Berlin. Diäten gibt es viele. Aber nur wenige funktionieren. Wer abnehmen will, sollte auf den Rat von Experten hören. Hier sind ihre Tipps.
Immer wieder kämpfen Menschen mit den unterschiedlichsten Diäten und Methoden gegen überschüssige Pfunde. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind in Deutschland fast 47 Prozent der Frauen und gut 60 Prozent der Männer von Übergewicht – einschließlich Adipositas – betroffen. Insgesamt knapp ein Fünftel der Erwachsenen weist eine solche Adipositas auf – hat also krankhaftes Übergewicht.
Diät mit Erfolg: 14 Expertentipps zum Abnehmen
Den pauschal besten Weg für alle, die daran dauerhaft etwas ändern wollen oder müssen, gibt es nicht. Allerdings gibt es durchaus Punkte, die beim Abnehmen immer wichtig sind, erklären Gesundheits- und Sportwissenschaftlerin Ronja Klees vom Frankfurter Sport- und Gesundheitsinstitut iQ athletik, Endokrinologe und Ernährungsmediziner Andreas Pfeiffer von der Berliner Charité sowie Jens Aberle, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der am Hamburger Universitätsklinikum (UKE) praktiziert, im Gespräch mit unserer Redaktion.
Diät-Tipp 1: Den eigenen Grundumsatz kennen
Einige Menschen, gerade mit starkem Übergewicht, haben genetisch bedingt einen unterdurchschnittlich niedrigen Grundumsatz. Ihr Körper verbrennt von Haus aus wenig Energie. Hinzu kommt: Jeder Versuch der Gewichtsreduktion samt Jo-Jo-Effekt beeinflusst den Stoffwechsel negativ. Das heißt, der Grundumsatz sinkt. Irgendwann ist er bei krankhaft Übergewichtigen so gering, dass Medikamente oder eine Operation notwendig werden können. Lesen Sie auch: Erfolgreich abnehmen – Wie werde ich die Pandemie-Kilos wieder los?
Einen Näherungswert des eignen Grundumsatzes erhält man im Normalfall etwa durch folgende einfache Formeln:
- Männer: 1,0 kcal x Körpergewicht x 24
- Frauen: 0,9 kcal x Körpergewicht x 24
Dieser Wert ist die Grundlage für die Berechnung des täglichen Kalorienbedarfs. Der reelle Wert liegt oft niedriger. Präziser ist eine Grundumsatzmessung mittels Spiroergometrie in einem Gesundheits- oder Adipositaszentrum.
Diät-Tipp 2: Die Energiebilanz beachten
Die Energiebilanz ist ein wichtiger Faktor mit Blick auf die Ernährung. Nimmt man mehr zu sich, als man verbraucht, hat also einen Kalorienüberschuss, nimmt man zu. Das Problem: Oft wird unterschätzt, wie wenig Energie der Körper ohne nennenswerte Bewegung – etwa durch Schreibtischjob und Homeoffice – benötigt.
Um den eigenen Bedarf zu ermitteln, muss zusätzlich zum Grundumsatz noch der eigene PAL-Wert (Physical Activity Level) bestimmt werden. Er beschreibt die Menge an Energie, die zusätzlich zum Grundumsatz benötigt wird, um körperliche Leistungen vollbringen zu können – abhängig von der eigenen körperlichen Aktivität über den Tag. Daraus ergibt sich der eigene Gesamtumsatz und damit der tägliche Kalorienbedarf.
Diät-Tipp 3: Kalorien zählen kann sinnvoll sein
Um sich einen Überblick über die eigene Energiezufuhr zu verschaffen, ergibt es Sinn, über alles, was man zu sich nimmt, über mehrere Wochen konsequent Buch zu führen. Es empfiehlt sich, dafür alles abzuwiegen – auch den Schuss Milch im Kaffee oder das Öl beim Anbraten – und beispielsweise in Tracking-Apps wie Yazio, MyFitnessPal oder Noom einzutragen.
Am Ende sollten die gesamten Kalorien (kcal), also die über den Tag aufgenommene Energie, den eigenen Gesamtbedarf nicht überschreiten – zum langsamen Abnehmen um etwa 200 kcal unterschreiten.
