Essen. „Ezra – Eine Familiengeschichte“ erzählt von Autismus, Vätern, Söhnen und einigem mehr. Weshalb das alles etwas viel des Guten ist.

Max ist ein mäßig erfolgreicher Stand-up-Comedian. Er träumt von einem Auftritt bei Kult-Moderator Jimmy Kimmel, aber sein Lebensinhalt ist Sohn Ezra, der ihn immer begleitet. Der Junge ist 11 und leidet an einer autistischen Störung. Max wünscht sich für ihn ein normales Leben. Als Ezra im Unterricht ausrastet, droht der Wechsel auf eine Förderschule, außerdem soll das Kind starke Medikamente nehmen. Sein Vater will das nicht. Er packt Ezra ins Auto und ergreift die Flucht.

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Der Beginn eines US-Roadmovies, das von Michigan über Nebraska bis nach Los Angeles führt und bei dem Robert De Niro wieder mal in die Rolle eines rustikalen Rentners mit Herz und Familiensinn schlüpfen darf. Er spielt Großvater Stan, der mit Ezras Mutter Jenna die Verfolgung aufnimmt. Bald ist Vater und Sohn auch das FBI auf den Fersen.

„Ezra – Eine Familiengeschichte“ im Kino: Debüt für William A. Fitzgerald

Regie führt Tony Goldwyn, der mit „Ezra – eine Familiengeschichte“ an mehreren Unterhaltungs-Fronten kämpft. Dies ist ein Vater-Sohn-Drama, das drei Generationen umspannt und von Fehlern, aber auch von Zusammenhalt berichtet. Es ist eine Komödie über eine schräge Sippe, die wunderbar streiten kann. Aber es ist auch eine ernste Erzählung über Autismus. Wie man im Programmheft liest, haben mehrere Crew-Mitglieder Erfahrungen. Drehbuchautor Tony Spiridakis ist Vater eines autistischen Sohnes, ebenso wie Robert De Niro und Produzent William Horberg. Und auch William A. Fitzgerald, der seine erste Rolle als Ezra mit der süßen Brille und den Wuschelhaaren mit Bravour meistert, leidet unter einer Autismus-Spektrum-Störung.

Ezra
Bobby Cannavale (Max) und William A. Fitzgerald (Ezra) reisen in „Ezra – Eine Familiengeschichte“ durch die USA. © Cara Howe | Cara Howe

Und diese Betroffenheit merkt man dem Film an. Autismus ist hier kein Kunstgriff a la „Rain Man“, er kommt als selbstverständlicher Lebensbegleiter daher, der Ezras Familie und Umgebung ständig vor Herausforderungen stellt. Der Junge mag keine anderen Menschen umarmen, eigentlich will er gar nicht berührt werden. Er spricht am liebsten in Filmzitaten, Bananen kann er nicht ausstehen. Und bei Metallbesteck fängt er an zu brüllen, weil er Angst hat vor Schmerzen an den Zähnen. Erst als er unterwegs das Mädchen Ruby kennenlernt, traut er sich und stellt fest, dass das nicht gilt, wenn sich auf dem Löffel Eiscreme befindet.

„Ezra – Eine Familiengeschichte“ mit Whoopi Goldberg und Bobby Cannavale

Goldwyn hat eine Reihe Stars dazugeholt, allen voran Bobby Cannavale („The Irishman“, „MaXXXine“), der als Vater seine empfindsame Seite zeigen kann. Dieser Mann braucht seinen Sohn mehr als umgekehrt, und wenn er auf dem Bett sitzt und heult, weil er nicht weiter weiß, möchte man ihm beruhigend auf die Schulter klopfen. Rose Byrne überzeugt als gutherzige Helikopter-Mutter Jenna und die unerschütterliche Whoopi Goldberg als Max‘ Managerin Jane. Jimmy Kimmel darf sich selbst spielen. Sogar der Regisseur (selbst auch Schauspieler) ist zu sehen – als Jennas neuer, etwas freudloser Lebenspartner. Und De Niro ist nun mal bei fast allem, was er macht, eine Schau; hier als schroffer „Opapa“ Stan mit Problemen bei der Vergangenheitsbewältigung und ganz eigenen Theorien zum Zustand seines Enkels: „Schick ihn in die Mucki-Bude, da kann er sich austoben.“

Ein Film also, der hervorragend besetzt ist, mitunter richtig ans Herz geht, aber nicht wirklich weiß, worauf er sich konzentrieren soll. Am Ende bleibt die Klammer die Familie, die man unterm Strich so nehmen muss, wie sie ist. Aber davon haben andere schon eindrucksvoller und vor allem dichter erzählt.