Hamburg. Jeder hat das Recht, seine Persönlichkeit zu entfalten. Doch Schluss ist, wo andere Schaden nehmen. Das gilt auch für das Klavierspielen oder Sex in der Wohnung. Zimmerlautstärke ist ok, alles andere ist zu laut. Außerdem muss man die allgemeinen Ruhezeiten einhalten.
In seinen vier Wänden - ob gemietet oder den eigenen - will man sich frei entfalten können. Doch wer sich um Mitternacht ans Piano setzt, spät am Abend am Gesellenstück hämmert oder mit einem Bekannten im Morgengrauen funkt, kann die Nerven seiner Nachbarn strapazieren.
Streng genommen sind solche Dinge nicht erlaubt. «Das steht alles unter dem Gebot der Rücksichtnahme», sagt Mietrechtsexpertin Silvia Jörg vom Interessenverband Mieterschutz in Hamburg. Man dürfe in seiner Wohnung nur so laut sein, wie es andere nicht stört. «Wenn es in der Nachbarwohnung wahrnehmbar ist, ist Schluss».
Anspruch auf Ruhe und Entspannung
Mit dem Musizieren in der Wohnung befassten sich bereits unterschiedliche Gerichte - mit ähnlichen Ergebnissen. So rechnet das Landesgericht Düsseldorf (Az.: 22 S 574/89) das Musizieren in der Wohnung zwar zum Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Schließlich sei das Spielen eines Instruments für viele Menschen von großer Bedeutung für die Lebensfreude und das Gefühlsleben.
Was tun, wenn der Nachbar lärmt
Wenn der Nachbar lärmt, sollte man ihn zunächst freundlich ansprechen und darauf aufmerksam machen. Oft helfe es, dem lärmenden Nachbarn anzubieten, mit in die eigene Wohnung zu kommen, damit er sich selbst davon überzeugen kann, wie laut es dort ist, sagt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbunds in Berlin. Wenn das nicht hilft, sollte man den Vermieter informieren. Der muss dafür sorgen, dass Ruhe im Haus ist. Eventuell kann man auch die Miete mindern.
Allerdings müsse auch das Persönlichkeitsrecht der Mitmieter berücksichtigt werden. Soll heißen: Die Nachbarn haben einen Anspruch auf Ruhe und Entspannung. Deswegen urteilte das Gericht in diesem Fall, dass Klavierspielen an Wochentagen nur bis 20.00 Uhr und am Wochenende sowie an Feiertagen nur bis 19.00 Uhr gestattet ist. Nur einmal die Woche darf der Mieter demnach bis 21.30 Uhr klimpern - einmal im Monat darf dieses späte Musizieren auch auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fallen.
"Yippie!": Beim Geschlechtsverkehr an die Nachbarn denken
Das Landgericht Frankfurt (Az.: 2/25 O 359/89) wies außerdem darauf hin, dass in jedem Fall die Nachtruhe von 22.00 bis 7.00 Uhr eingehalten werden muss. Und zwar gilt dies unabhängig davon, was im Einzelnen im Mietvertrag gestattet worden ist. Deswegen müssen Mieter an Werktagen das Musizieren ihres Nachbarn zwischen 17.00 und 22.00 Uhr hinnehmen - allerdings nur drei Stunden lang. An Wochenenden ist auch die Mittagsruhe einzuhalten.
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Auch beim Geschlechtsverkehr sollte man an die Nachbarn denken. Denn ein grenzenloses Sexualleben sei nicht vom Grundrecht gedeckt, entschied das Amtsgericht Warendorf (Az.: 5 C 414/97). Verliebte Pärchen dürfen demnach beim Sex nur in Zimmerlautstärke stöhnen oder «Yippie!» rufen. Die Gerichte müssten sich aber nur selten mit solchen Fällen befassen, sagt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbunds in Berlin.
Erlaubt ist, was keinen Krach macht
Selbst das Sporttreiben in der Wohnung kann den Nachbarn stören. Denn grundsätzlich gilt: «Die Wohnung ist kein Sportplatz», erklärt Ropertz. Wenn man zum Beispiel, um sich fit zu halten, mit dem Seil springt oder polternd Purzelbäume schlägt und in der Wohnung ein Stockwerk tiefer die Lampe von der Decke kommt, hat man den Bogen eindeutig überspannt. Denn erlaubt ist auch in diesem Fall nur, was keinen Krach macht.
Streng geht es auch beim Werkeln zu. Etwas in der Wohnung herrichten, etwa einen Nagel einschlagen, um ein Bild aufzuhängen, macht jeder manchmal. Aber kein Nachbar müsse es sich gefallen lassen, wenn jemand als Hobby Nägel ins Brett haut, sagt Ropertz. Hämmern und Bohren sollte man nur im Keller oder in der Garage - und auch dann muss man auf seine Nachbarn Rücksicht nehmen. (dpa)