Berlin. Weltweit sterben 3,8 Millionen Menschen jährlich an Pilzerkrankungen. Derzeit gibt es einen Anstieg. Corona könnte mit Schuld sein.
Pilze sind nahezu überall. In der Natur erfüllen sie eine Reihe wichtiger ökologischer Funktionen, wie das Zersetzen von toten Pflanzen und Lebewesen. Und auch für den Menschen machen sie sich nützlich, können doch Brot und sogar einige Antibiotika ohne die Mikroorganismen nicht hergestellt werden. Gleichzeitig muss unser Immunsystem permanent einen Kampf gegen unliebsame Pilzarten führen – den es anscheinend immer häufiger mit tödlichem Ausgang verliert. So sterben laut einer im Fachmagazin Fachmagazin „Lancet Infectious Diseases“ veröffentlichten Studie weltweit immer mehr Menschen an Pilzerkrankungen. Eine Entwicklung, die Wissenschaftlern Sorgen bereitet.
„Eine Impfung gegen Pilze gibt es nicht“, schreibt der Autor der Studie, David Denning, in einem Beitrag für „The Conversation“. „Deshalb ist eine genau und zeitnahe Diagnose unbedingt nötig und deshalb müssen wir Pilze sehr ernst nehmen“, mahnt der Mikrobiologe und Infektionsmediziner von der Universität Manchester. Denn in vielen Ländern haben die Pilze leichtes Spiel. Es gebe nicht genügend Testkits und schwere Fälle werden, wenn überhaupt, erst entsprechend spät erkannt und diagnostiziert. Das nahm Denning zum Anlass, neue Erhebungen über das wahre Ausmaß der Toten zu erstellen.
Dabei sind die meisten Pilzinfektionen eigentlich relativ ungefährlich. Hautpilze verursachen zwar juckende und gerötete Haut, lassen sich aber leicht behandeln. Auch Nagelpilze an Füßen und Händen können sind zwar unangenehm, Betroffene können aber durch Fußbäder oder Lack den Pilz schnell wieder abtöten. Doch andere Pilzerkrankungen ziehen schwere Organschäden mit tödlichem Ausgang nach sich – und das oft völlig unerkannt.
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Pilzinfektionen: Menschen mit geschwächtem Immunsystem besonders gefährdet
Noch vor elf Jahren schätzten Denning und seine Kollegen, dass weltweit jedes Jahr 2 Millionen Menschen an Pilzinfektionen sterben. In seiner neusten Berechnung sind es pro Jahr fast doppelt so viele: um die 3,8 Millionen Menschen von insgesamt 6,8 Millionen, mit gefährlichen Pilzen Infizierten überleben die Erkrankung nicht. Das sind immerhin 6,8 Prozent der weltweiten Toten insgesamt, heißt es in der im Januar veröffentlichten Studie.
Für seine Erhebung hatte Denning die offiziell diagnostizierten Pilzinfektionen aus den Jahren 2010 bis 2023 aus 120 Ländern zusammengetragen. Diese Zahlen verglich er wiederum mit den Todeszahlen und Überlebensraten von behandelten und unbehandelten Infizierten. Außerdem berücksichtigte er die Patientenleitlinien der untersuchten Länder sowie, ob und welche Diagnosetests verfügbar waren. Er schließt daraus, dass die die Dunkelziffer deutlich höher liegen müsse als die offiziellen Zahlen
Die tödlichsten Pilzinfektionen werden dabei durch die Schimmelpilze Aspergillus fumigatus und Aspergillus flavus verursacht, die Lungeninfektionen zur Folge haben. Insbesondere Menschen mit geschwächtem Immunsystem und Lungenvorerkrankungen wie Asthma, Tuberkulose oder Lungenkrebs sind von den Pilzen bedroht. Auch Patienten, die an Leukämie erkrankt sind oder sich in Intensivpflege befinden, sind anfällig.
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Corona-Pandemie hat wohl zum Anstieg von Pilzinfektionen beigetragen
Laut Denning seien Pilzerkrankungen für die Hälfte aller Aids-Toten verantwortlich. Das durch das Virus geschwächte Immunsystem hat oftmals keine Chance, den Körper ausreichend vor den Pilzen zu schützen. Auch hier bleiben die meisten Pilzinfektionen unerkannt und unbehandelt. Wer an Lungenkrankheiten wie Tuberkulose verstirbt, ist in 30 Prozent der Fälle auch mit einem den Tod beschleunigenden Pilz infiziert, berechnete Denning in der Untersuchung.
Nicht zuletzt soll auch Covid-19 die Ursache für den Großteil des Anstiegs der Todesopfer durch Pilzerkrankungen sein. Als Beispiel nennt er den schwarzen Pilz, der sich erst nach der Corona-Pandemie großflächig in Indien ausbreitete. So seien einerseits Behandlungen von Krankheiten wie Diabetes vernachlässigt worden, anderseits habe der Covid-Virus selbst das Immunsystem geschwächt. Dazu komme die erhöhte Resistenz der Pilze gegen entsprechende Medikamente. So führe das Versprühen von Fungiziden auf Weizen dazu, dass die Pilze sich an die Gegenmittel anpassen.
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