Essen-Kettwig. Eine geballte Ladung Spannung offerierte der Neustart der Essener „Krimi-Couch“: Zum Talk mit Steffen Hunder kamen ein Herr und fünf Damen.

Neustart der „Krimi-Couch“ nach einer einjährigen Pause: Gastgeber Steffen Hunder ist baff. Der Pfarrer in Rente frohlockt: „Wir machen das seit 18 Jahren. Doch so eine große Krimi-Veranstaltung hatten wir noch nie.“

Und noch nie so viele Mörder. Im Orient Express waren es schon rekordverdächtige zwölf Täter. Doch hier und heute, bei der 67. „Krimi-Couch“ im großen Saal des Alten Bahnhofs Kettwig, wird das noch getoppt. Sage und schreibe 14 Krimiautorinnen haben in Cornwall, in der klaustrophobischen Gewitteratmosphäre eines abgelegenen Hotels eine der ihren gemordet. Und das nur, weil sie ihrerseits die beliebte Hauptfigur der „Inspector Grey“-TV Serie meucheln wollte?

Menschen wohnen heimlich in fremden Häusern

Und welche dunklen Geheimnisse hat die dreiköpfige Familie voreinander, deren Mitglieder gerade von einem Eindringling dabei beobachtet werden, wie sich friedlich schlummern? Dafür ist an diesem Abend Linus Geschke zuständig. Die Bücher des Kölner Journalisten pirschen sich auf samtenen Pfoten an ihre Opfer heran.

Wer sich nach dem Abend gleich in die Krimi-Lektüre vertiefen wollte: Ein Büchertisch stand bereit.
Wer sich nach dem Abend gleich in die Krimi-Lektüre vertiefen wollte: Ein Büchertisch stand bereit. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Geschke liest vor aus seinem aktuellen Werk „Die Verborgenen“ – und lässt die Zuhörer zusammenzucken. Auch Moderator Steffen Hunder muss unumwunden zugeben: „Ich habe selten ein Buch verschlungen wie dieses.“ Erst dachte er: „Das gibt’s doch gar nicht.“ Doch wenn es nun daheim irgendwo verdächtig knacke, denke er bange: „Da lebt einer bei uns im Keller.“

Denn darum geht es Linus Geschke. Das Phänomen der „Phrogger“ sei in den USA und in Asien weiter verbreitet, als man sich vorstellen könne: „Das sind Menschen, die heimlich in fremden Häusern wohnen.“

Linus Geschke (l.) und Pfarrer und Moderator Steffen Hunder im Gespräch über unheimliche Fremde im eigenen Haus.
Linus Geschke (l.) und Pfarrer und Moderator Steffen Hunder im Gespräch über unheimliche Fremde im eigenen Haus. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Bei Popstar Rihanna habe einer im Poolhaus gewohnt, bei Sänger George Michael habe sich einer dieser Stalker unter den Dielen versteckt: „Das Merkwürdige ist, dass es offenbar lange nicht auffällt.“

Dass seine Bücher wenig Blutrünstiges haben, erklärt Geschke so: „Wenn man Krimis schreibt, schreibt man für Frauen. Fragen Sie mal Ihren Buchhändler.“ Ein Blick in den mit immerhin 110 Gästen gefüllten Saal hätte es auch getan.

Geschke liest und lässt das Publikum unmerklich in den Bann des Phroggers gleiten, der sich ins Haus und in die Geheimnisse seiner Bewohner schleicht: „Jeder Mensch hat doch ein, zwei Dinge, die niemand wissen soll. Doch was geschieht mit Menschen, denen droht, dass ihre dunklen Geheimnisse enthüllt werden? Wenn die heile Fassade bröckelt? Die Dinge, die Menschen nicht tun, verraten mehr als die Taten.“

14 Autorinnen schreiben in 14 Kapiteln aus 14 Perspektiven

Nach einer ausgiebigen Pause hält Hunder den aktuell im Kettwiger Verlag Hummelshain erschienenen Krimi „Jetzt schlägt’s 14!“ in Händen und macht keinen Hehl aus seiner Begeisterung: „Ein faszinierendes Projekt.“

2025 feiert das Format 20-Jähriges

Die 68. „Krimi-Couch“ findet am Freitag, 3. November, ab 19.30 Uhr im Alten Bahnhof Kettwig, Ruhrtalstraße 345, statt. Karten gibt’s auf www.reservix.de, bei den Kettwiger Buchhandlungen Decker und Folgner sowie im Bahnhof.

Der Cosy-Crime-Roman „Jetzt schlägt’s 14! Die Krimiautorin, die ihren Helden sterben lassen will und dabei selbst umkommt“ von M.S. Walther (Hummelshain Verlag) kostet 14,80 Euro. Gut möglich übrigens, dass es zum 20-jährigen Bestehen der „Krimi-Couch“ im Jahr 2025 einen weiteren Roman der „Mörderischen Schwestern“ geben wird.

Der Thriller von Linus Geschke „Die Verborgenen. Sie leben in deinem Haus, und du weißt es nicht“ kostet 17 Euro und ist im Verlag Piper erschienen.

Schon der Autorinnenname „M.S. Walther“ verrät viel über die Denke der 14 Komplizinnen. Das „Walther“ huldigt der „Polizeipistole Kriminal“ und M.S. steht selbstredend für „Mörderische Schwestern“.

Eine sehr weibliche und höchst tödliche Vereinigung, deren gemeinsames Ziel die Förderung von Frauen geschriebener, deutschsprachiger Kriminalliteratur ist. Dabei müssen es gar nicht Autorinnen sein, die dem Bund beitreten, sagt Schwester Anja Puhane: „Wir nehmen auch Auftragsmörderinnen oder Bestatterinnen.“

14 Autorinnen schreiben in 14 Kapiteln aus 14 Perspektiven. Entstanden aus einem „Writer’s Room“ bei einem Krimiwochenende in der Eifel. Fünf von ihnen präsentieren in Kettwig eine szenische Lesung, mit unbändiger Freude am Chargieren.

In diesem Rätsel-Krimi gibt es viele Verdächtige

So liefern sich Anke Völkel als schlichte Dorfpolizistin und Jutta Büsscher als ungemein gut aussehender Fernsehschauspieler ein amüsantes „Katz und Hund“-Spiel. Wie kann dieser Schnösel es nur wagen, sich in die Ermittlungen einzumischen?

Und warum schleicht der von Funke-Redakteurin Petra Treiber ins Leben gerufene Klatschblatt-Reporter überall rum und macht Fotos? Und wie hat die von Anja Puhane gegebene Lektorin das gemeint mit ihrer Bemerkung „Ich habe mich um die Sache gekümmert“?

Das bunte Treiben kann Manu Wirtz nur ein müdes Lächeln entlocken. Sie ist ja tot. Also zumindest „ihre“ Kriminalautorin. Doch wer hat sie ermordet?

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