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Diät-Tipp 4: Nicht zu wenig essen
Zu wenig Kalorien über einen zu langen Zeitraum sind kontraproduktiv. Zwar können manche Menschen mit sogenannten Formuladiäten, bei denen Mahlzeiten durch Flüssignahrung mit sehr wenigen Kalorien ersetzt werden, in kurzer Zeit teils viel abnehmen. Generell gilt aber: Wer dauerhaft auf ein Normalgewicht kommen möchte, muss den neuen Lebensstil auch durchhalten – über Monate und Jahre.
Werden über einen sehr langen Zeitraum sehr wenige Kalorien eingenommen, kann das das Abnehmen gar verhindern. Der Körper schaltet quasi auf Überlebensmodus und fängt an zu „bunkern“. Ziel sollte also sein, das Abnehmen als Lebensprojekt zu sehen.
Diät-Tipp 5: Eine ausgewogene Nährstoffverteilung beachten
Einige Diätformen propagieren, möglichst auf Kohlenhydrate oder gar Fette zu verzichten. Das kann den eigenen Stoffwechsel jedoch ungünstig beeinflussen. Gerade wenn zu wenig Kohlenhydrate konsumiert werden, kann das zu Muskelabbau führen. Insbesondere wenn zur Gewichtsreduktion zusätzlich mehr Sport und Bewegung ins Leben integriert werden, braucht der Körper die aus den Kohlenhydraten gewonnene Energie.
Auch der Eiweißgehalt der Nahrungsmittel ist wichtig, um zu vermeiden, statt Fett nur Muskelmasse zu verlieren. Die Empfehlungen reichen von einem bis hin zu zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Gute Proteinquellen sind unter anderem Skyr, Thunfisch, Geflügel oder Hülsenfrüchte. Lesen Sie auch: Gesunde Ernährung – Gutes Essen tut Ihrer Psyche gut
Diät-Tipp 6: Eine niedrige Kaloriendichte hilft gegen den Hunger
Um trotz Kaloriendefizit nicht zu hungern, ist es wichtig, möglichst viele Nahrungsmittel mit geringer Kaloriendichte zu essen, die den Magen füllen und den Darm beschäftigen – insbesondere wenn die Gene das Sättigungsgefühl zusätzlich ungünstig beeinflussen.
Die Kalorien- oder auch Energiedichte gibt an, wie viele Kilokalorien in einem Gramm eines bestimmten Lebensmittels oder Produktes stecken. Um sie zu berechnen, teilt man den Kaloriengehalt eines Lebensmittels durch sein Gewicht. Einige Beispiele:
- Eine Gurke (etwa 300 Gramm) enthält etwa 42 kcal, hat also eine Energiedichte von 0,14.
- Bei einem Brötchen (60 Gramm) ist die Energiedichte mit einem Wert von etwa 2,9 gut 20-mal so hoch.
Diät-Tipp 7: Auf eine gesunde Lebensmittelauswahl achten
Das Angebot an Nahrungsmitteln im Supermarkt gepaart mit Werbung, die bewusst unser inneres Verlangen adressiert, verführen jeden täglich, Dinge mit hohem Energiegehalt zu essen – meist hochverarbeitet. Abnehmwillige sollten sich damit auseinandersetzen, welche Verlockungen dem eigenen Ziel gefährlich werden, welchen Nährwert und welche Energiebilanz welche Gerichte und Getränke haben und welche Nahrungsmittel wirklich gesund sind und dabei ihm oder ihr auch schmecken – Genuss bedeuten.
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Diät-Tipp 8: Bewegung, Bewegung, Bewegung
Um abzunehmen, ist es wichtig, die eigene Energiebilanz nicht nur über die Ernährung, sondern auch über Bewegung zu verbessern. Zusätzlich sollte die Fettverbrennung durch Sport angekurbelt werden. Eine halbe Stunde pro Tag spazieren zu gehen oder im Stehen am Rechner zu arbeiten, ist ein Anfang, steigert den Kalorienverbrauch des Körpers aber nur geringfügig.
Auch Sport sollte daher fester Bestandteil des Alltags werden. Gerade Übergewichtige sollten dabei jedoch gelenkschonend beginnen: etwa mit Nordic Walking oder Radfahren. Entscheidend ist es am Ende, eine Sportart zu finden, die einem auch wirklich Spaß macht, um durchzuhalten.
