Menschen, die einen sehr präzisen Preis nennen, also keine runde Zahl wie 10.000 Euro, informierter über das Produkt. „Der Gegenüber mag denken, dass ich mich gut auskenne und nimmt das spezifische Angebot ernster als das runde Angebot“, so Schweinsberger.

Was man im Chat schreibt, kann ebenfalls entscheidend sein. Es kann laut dem Berliner Psychologen helfen, sich andere Angebote, die günstiger sind, einzuholen und dem Verkäufer zu nennen. Dadurch kreiere man eine Wettbewerbssituation. Auch Verhandlungsforscher Valentin Ade hält das für hilfreich. Ihm zufolge können Argumente im Allgemeinen sinnvoll sein: „In mehreren Studien wurde gezeigt: Wenn man etwas mit einem Argument untermauert, dann führt das zu weniger Groll beim Gegenüber.“