Dortmund. „Djelem Djelem“ ist ein Festival gegen Vorurteile, das größte seiner Art in Deutschland. Was es neben Konzerten noch alles bietet.
Konzerte, Filme, Kunst, Lesungen, Begegnungen: Mit einer bewährten Mischung geht das elfte „Djelem Djelem“- Festival im September in Dortmund an den Start. Kulturdezernent Jörg Stüdemann sprach gestern im Dietrich-Keuning-Haus nicht ohne Stolz vom „größten Festival seiner Art in Deutschland“. Seine Kollegin Roxanna-Lorraine Witt legte nach: Vermutlich sei es sogar das größte in Europa.
Aber Superlative stehen ja nicht im Vordergrund beim Kulturfestival der Roma und Sinti, das vom 6. bis 22. September an vielen Orten in Dortmund über die Bühne geht. Als Veranstalter sind neben der Stadt und dem Verein Romano Than auch in diesem Jahr eine Reihe Kooperationspartner mit dabei.
Das Festival „Djelem Djelem“ ruft zum gegenseitigen Kennenlernen auf
Gemeinsam treten sie an, um miteinander zu feiern, aber auch um zum gegenseitigen Kennenlernen aufzurufen, wie Stüdemann betonte. Ein Festival gegen Ressentiments und Vorurteile, wie sie Neu-Dortmundern aus Südosteuropa immer wieder begegneten. Einen Schwerpunkt werden in diesem Jahr die Belange der Kinder und Jugendlichen sein.
Was bewegt junge Roma und Sinti? Was sind ihre Perspektiven und Träume? Wovor fürchten sie sich? Die 16-jährige Ana-Maria Preduca, Jugendvertretung beim Verein Romano Than, berichtete gestern von dem Tag, an dem der Begriff der „Remigration“ aufkam: „Da habe ich gedacht: Wer wäre dann aus meiner Klasse überhaupt noch hier?“ Sie habe plötzlich große Angst bekommen „wie meine Vorfahren deportiert zu werden.“
Jetzt sitzt die Schülerin mit auf dem Podium, wenn am Dienstag, 17. September, 13 bis 17 Uhr, im Dietrich-Keuning-Haus über Menschen- und Minderheitenrechte diskutiert wird. Es geht um die politische Teilhabe jugendlicher Sinti und Roma – eingeladen ist etwa der Bundesbeauftragte gegen Antiziganismus Mehmet Daimagüler. Weitere Gäste aus der Politik werden erwartet.
„Djelem Djelem“: Ein Höhepunkt sind die Konzerte auf dem Friedensplatz
Doch zunächst einmal kommt Besuch aus dem rumänischen Sibiu: 55 junge Leute reisen an, um am Samstag, 7. September, 15 Uhr, ein großes Konzert auf dem Friedensplatz spielen: ein Auftritt des Internationalen Roma Jugend-Orchesters des Elijah e.V. zum Festival-Auftakt.
Abgelöst werden sie von etablierteren Künstlerinnen und Künstlern wie dem Hugo Richter Quartett, June Heilig & Ensemble und der Nürnberger Sinti Hauskapelle. Sie gestalten die erste „Mari Gilia – Musiknacht der Sinti-Kultur“, die um 17 Uhr beginnt. Wer danach immer noch nicht genug gefeiert hat, freut sich auf das traditionelle Familienfest auf dem Nordmarkt (14. September).
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Rund 25 Veranstaltungen sind im Angebot, die meisten sind kostenlos. Treffpunkt ist unter anderem auch das Kino Schauburg – hier präsentiert die rumänische Aktivistin und Regisseurin Estera Sara Stan ihren Film „Denkmal“, der sich um die Bedeutung der kollektiven Erinnerung dreht (13. September, 14 Uhr). Am 20. September, 17 Uhr, stellt Regisseur Sejad Ademaj seinen preisgekrönten Kurzfilm „15 Minuten“ vor. Er erzählt von der jungen Romni Jasmina, deren Leben an einem normalen Abend durch die Polizei völlig auf den Kopf gestellt wird.
„Djelem Djelem“ zeigt auch eine Ausstellung zur Geschichte der Sinti und Roma
Aber es gibt noch so viel mehr: Eine Ausstellung zur Geschichte der Sinti und Roma im Rathaus. Eine Fotoschau des Washingtoner Fotografen Chad Evans Wyatt in der evangelischen Stadtkirche St. Petri; er hat Roma und Sinti aus der ganzen Welt porträtiert. Oder Lesungen, die Einblick in heutige Lebenswelten geben: Am Sonntag, 8. September, 15 Uhr, tragen die beiden Autorinnen Brenda Adzovic und Janine-Christine Rutkowski in der Nähmanufaktur „Amen Juvjla Mundial“ Auszüge aus ihrem Buch „Aus der Asche empor: Arbeit, Ausbeutung und Selbstermächtigung“ vor. Hier geht es um Frauen, die sich über Generationen durch ihre Arbeit emanzipiert haben. Geschichten von Herausforderungen, aber auch von Erfolgen.