Essen. Sänger Michael Schulte tourt mit seinem neuen Album „Remember Me“. Im Interview verrät er, wie die Männer-WG mit Max Giesinger war.

Vielen dürfte Michael Schulte vor allem noch mit seinem Auftritt beim Eurovision Songcontest im Gedächtnis geblieben sein. Immerhin sicherte er sich 2018 mit dem Song „You Let me Walk Alone“ den vierten Platz. Eine stramme Leistung, wenn man bedenkt, dass alle anderen Deutschen Beitrage seit Lena 2010 eine Bruchlandung hinlegten. Doch Michael Schulte ist viel mehr als nur der ESC. Der Singer-Songwriter aus Schleswig-Holstein kann mittlerweile auf sechs Studioalben zurückblicken, die siebte Platte „Remember Me“ folgt am 29. September. Mit Kirsten Gnoth schwelgte der 33-Jährige in Erinnerungen – auch an die Zeit in einer Männer-WG mit Max Giesinger.

Dein neues Album heißt „Remember Me“. Wie genau möchtest du in Erinnerung bleiben?

Michael Schulte: Ich würde mich natürlich freuen, wenn die Menschen noch ein bisschen meine Musik hören, sollte ich nicht mehr da sein. Bei dem gleichnamigen Song geht es auch eher darum, wie sich mich meine Kinder an mich erinnern.

Inwiefern?

Ich habe meinen eigenen Vater relativ früh verloren. Das ist jetzt bald 20 Jahre her und manche Erinnerungen verblassen natürlich nach einer gewissen Zeit. Ich denke nicht mehr so häufig über ihn nach wie in den ersten Jahren. Und da kam mir in den Sinn wie es bei meinen Kindern sein wird, wenn ich nicht mehr da bin. Hoffentlich sind ihre Erinnerungen genauso positiv wie meine Erinnerungen an meinen eigenen Vater. Ich würde mir wünschen, dass sie sagen können „Wir hatten einen coolen Papa“.

Wie dürfen wir uns dich als Papa vorstellen?

Oh, das müssten eigentlich meine Kinder und meine Frau beantworten. Ich fühle mich mit 33 noch wie ein relativ junger Vater. Und in der Rolle gehe ich total auf. Ich finde aber, dass es wichtig ist nicht nur Papa und Mama zu sein, sondern auch weiter seinen eigenen Interessen und Hobbies zu folgen. Familie ist das Wichtigste, aber ich gehe natürlich trotzdem meiner Musik und meinen Leidenschaften nach, auch wenn das manchmal heißt, dass ich ein paar Tage von Zuhause weg bin. Hier zu Hause bin ich voll Vater – ich kaufe ein, koche und räume sehr gerne die Küche auf. Bin ich für die Musik unterwegs, bin ich ein anderer Mensch. Dann bin ich der Musiker. Ich komme viel rum und erlebe verrückte Sachen.

An die Albumveröffentlichung schließt sich auch eine kleine Tour an. Kommt noch eine größere?

Nächstes Jahr kommt auf jeden Fall eine große Tour. Wir haben uns überlegt, dass es ganz nett in der heutigen Zeit wäre, das Album physisch an den Mann und die Frau zu bringen. Wir machen in der Woche eh viel Promo. Also bin ich vormittags im Radio und TV unterwegs und springe abends noch auf die Bühne.

Nimmst du deine Familie mit auf Tour?

Nur, wenn das Konzert in der Nähe von zu Hause ist. Dann kommen sie rum und schauen beim Soundcheck zu. Das Konzert abends ist aber zu spät für die Kids. Wir haben gemerkt, dass das Touren für alle sehr anstrengend ist. Man ist im Hotel, schläft schlecht und ich habe einen vollen Tag. Ich möchte sie nicht durch dieses stressige Leben ziehen.

Lebte einst in einer eher chaotischen Männer-WG und räumt heute begeistert die Spülmaschine ein.
Lebte einst in einer eher chaotischen Männer-WG und räumt heute begeistert die Spülmaschine ein. © Universal Music | Universal Music

Auf dem Album finden sich einige Kollaborationen. Unter anderem auch mit Max Giesinger. Ihr seid schon länger befreundet und das ist nun eure erste gemeinsame Veröffentlichung. Warum habt ihr so lange gewartet?

Uns hat immer der richtige Zeitpunkt gefehlt. Nachdem wir uns 2011 bei „The Voice of Germany“ kennengelernt haben, hat jeder erstmal sein eigenes Ding gemacht und die Karriere gefestigt. Es lag zu der Zeit auch irgendwie nicht so nahe, etwas Gemeinsames zu machen. Mittlerweile haben wir beide schon einige Jahre was auf dem höchsten Level gemacht und er hatte Lust, was auf Englisch zu singen. Dann haben wir uns im Studio eingeschlossen, zwei bis drei Sachen geschrieben und eine hat uns so gut gefallen, dass sie aufs Album gekommen ist.

Ihr habt auch mal zusammen in einer WG gewohnt, oder?

Ja, fünf Jahre sogar.

Wie war das WG-Leben?

Es war eine sehr klassische Männer-WG. Es hing nichts an den Wänden, es war nicht superordentlich, aber auch nicht superchaotisch. Wie das bei Männern mit Mitte 20 so ist, haben wir auch wenig gekocht und viel bestellt (lacht).

Also ist das Aufräumen der Küche erst in der Ehe zu deiner Leidenschaft geworden?

