Oberhausen. Die Ludwiggalerie zeigt mit ihrer Schau zum Fantasy-Meister Walter Moers eindrucksvoll, was sie als Dauer-Museum für Comic-Kunst leisten könnte.

Einen wie Walter Moers gibt es kein zweites Mal in der deutschen Literatur. Oder kennen Sie jemanden, dessen künstlerische Bandbreite kürzeste Gurkennasencomics mit Pointen unterhalb der Gürtellinie umfasst, aber eben auch epische Erzählungen auf einem eigens ersonnenen Fantasy-Kontinent? Vom „Kleinen Arschloch“ zum großen, zamonischen Dichterfürsten Hildegunst von Mythenmetz. Nicht von ungefähr widmet die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen ihm deshalb nach 2011 schon die zweite Ausstellung. „Was gibt’s denn da zu lachen? Die komische Kunst des Walter Moers“ richtet den Fokus ein wenig stärker auf den Humor, der das Werk des großen deutschen Fabulierers durchzieht.

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Dass Fabulieren bei Walter Moers einfach zum Geschäft gehört, hat auch Christine Vogt, Direktorin der Ludwiggalerie, verinnerlicht. Als sie etwa die prachtvollen Zeichnungen aus dem Roman „Die Insel der 1000 Leuchttürme“ präsentiert, weist sie nicht nur darauf hin, dass die meisten der Bilder an den Rändern ungewöhnlich gewellt sind. Nein, sie liefert auch noch eine Erklärung dafür. Denn diesmal habe nicht Walter Moers gezeichnet, sondern Hildegunst von Mythenmetz höchstselbst – und er hätte sie nach seinen Abenteuern natürlich noch dabeigehabt. Sie waren „in seinem Seesack, sind auf dem Schiff untergegangen, ins Wasser gefallen. Wie sollen sie die Zeichnungen also aussehen? Genau so eben – und so präsentieren wir sie auch“, erklärt Vogt, nicht ohne zu grinsen.   

Ausstellung - Walter Moers
Zamonische Charaktere: Hachmed ben Kibitzer (r.) und einige Buchlinge. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Man merkt: Christine Vogt könnte noch viele solcher Mythen metzen. Selten merkt man einer Kuratorin an, wie tief sie in ihrer Materie steckt. Und das ist ein Glücksfall, denn nicht umsonst hat Walter Moers angekündigt, seinen „Vorlass“ der Ludwiggalerie Oberhausen zu überlassen, falls diese es schafft, ein festes Museum, kurz „Moerseum“, dort zu errichten. Vogt hat schon Pläne geschmiedet, die darüber hinaus gehen, für ein europäisches Zentrum, das sich der „sequentiellen Bilderzählung“ – kurz Comic und Graphic Novel – widmet. Was Einzige, das noch fehlt: das Geld. Vogt: „Wenn Sie jemanden kennen, der uns 20 Millionen gibt, setzen wir das ab morgen in die Tat um.“ Wolfgang Ferchl, der Lektor von Walter Moers ergänzt, dass solche kühnen Pläne perfekt zum Leben von Wolfgang Moers passen, der begleitet wurde vom Satz: „Du hast keine Chance, also nutze sie.“

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Immerhin wurden die Romane von Walter Moers mehr als 1,5 Millionen Mal verkauft und in zig Sprachen übersetzt. Ferchl: „Walter Moers ist ein Autor für Kindsköpfe, egal welchen Alters.“

Man erfährt auch, dass der Kontinent Zamonien eigentlich aus einer Trotzreaktion heraus entstanden ist: Walter Moers ärgerte sich ein wenig über die familienfreundlich glattgebügelte Figur, die der WDR mit seiner Kinderserie aus dem eigentlich anarchischen Käpt’n Blaubär gemacht hatte. Aus Ärger darüber wollte er seinen eigenen Roman schreiben – und schickte Blaubär auf seine fantastische Reise. Wäre das nicht gewesen, wäre ein ganzer literarischer Kontinent unerschlossen geblieben. Ferchl: „Wir verdanken Zamonien dem WDR“.

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Ausstellung - Walter Moers
Kontroverse Moers-Schöpfung: „Adolf – die Nazi-Sau“. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Natürlich blendet die Schau nicht aus, dass Walter Moers schon zuvor mit dem „Kleinen Arschloch“ eine echte Humorgröße gewesen ist, dass der mit „Adolf – die Nazi-Sau“ einen Charakter geschaffen hatte, bei dem einem oft das Lachen im Halse steckenblieb. Auch zeigen mehrere Räume die kongenial vom Puppenbauer Carsten Sommer gebauten Figuren zu Blaubär, Arschloch und Zamonien.

Vor allem kann man aber staunen, was für ein nuancierter Zeichner Moers ist, dessen Vorbilder etwa Gustave Doré und Edward Gorey mit ihren fein schraffierten, düsteren Illustrationen sind. Moers hat seinen eigenen Kosmos erschaffen, der literarische und künstlerische Gattungen parodiert – und doch ganz eigenständige, humorvolle Geschichten erzählt. Und dafür gehört er eben nicht nur ins Museum, sondern ebenso auf den Nachttisch.

„Was gibt’s denn da zu lachen? Die komische Kunst des Walter Moers“ 22. 9. 2024 bis 19. 1. 2024 Ludwiggalerie Schloss Oberhausen (Konrad-Adenauer-Allee 46, Oberhausen) di-so 11-18 Uhr. Eintritt 8 €, erm. 4 €. Öffentliche Führungen so. und feiertags 11.30 Uhr. Katalog: Kerber Verlag, 256 Seiten, 43 €.