Essen. Jan Peter Bremer kehrt im Roman „Nachhausekommen“ zu seinen Wurzeln zurück. Warum seine Jugend in einer Künstlerkolonie nicht leicht war.
„Guck mal da, der Struwwelpeter mit seinem hässlichen Hund“, brüllen sich die Touris in Berlin schon mal zu. Und zugegeben: Ein bisschen aus der Zeit gefallen sieht Jan Peter Bremer ja auch aus mit seinem flusigen 70er-Jahre-Afro. Moden zu bedienen, liegt diesem Mann fern. Als die Feuilletons ihn nach seinem Roman „Der amerikanische Investor“ (2011) abfeierten, weil er einen erfolglosen Schriftsteller gegen Turbokapitalismus und Gentrifizierung im Kiez ankämpfen ließ, war ihm das fast ein wenig peinlich und er entschuldigte sich: „Ich hatte nicht vor, etwas zu schreiben, das den Zeitgeist trifft. Das ergab sich.“
Der folgende Roman „Der junge Doktorand“ (2019) ging in eine ähnliche Richtung. Sehr lustig führt er darin die Selbstinszenierung des Künstlerlebens ad absurdum und trifft den Nerv einer narzisstischen Egogesellschaft, in der jeder gerne ein Künstler sein will.
Die Eltern sind Atomkraftgegner und schlafen bis in die Puppen
Schon in diesem Buch verarbeitete der 1965 in Berlin geborene und als Sohn des Malers Uwe Bremer bei Lüchow-Danneberg im Zonenrandgebiet aufgewachsene Jan Peter Bremer seine Herkunft. In seinem neuen Roman „Nachhausekommen“ erzählt er von seiner Kindheit in der Künstlerkolonie.
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Zwischen all den Bauern und Arbeitern auf dem Land bleiben die Eltern des kindlichen Ich-Erzählers, die in einem kleinen Schlösschen wohnen, Exoten. Sie sind gegen Atomkraft, schlafen bis in die Puppen und sehen ja auch schon so aus wie die RAF-Terroristen auf den Fahndungsplakaten. Und am Wochenende kommen dann auch noch andere Künstler aus Berlin zu Besuch, baden im See und feiern bis tief in die Nacht.
Gar nicht so komisch wie die letzten Bücher
Der Sohn wird in der Schule gehänselt. An der Bushaltestelle muss er im Regen stehen, weil die anderen ihn nicht unters Dach lassen. Und wenn sich mal ein Klassenkamerad zu ihm nach Hause verläuft, schämt er sich für die anzüglichen Details auf den Grafiken des Vaters, die überall im Haus herumhängen Nachrichten werden bei ihm zu Hause nur im Ersten geschaut, die im Zweiten sind „eine Verlängerung der Springerpresse“. Gewählt wird Willy Brandt, der bei den Eltern der Mitschüler als „Schweinehund und Verräter“ gilt.
Dies ist keine Abrechnung mit den Eltern – indem Bremer die Perspektive des Sechs- bis Zwölfjährigen durchhält, ohne zu psychologisieren, verklärt er ebenso wenig, wie er Kritik übt.
Gar nicht so komisch wie die letzten Bücher liest sich das. Aber so wie er als Kind früher im Schreiben Halt gefunden hat, half es ihm als Erwachsenem erneut, Freiheit zu erringen. Auf ein Genre festlegen lässt Jan Peter Bremer sich nicht.