Essen. Auch in NRWs Wäldern erfährt die Suche nach Pilzen einen Boom. Doch aktuelle Vergiftungsfälle zeigen, dass es einiges zu beachten gibt.
- Pilze sammeln liegt im Trend. Immer mehr Menschen in NRW gehen selber in den Wald.
- Das Sammeln braucht einiges an Expertise. Aktuelle Vergiftungsfälle zeigen die Gefahren auf.
- Was Pilzsammler wissen müssen: Wir haben eine Pilz-Expertin gefragt.
Pilzsammeln in NRW: Immer mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen sieht es in die Wälder, um selber nach den beliebten Waldgewächsen zu suchen. Aber wie kann man sicher die verschiedenen Arten bestimmen? Wie kann man Speisepilzen wie den Pfifferling vom lebensgefährlichen „Grünen Knollenblätterpilz“ unterscheiden.
Aktuelle Fälle von Pilzvergiftungen verdeutlichen, dass es nicht so einfach ist. Und Pilzbestimmungs-Apps vermitteln nur eine trügerische Sicherheit. Eine Expertin erklärt, worauf zu achten ist – und wo Sammler Speisepilze finden können.
Auch in NRW im Trend: Pilze sammeln
Stefanie Isbaner ist Pilzsachverständige oder „geprüfte Pilzkennerin“, wie sie sagt. Laut der Deutschen Gesellschaft für Mykologie kann Isbaner offiziell Pilze bestimmen und einschätzen, ob sie essbar sind. Für ihr Zertifikat muss sie die Arten kennen und Wissen in Toxikologie und Ökologie nachweisen.
Aufmerksam machen möchte sie auf die Bedeutung der Pilze und des Waldes – auch im Hinblick auf den Umweltschutz. Sie begeistere die Unterschiedlichkeit von Pilzen, die Farben und Größen, hat schon als Kind eine Leidenschaft dafür entwickelt.
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Und damit ist sie nicht allein: Immer mehr Menschen interessieren sich für Pilze. Gruppen in den Sozialen Medien haben einen „regen Zulauf“, so zählt die Facebook-Gruppe „Pilze sammeln NRW“ über 20.000 Mitglieder.
Pilze sammeln mit Sachverstand: Vergiftungsfälle zeigen Gefahren
Mehrere Vergiftungsfälle zeigten im Herbst 2024, das Sammeln der Waldgewächse ist alles andere als ungefährlich. In Essen erlitten drei Kinder und ein Vater eine Pilzvergiftung, wodurch es zu akutem Leberversagen kam. Dem Vater und zwei Kindern musste eine Spenderleber transplantiert werden. Auch in Münster kam es zu einem Fall von Pilzvergiftung. Die junge Frau benötigt, wie auch die drei Patienten in Essen, eine Spenderleber.
„Leider gehen zu viele Menschen unbedarft zum Pilzesammeln in den Wald, weil sie meinen, sich ganz gut auszukennen und denken: ,Es wird schon gut gehen.‘“, weiß Bernhard Demel, Pilz-Experte vom NABU. Viele vertrauen dabei auf Hilfsmittel wie Pilzbestimmungs-Apps. Davon raten Experten jedoch dringend ab: „Pilze sind so variabel, dass Apps die Unterschiede gar nicht nachvollziehen können“, sagt Björn Sontopski, Pilzsachverständiger aus Gladbeck.
Pilze sammeln in NRW: Welche Pilze gibt es und wann wachsen sie?
In den Wäldern Nordrhein-Westfalens wachsen mehrere Tausend Pilzarten, so das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW. „Man kann das ganze Jahr Pilze finden, auch essbare“, sagt Isbaner. In den feuchten Herbstmonaten gebe es sehr viele Arten zu entdecken.
Gleichzeitig mache der Klimawandel nicht vor Pilzen Halt, stellt Isbaner fest. Es gebe immer mehr Arten, die früher nur in südlichen Gefilden zu finden gewesen seien. „Zu nennen wäre hier zum Beispiel der schwarzhütige Steinpilz, der allerdings zu den besonders geschützten Arten gehört.“
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Wo sind Pilze in NRW zu finden?
Im Grunde bieten sich alle Wälder zum Sammeln von Pilzen an, mit Ausnahme von Naturschutzgebieten und Nationalparks. „Sicherlich ist es besser, wenn sie nicht ganz so hoch frequentiert sind“, sagt die Expertin. „Im Sauerland, im Bergischen Land und in der Eifel sind oft schon früher zum Beispiel Steinpilze zu finden als im tiefsten Ruhrgebiet.“ Aber auch dort könne man fündig werden. Unter anderem sei hierfür der Essener Süden mit seinen Wäldern geeignet.
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Pilze sammeln in NRW: Diese Regeln gibt es
In erster Linie müssen Sammler auf die Natur achten. In den frühen Morgenstunden und bei Dämmerung sollten Interessierte die Wälder meiden, um das Wild nicht zu stören. Für passende Kleidung und Zeckenschutz gibt es zwar keine Regel, sie sind jedoch sinnvoll – „ich denke Zecken sind tatsächlich die größte Gefahr“, findet Isbaner.
„Pilze spielen eine enorme Rolle für unsere Ökosysteme“, erklärt der Naturschutzverband NRW (Nabu). Ohne Pilze sei pflanzliches Wachstum kaum möglich: Sie helfen bei der Zersetzung von pflanzlichem sowie tierischem Material und führen darin gespeicherte Nährstoffe in den Kreislauf des Waldes zurück.
Der Nabu nennt vier zentrale Regeln, um die Umwelt beim Sammeln möglichst wenig zu belasten:
- Rücksicht nehmen: Tiere sollten nicht gestört, Brust- und Setzzeiten beachtet werden. Zudem sei es wichtig, Pflanzen oder junge Bäume nicht platt zu treten und Pilzgeflecht am Boden nicht zu beschädigen.
- Vorsicht beim Sammeln: „Nur die Pilze ernten, die man zu 100 Prozent kennt!“ Zum Teil gibt es giftige Doppelgänger, die sich nur schwierig von ungiftigen Pilzen unterscheiden lassen.
- Durch eine korrekte Ernte der Pilze bleibt das Geflecht erhalten: „Wenn der Pilz sicher erkannt wird, kann er kurz über dem Boden abgeschnitten werden.“
- Die Menge der Pilze sollte dem Eigenbedarf entsprechen. Grundsätzlich ist es verboten, mehr als zwei Kilogramm zu sammeln. Wer Pilze findet, darf damit handeln.
Gibt es geschützte Pilze?
„Es gibt viele Arten, die auf der roten Liste stehen“, erklärt Isbaner. Zum Teil dürften Pilze nicht einmal zur Bestimmung aus dem Boden entnommen werden, da sie der höchsten Schutzklasse angehören. „Aber auch klassische Speisepilze wie der Pfifferling und der Fichtensteinpilz sind geschützt“, fügt die Sachverständige hinzu.
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Für wen ist das Hobby Pilze suchen geeignet?
Die einfache Antwort von Stefanie Isbaner lautet: „Für alle, die gerne in der Natur unterwegs sind und gerne Pilze essen.“ Ansonsten sei es wichtig, sich auf das Thema einzulassen, Gefahren für sich selbst und die Natur zu kennen. „Wenn man hier umsichtig handelt, steht einer leckeren Pilz-Mahlzeit aus selbst gesammelten Pilzen nichts im Weg.“
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Wer sichergehen möchte, ob die eigenen Funde essbar sind, kann sich an Pilzsachverständige in der Nähe wenden. Sie unterstützen bei der sogenannten „Korbkontrolle“.