Ja, genau. Zu diesem Küchenmenschen bin ich dann erst geworden. Es fing damit an, dass ich mich darüber geärgert habe, wie die Spülmaschine eingeräumt war. Man muss es so einsortieren, dass möglich viel reinpasst – das Maximum rausholen. Deshalb mache ich das jetzt (lacht).

Kommen wir von der Küche nochmal zum Album. Das klingt eher wie eine gemischte Tüte mit Sounds aus den 80ern, Elektronischem und auch Balladen. Woher kam der Wunsch zu experimentieren?

So ein richtiger Wunsch war das gar nicht, es ist einfach passiert. Ich gehe ins Studio und schaue mal, worauf ich so Lust habe. Das Album ist ein Prozess von vier Jahren gewesen und vieles hat sich auch über die Zeit entwickelt. Ich will mir keine Grenzen setzten, sondern völlig frei sein. Ich wollte kein Konzeptalbum machen, was von vorne bis hinten durchgeplant ist und wo alles perfekt zusammenpasst. Vieles ist einfach aus einer Laune heraus entstanden.

Worauf hättest du nochmal Lust?

Ich möchte vielleicht nochmal zurück zu den Wurzeln. Ich habe früher sehr viel Folk-Musik gehört und gemacht. Vielleicht gehe ich irgendwann wieder in diese Richtung und mache ein kleines, ruhiges Album.

Du hast es gerade schon gesagt, „Remember Me“ ist über vier Jahre entstanden. Da verändern sich doch sicher die Emotionen zu den Songs, die ganz am Anfang entstanden sind, oder?

Das tatsächlich nicht, auch wenn es eine lange Zeit ist. Aber das liegt vermutlich daran, dass ich mich immer noch in einer ähnlichen Situation befinde. Ich bin immer noch Papa – gut, mittlerweile sind es zwei Kinder – und ich bin immer noch Musiker. Wenn jetzt etwas Drastisches passiert wäre, wie eine Trennung von meiner Frau oder so, wäre das was anderes. Aber das ist zum Glück nicht der Fall.

Eigentlich kommst du aus einer unmusikalischen Familie. Wie bist du zur Musik gekommen?

Ja, so ist es tatsächlich. Ich hatte einfach Lust zu singen und habe irgendwann mit sieben Gitarre spielen gelernt. Dieses Talent schlummerte irgendwie in mir – wo das allerdings herkommt, weiß ich nicht. Durch die Gene wurde es jedenfalls nicht weitergegeben. Das mich das irgendwie an den Punkt bringt, an dem ich gerade bin, hätte ich aber nicht gedacht. Lange Zeit habe ich das auch gar nicht geplant.

Gab es Momente, in denen du gezweifelt hast?

Ganz früher. Ich war sehr schüchtern und konnte mir nicht vorstellen, das jemals als Beruf zu machen. Ich war nicht gerne auf der Bühne und habe deshalb mit YouTube angefangen. Von zu Hause konnte ich alles machen und musste nicht vor Menschen singen. Als ich dann bei „The Voice of Germany“ mitgemacht habe, habe ich mich selbst ins kalte Wasser geworfen. Aber irgendwie habe ich das gebraucht. Es gab aber auch mal eine Tour, die ich wegen zu wenig verkaufter Tickets abbrechen musste. Da habe ich schon gezweifelt, nochmal angefangen zu studieren und eine Influencer-Agentur ins Leben gerufen – damit ich mich nicht nur auf die Musik verlassen muss. Heute kann ich gut von der der Musik leben.

Angefangen hast du mit Covern auf YouTube. Zu der Zeit hat das auch Justin Bieber so gemacht. Ihr habt tatsächlich auch geschrieben, oder?

Wenn mich nicht alles täuscht, war ich 2006 der erste deutsche Musik-YouTuber. Ich habe die Plattform wirklich früh für mich entdeckt. Ich hatte vergleichsweise viele Abonnenten und einen YouTube-Manager aus den USA. Der hatte tatsächlich auch Justin Bieber unter Vertrag und so sind wir ein bisschen in Kontakt gekommen. Wir haben immer mal hin und her geschrieben. Dann hatten wir länger keinen Kontakt. Irgendwann wollte ich mal wieder schreiben, aber da war er mittlerweile schon ein Star und der Zug für mich abgefahren (lacht).

Wenn du an deine Anfänge denkst und sie mit heute vergleichst – gibt es manchmal Momente, in denen du dich kneifen möchtest?

Mittlerweile ist es nicht mehr ganz so eine verrückte Vorstellung wie zu Beginn. Klar ist es irgendwie ein verrücktes Leben. Für mich ist das aber mein normales Leben. Aber dennoch bin ich sehr dankbar, dass ich das machen darf. Auch weil es eben so unwahrscheinlich ist, dass man es als Musiker oder Musikerin wirklich schafft.

Hast du Angst, dass dieses Leben irgendwann zur Routine wird?

Ne. Ich bin sehr hungrig und habe immer Lust weiterzumachen. Ich ruhe mich nicht auf Erfolgen aus, sondern will weitere Erfolge feiern können. Wenn man mein Team fragen würde, würden sie sicher auch sagen, dass ich manchmal etwas nervig sein kann, weil ich immer so on fire bin und oft nachhake, ob alles gut läuft und ob ich noch etwas machen kann. Ich bin generell eher schlecht im Abgeben von Aufgaben und glaub es wäre besser, hier und da einfach noch mehr in mein Team zu vertrauen, denn das sind wirklich tolle Leute, mit denen ich da arbeiten darf.

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