Berlin. Von Storch, Wagenknecht, Spahn, Kühnert – bei „Maybrit Illner“ gings hoch her. Vor allem der CDU-Fraktionsvize Spahn teilte aus.
Natürlich wurde die Besetzung der gestrigen Folge „Maybrit Illner“ bereits mehrere Stunden vor Ausstrahlung heiß diskutiert. „Ob es gut ist, Rechtsextreme mit solchen Auftritten zu normalisieren und so zu tun, als ob sie Teil des demokratischen Diskurses, bleibt die Frage im Raum“, kritisierte ein User auf X, ehemals Twitter.
„Ihre Gästeauswahl macht mich langsam sprachlos”, schrieb sich ein weiterer User sein Unverständnis für die Besetzung von der Seele und der Hamburger Frischwasser-Aktivist Micha Fritz (Viva con Agua) veröffentlichte bei Threads: „Liebes ZDF, man lädt keine Nazis ein.”
Tatsächlich konnte man sich schon vor der Sendung die hitzigen Diskussionen, das wilde Hin-und-Her, die mal mehr, mal weniger stabilen Argumenten bildlich vorstellen. Denn neben Sahra Wagenknecht (BSW) und Beatrix von Storch (AfD) diskutierten auch Kevin Kühnert (SPD), Jens Spahn (CDU) sowie die stellvertretende Spiegel-Chefredakteurin Melanie Amann über das Thema „Deutschland in der Krise – Sehnsucht nach einfachen Antworten?”.
Doch obwohl der Abend als erstes Aufeinandertreffen der „Spitzen von AfD und BSW“ angekündigt worden war, stritten vor allem die beiden männlichen Gäste miteinander. Von Storch saß süffisant lächelnd daneben. Lesen Sie dazu auch: AfD-Chef bei „Markus Lanz“ – Versagen auf ganzer Linie
Spahn: „Gemeinsam haben Sie, dass Sie uns an Putin verkaufen wollen”
Für Spahn war ganz klar, dass die Ampel für die guten Ergebnisse von AfD und BSW verantwortlich ist. Nur weil in Berlin so schlecht regiert werde, würden Wagenknecht und von Storch überhaupt bei „Maybrit Illner“ sitzen und „die Früchte des Zorns, die die Ampel sät und nährt”, ernten, konstatierte der CDU-Politiker.
Die AfD wolle mit Deutschland raus aus der Europäischen Union, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) raus aus der Nato. „Gemeinsam haben Sie, dass Sie uns an Putin verkaufen wollen”, attackierte er auch die beiden Frauen.
Auch Kevin Kühnert fand wenig lobende Worte für die AfD. 27 Prozent der Menschen in Deutschland hätten aktuell einen Migrationshintergrund. Durch die von der AfD forcierte Politik würden sie in „ihrer Gleichheit und in ihren Rechten“ angegriffen werden. Erstaunt zeigte sich der SPDler darüber, wie stolz viele AfD-Mitglieder betonten, dass die geforderten millionenfachen Abschiebungen kein Geheimplan sind.
Sogar ihr „Chefideologe“ Björn Höcke habe öffentlich erklärt, dass Deutschland „ohne Probleme mit 20, 30 Prozent weniger Menschen (...) leben könne“. „Ist bestimmt nur ein Zufall, dass wir 27 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund haben“, mutmaßte Kühnert.
Auch Spahn hakte an dieser Stelle bei von Storch nach: Was Höcke schreibe und von sich gebe, sei „völkisches Denken“ in der Tradition des Nationalsozialismus. „Teilen Sie das?“, wollte er von der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der AfD im Bundestag wissen. Eine klare Antwort blieb von Storch schuldig. Dies seien „einzelne Äußerungen, Personen und Versuche, etwas zu dramatisieren“, betonte sie. Im AfD-Parteiprogramm finde man davon nichts.
„Maybrit Illner“: Spahn bekommt Kritik serviert
Obwohl Moderatorin Illner zu Beginn zahlreiche Krisen aufgezählt hatte, die die Bevölkerung derzeit verunsichern und die Sehnsucht nach einfachen Antworten verstärken, hängt sich die Runde erneut am Thema der Migration auf. „Man kriegt Populisten doch nicht klein, wenn man selber anfängt, den Menschen für komplexe Problem einfache Lösungen zu präsentieren“, kritisierte Kühner nach einem eingespielten Zitat von Spahn, in dem dieser sich dafür ausgesprochen hatte, irreguläre Migrationsbewegungen gegebenenfalls „mit physischer Gewalt“ aufzuhalten.
Kritik, die Spahn nicht nachvollziehen konnte. Es sei „das normalste der Welt, dass Staaten oder Staatengemeinschaften in der Lage sind, ihre Grenzen zu kontrollieren“, argumentierte er. „Wenn Sie am Flughafen durch die Passkontrolle rennen, werden Sie hoffentlich auch aufgehalten.“
Ein Vergleich, der „Spiegel“-Journalistin Melanie Amann gar nicht gefiel. Die Flucht über grüne Grenzen sei keinesfalls mit einer Kontrolle am Flughafen zu vergleichen, meinte die Journalistin. „Es ist blanker Populismus zu sagen, man kann die Leute doch einfach zurückweisen. Wenn das ginge, dann hätte das Angela Merkel doch schon 2015 gemacht“, kritisierte sie.
Mit Blick auf die AfD warf Kevin Kühnert kurz vor Ende noch einen interessanten Gedanken in die Runde. „Wir haben seit fast acht Jahrzehnten Frieden, weil wir kooperieren“, erklärte der Generalsekretär der SPD. Doch die AfD sei sogar unter den rechten Parteien Europas isoliert. Zwar solle der Eindruck erweckt werden, „es müsse nur mal jemand laut genug auf den Tisch hauen, dann würden
sich die Dinge schon ruckeln“. Doch diese Idee scheitere an der Komplexität der globalen Welt. „Damit lösen wir keine Probleme“, schloss Kühnert.