Neu im Kino: Die Rückkehr von Luc Besson, die Komödie „Fearless Flyers - Fliegen für Anfänger“ und ein seelenloses Biopic über Caravaggio.

„DogMan“

In einer Fabrik am Rande der Stadt hat ein Blutbad stattgefunden. Bei einer Verkehrskontrolle hält die Polizei einen Lkw an. Der Fahrer führt im Laderaum Dutzende Hunde mit. Später wird Douglas Munrow einer ersten Befragung durch die Psychiaterin Evelyn (Jojo T. Gibbs) unterzogen. Der Mann, der sich schminkt und Frauenkleider trägt, hat seit Kindertagen eine starke Zuneigung zu Hunden, die von diesen abgöttisch erwidert wird. Wegen einer Kugel im Rücken ist Douglas auf Körperstützen angewiesen.

In Gesprächen erzählt er Evelyn seine Geschichte, und dann auch, was in der Fabrik geschah.

Luc Besson meldet sich als Regisseur zurück und zeigt nach dem sündhaft teuren Science-Fiction-Flop „Valerian“ und dem von der Kritik zerrissenen Lady-Actioner „Anna“ starke Formsteigerung.

Der Franzose hatte in rund 40 Karrierejahren stets dann seine besten Momente, wenn er Motive der franko-belgischen Comic-Kultur der 60er und 70er Jahre in stylishen Bewegtbild-Chic („Das fünfte Element“) übersetzte und exaltierte Charakterskizzen („Subway“) mit harter Action („Nikita“) und einer seltsam anrührenden Melodramatik („Leon – Der Profi“) ummantelte.

Auch interessant

„DogMan“ hat von allem mehr als genug, wenn der bizarre Hauptdarsteller Caleb Landry Jones („The Outpost“) zwischen Piaf-Travestie und Kinski-Animalismus die Lebensgeschichte eines Jungen entfaltet, dem mit Menschen wenig Glück beschieden war, bei Hunden hingegen gottgleiche Macht erlang.

Bessons Weggefährte Eric Serra steuert melodische Melancholie bei, während die Kamera von Colin Wandersman die typische Besson-Ästhetik mit viel Gegenlicht und bedrängenden Nahaufnahmen undurchdringlicher Gesichtslandschaften beschwört.

Actionfreunde müssen lange ausharren, bevor auf der Zielgeraden Gangster von einer Armee Vierbeiner zerfleischt werden. Stärker aber klingen Munrows einsame Momente nach und eine unvergessliche Imitation von Edith Piafs „La Foule“. Besson hat die Kultur seines Landes in allen Facetten parat. (ues)

„Fearless Flyers - Fliegen für Anfänger“: Die Passagiere gehen an Bord.
„Fearless Flyers - Fliegen für Anfänger“: Die Passagiere gehen an Bord. © Netop Films | Netop Films

„Fearless Flyers - Fliegen für Anfänger“

Wenn Gott gewollt hätte, dass der Mensch fliegen kann, hätte er ihm Flügel gegeben. Gott aber ging weiter und schenkte dem Menschen ein Gehirn zum Denken, und so erfand der Mensch – das Flugzeug. Leider brachte er auch allerlei zivilisationsbedingte Neurosen hervor, darunter die Flugangst. Um besonders drastische Auswüchse geht es in dieser Komödie aus Island, wenn ein Flug von London nach Reykjavik und dann vor Ort zum Abenteuerurlaub avanciert.

Regisseur Hafsteinn Gunnar Sigurðsson („Under The Tree“) setzt ganz auf schwarzen Humor und seinen granteligen Star Timothy Spall. Lydia Leonard und Ella Rumpf decken die Flanken dekorativ ab, aber so richtig kann das mit Turbulenzen reich gesegnete Geschehen die eklatanten Defizite in Tempo und Timing nicht kompensieren. Und die deutsche Synchronfassung ist wirklich nur Furchtlosen anzuvertrauen. (ues)

„Der Schatten von Caravaggio“: Riccardo Scamarcio als Michelangelo Merisi alias Caravaggio
„Der Schatten von Caravaggio“: Riccardo Scamarcio als Michelangelo Merisi alias Caravaggio © Wild Bunch | Wild Bunch

„Der Schatten von Caravaggio“

Er war ein begnadeter Künstler, aber auch ein rauf- und trinkfreudiger Lebemann: Michelangelo Merisi, bekannt als Caravaggio. Schon in jungen Jahren malte er für Fürsten und Kardinäle, geriet aber wegen des Vorwurfs der Blasphemie ständig ins Visier der Obrigkeit: Prostituierte und Bettler standen ihm für biblische Figuren Modell. Aber wie war der Mensch hinter dem Künstler? Der italienische Filmemacher Michele Placido hat sich jetzt an einer Biografie versucht.

Es beginnt 1609, als Caravaggio aus Rom nach Neapel flieht. Er ist des Mordes angeklagt, hofft auf eine Begnadigung durch den Papst. Doch Paul V. zweifelt und schickt einen Geheimagenten los. „Der Schatten“ (Louis Garrel) soll das Leben des Enfant Terribles auskundschaften.

Wild geht es zu, im Rom des 17. Jahrhunderts. Placido feiert die üppige Fleischlichkeit in Gassen und Wirtsstuben, geht bei Gewaltszenen ruppig zur Sache. Wobei das meiste im Halbdunkel spielt; beim Versuch, das Wesen der Caravaggio-Bilder auf die Leinwand zu übertragen, setzt die Kamera (Michele D’Attanasio) ganz auf Licht-Schatten-Kontraste und Bildausschnitte, so dass man oft raten muss, wer es hier gerade mit wem zu tun hat. Die Zeitsprünge machen es nicht besser – und auch nicht Riccardo Scamarcio als blasser, konturloser Titelheld. Einzig Isabelle Huppert als Kunstmäzenin sorgt für Esprit.

Und so ist man am Ende so schlau wie vorher. Die Kunst des Caravaggio zeigt der Film – seine Seele aber bleibt verborgen. Beeindruckend ist hier nur der Aufwand. (kui)