Diät-Tipp 9: Auf ausreichend Schlaf achten
Ausreichend zu schlafen, ist wichtig, um den Körper beim Abnehmen zu unterstützen. Studien konnten zeigen, dass sich mit steigender Schlafdauer nicht nur die Kalorienaufnahme automatisch deutlich verringert, zu kurzer Schlaf führt zudem zu Heißhungerattacken und verstärkter Fettspeicherung. Empfohlen werden Erwachsenen daher etwa sieben bis neun Stunden Schlaf pro Nacht.
Diät-Tipp 10: Zu häufige Gewichtskontrollen vermeiden
Viele Abnehmwillige steigen täglich auf die Waage. Das Ergebnis bestimmt den Tag – zu Unrecht. Die Ergebnisse können aufgrund von Wassereinlagerungen stark schwanken und die Abweichungen sagen zunächst nichts über den Fettanteil des Körpers aus.
Experten raten, die Waage auch mal Waage sein zu lassen und das Gewicht etwa nur einmal pro Woche oder gar pro Monat zu prüfen. Frauen sollten zusätzlich zyklusbedingte Schwankungen nicht unterschätzen. Lesen Sie auch: Experten über die Abnehmspritze der Stars – Bei wem sie wirkt
Diät-Tipp 11: Eine Umfangmessung durchführen
Gerne wird der Body-Mass-Index (BMI) errechnet, um eine Orientierung über den Stand der Dinge zu bekommen. Dafür wird das Körpergewicht in Kilogramm durch das Quadrat der Körpergröße in Metern geteilt. Zusätzlich spielt das Alter eine Rolle, da sich das Normalgewicht verschiebt, je älter man wird.
Aussagekräftiger mit Blick auf die eigene Gesundheit als Gewicht und BMI ist aber der Körperumfang. Mit Blick auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist laut Studien der sogenannte Waist-to-Height-Ratio (WHtR) entscheidend – die Zahl die sich ergibt, wenn man den Taillenumfang durch die Körpergröße teilt.
Der Wert soll Rückschlüsse auf die Verteilung des Körperfetts zulassen. Zusätzlich gibt es noch den Waist-to-Hip-Ratio (WHR), der das Verhältnis von Hüft- zu Taillenumfang beschreibt. Auch dieser Wert ist laut der Experten eine gute Orientierung beim Abnehmen. Regelmäßig die eigenen Umfänge zu kontrollieren ist also sehr sinnvoll.
Diät-Tipp 12: Eine feste Struktur erarbeiten
Die Woche sollte am besten konkret durchgeplant werden. Dazu zählen zum einen die Mahlzeiten. So weiß man immer, was genau man essen wird – auch wenn zwischendurch der kleine Hunger kommt. Das verhindert ungesunde Impulsentscheidungen. Aber auch Sporteinheiten und Alltagsbewegung sollten feste Zeiten bekommen und konsequent durchgezogen werden. Egal ob Einladung oder Event: Durchziehen und außenrum planen, da man „noch einen Termin“ hat.
Diät-Tipp 13: Das soziale Umfeld einbeziehen
Um Versuchungen von außen zu verringern und auch mal von Familie oder Freunden an die eigene Nase gefasst zu werden, raten die Experten, das Umfeld in die Abnehmpläne einzubinden. Außerdem kann dies den Willen, sich selbst und den anderen zu beweisen, dass man es schafft, steigern. Man wird zum Vorbild und andere schließen sich womöglich an.
Zusätzlich ergibt es Sinn, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Insbesondere wenn bereits mehrere Abnehmversuche langfristig gescheitert sind.
Diät-Tipp 14: Die Evolution bedenken
Das sogenannte limbische System im Gehirn ist sehr mächtig in der Kontrolle unseres Verhaltens – es macht uns quasi zum Gewohnheitstier. Um über Jahre angeeignete ungesunde Gewohnheiten abzulegen, ist es wichtig, sich diesen Mechanismus bewusst zu machen.
Zusätzlich haben wir laut Experten einen eingebauten Kalorienzähler, der uns immer wieder dazu bringen will, wieder auf das Höchstgewicht, dass wir einmal hatten, zurückzukommen. Das mag zu Zeiten der Höhlenmenschen das Überleben gesichert haben, führt heute jedoch zum Jo-Jo-Effekt.