Essen. Mit der Hitze wächst die Gefahr: Experten haben in einer Studie untersucht, wie schnell ein Auto zur tödlichen Hitzefalle werden kann
Es passierte in den letzten Wochen in Velbert, in Solingen, in Plettenberg. Immer wieder werden Hunde im Sommer von ihren Besitzern gedankenlos im Auto zurückgelassen – auch weil sie unterschätzen, wie schnell sich der Innenraum ihres Fahrzeugs aufheizt. Oft werden die Tiere in letzter Minute von Polizei, Feuerwehr oder aufmerksamen Passanten gerettet. Für manche Vierbeiner aber kommt jede Hilfe zu spät. Das sollten Sie wissen.
Warum ist Hitze für Hunde noch gefährlicher als für Menschen?
Weil sie – anders als der Mensch – kaum Schweißdrüsen besitzen, die dabei helfen könnten, die Körpertemperatur zu regulieren. Nur an denen wird wässriger Schweiß abgegeben, der zur Kühlung dienen kann. „Hunde senken ihre Temperatur überwiegend dadurch, dass sie beim Hecheln schnell heiße Luft aus ihren Lungen mit kühler Außenluft austauschen. Dadurch wird die Verdunstung von Wasser auf der Zunge, im Maul und in den oberen Atemwegen beschleunigt“, erklärt Lisa Hoth-Zimak, Tierärztin beim Deutschen Tierschutzbund.
Wie schnell heizt sich ein Auto auf?
Viele schneller, als die meisten Menschen denken, aber abhängig von verschiedenen Faktoren. Dazu zählen laut ADAC unter anderem die Außentemperatur, die Intensität der Sonneneinstrahlung, die Farbe des Lacks und die Luftfeuchtigkeit. Wissenschaftler der University of Georgia ermittelten etwa, dass die Temperatur im Fahrzeug bereits bei einer Außentemperatur von nur 20 Grad innerhalb von einer Stunde auf lebensgefährliche 46 Grad steigen kann. Bei 30 °C Außentemperatur ist der lebensgefährliche Bereich sogar schon nach einer halben Stunde erreicht. Und bei einer Außentemperatur von 34 Grad können im Innenraum nach einer Stunde sogar 60 Grad herrschen.
Und wenn ich mein Auto in den Schatten stelle oder das Fenster einen Spalt auflasse?
Bringt beides nichts. Der ADAC hat bei einer Außentemperatur von knapp 29 Grad zwei Fahrzeuge verglichen, eines mit fünf Zentimetern geöffneten und eines mit geschlossenen Fenstern. Die Temperaturunterschiede waren gering. Im Versuch des ADAC heizte sich das Fahrzeug mit geschlossenen Fenstern nach 30 Minuten auf mehr als 50 Grad Celsius auf – bei geöffneten Fenstern waren es knapp 48 Grad. Auch im Schatten zu parken ist bei großer Hitze trügerisch – das Fahrzeug heizt sich trotzdem auf. „Selbst auf eine Standklimaanlage im Auto sollte man sich nicht verlassen“, warnt Hoth-Zimak. „Die können auch schnell mal ausfallen.“
Wie erkenne ich, ob das Tier im Auto überhitzt ist?
Hecheln alleine ist ein Hinweis, kann aber auch andere Gründe haben. „Wenn der Hund apathisch ist oder panisch durch den Innenraum springt, sind das eindeutige Zeichen für eine Überhitzung“, sagt die Tierärztin.
Was mache ich dann?
Vor allem schnell handeln. Wenn nur ein Geschäft in der Nähe ist, könne man dort das Kennzeichen des Autos ausrufen lassen, um den Besitzer zu ermitteln, sagt die Tiermedizinerin. „Aber nicht erst alle Märkte in der Umgebung abklappern, sondern am besten die Polizei verständigen. Die kommt in der Regel ziemlich schnell in solchen Fällen.“
Nur im äußersten Notfall sollte man selbst aktiv werden, raten Juristen. Und am besten alles mit dem Handy aufzeichnen und die Kontaktdaten möglicher Zeugen notieren. Denn ist die Scheibe des Autos erst einmal eingeschlagen, droht Ärger von mehreren Seiten: Der Besitzer des Autos kann Sie wegen des entstandenen Schadens verklagen, und die Staatsanwaltschaft könnte eine Anklage wegen möglicher Sachbeschädigung erwägen. Selbst dann können aber natürlich Rechtfertigungsgründe für den Tierretter vorliegen.
Wenn andere Hilfe zu spät kommt, wie schlägt man ein Autofenster ein?
Mit einem großen, harten und spitzen Gegenstand, etwa einem Pflasterstein, sollte man ein Seitenfenster einschlagen können. Am besten eines, das möglichst weit weg von dem Hund ist. Zudem sollte man vorher die Hand mit einem Stück Stoff umwickeln. Die Verletzungsgefahr für den Retter ist groß, weiß Hoth-Zimak aus mehreren Fällen in ihrer Praxis. Der ADAC warnt zudem davor, die Windschutzscheibe einzuschlagen. Sie sei durch eine eingearbeitete Folie besonders stabil. Auch getönte und folierte Seitenscheiben seien meist stabiler als klare Scheiben.
Der Hund ist befreit, wie helfe ich ihm?
Indem Sie ihn in den Schatten bringen und „schnellstmöglich abkühlen, idealerweise mit kühlem, aber nicht eiskaltem Wasser auf Bauch und Rücken. Und indem Sie ihm zu trinken geben. Treten schwerere Symptome wie taumelnde Bewegungen oder Erbrechen auf, ist es wichtig, umgehend eine tierärztliche Praxis oder Klinik aufzusuchen. Aber auch, wenn der Hund sich zu erholen scheint, ist es besser, zum Tierarzt zu gehen. „Es kann immer noch eine Dehydrierung vorliegen.“
Ist es eigentlich strafbar, einen Hund bei Hitze im Auto zu lassen?
Ja. Zumindest wenn das im Auto an Hitze oder ihren Folgen stirbt, drohen verantwortlichen Personen nach dem Tierschutzgesetz (§ 17 TschG) bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldbuße.