München. Wer eine Wohnung mietet, bekommt immer häufiger einen Indexmietvertrag in die Hand gedrückt. Diese Art von Mietvertrag richtet sich jedoch nicht nach dem individuellen Verbrauch der Mieter, sondern nach einem Index, der den durchschnittlichen Verbrauch ermittelt. Das kann den Mietpreis stark erhöhen.

Bürger auf Wohnungssuche bekommen immer öfter einen Indexmietvertrag präsentiert, vor allem in Ballungsräumen wie München oder Frankfurt am Main. Schlagen sie ein, sind sie aber meist schlechter dran als mit einem "normalen" Mietvertrag, wie Hermann-Josef Wüstefeld vom Deutschen Mieterbund zu bedenken gibt. Denn eine Indexmiete ist an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten gekoppelt, also an den amtlichen Verbraucherpreisindex für alle privaten Haushalte. Die explodierenden Energiekosten treffen dann doppelt hart.

Die Mieter müssen nicht nur die ständig steigende zweite Miete, also vor allem höhere Heiz- und Stromkosten, schultern. Die immer neuen Teuerungswellen bei Benzin, Gas, Heizöl und Strom treiben zugleich auch ihre Grundmiete in die Höhe. Diese Posten beeinflussen maßgeblich die Höhe der Lebenshaltungskosten. So, wie sich der Index entwickelt, kann der Vermieter Jahr für Jahr die Miete anheben. Auch ohne Zustimmung des Mieters. Je stärker die Inflation in Deutschland also künftig nach oben geht, desto teurer wird die Wohnung.

Indexmietverträge werden häufiger

"Das ist für Mieter nachteilig", mahnt Wüstefeld zur Vorsicht. Wer einen klassischen Mietvertrag hat, bei dem die Miethöhe in der Regel von der ortsüblichen Vergleichsmiete abhängt, ist häufig besser dran. Denn die Nettokaltmiete steigt bundesweit zurzeit weniger drastisch als die Verbraucherpreise, die regelmäßig vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ermittelt werden. Während die Kaltmieten im Schnitt um moderate 1,6 Prozent pro Jahr nach oben gehen, stieg der Lebenshaltungsindex beispielsweise von August 2011 bis August dieses Jahres um 2,1 Prozent.

Wie viele Bürger einen Indexmietvertrag haben, kann niemand genau beziffern. "Solche Verträge sind aber klar auf dem Vormarsch", sagt Gerold Happ, Jurist beim Eigentümerverband Haus und Grund Deutschland. Allein in München werde bei Neuvermietungen inzwischen schon mindestens jede dritte Miete indexiert, sagt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von Haus und Grund in München. Seit der Mietrechtsreform im Jahr 2001 ist das erlaubt. Vorher war die Koppelung nur bei Gewerbeimmobilien üblich. Damals stiegen die Kaltmieten bundesweit auch noch schneller als die Inflationsrate.

In ländlicher Gegen sind Indexmieten gefährlicher

Viele Mieter unterschreiben offenbar, ohne genau zu wissen, worauf sie sich einlassen. In München heißt das beispielsweise: Zusätzlich zur Verteuerung der Energiekosten im oft zweistelligen Prozentbereich müssen Betroffene womöglich Mieterhöhungen um etwa 2,1 Prozent und mehr hinnehmen. Anhand der amtlichen Daten darf der Vermieter die Inflationsrate jährlich an den Mieter weitergeben. Er muss es aber nicht. "Die meisten erhöhen nur alle drei bis vier Jahre", versichert Stürzer.

Speziell in weniger gefragten Wohnlagen Deutschlands kann die Indexmiete rasch zum Preisbeschleuniger werden. "Das passiert beispielsweise auf dem Land, wo die Vergleichsmieten nicht so schnell nach oben gehen", erklärt Mieterbund-Experte Wüstefeld. In heiß begehrten Städten wie München ist die Indexmiete allerdings nicht immer automatisch die schlechteste Lösung. Denn auch die "normalen" Mieten galoppierten dort davon, erklärt Stürzer - oft um bis zu 15 Prozent in zwei Jahren.

Keine Hoffnung auf sinkende Inflationsraten

Zusatzvorteil bei Indexmietverträgen: Modernisiert der Vermieter die Fenster oder die Heizung auf freiwilliger Basis, darf er die Kosten nicht auf seine Mieter umlegen. Grundsätzlich profitieren jedoch vor allem Vermieter in Großstädten, in denen eine Mieterhöhung auf einen hoch komplizierten Mietspiegel mit ortsüblichen Vergleichsmieten gestützt werden muss. Wer etwa in München eine Anhebung durchsetzen will, muss seinem Mieter aufwendig begründen, warum dieser mehr Geld zahlen soll. Streit ist an der Tagesordnung. Bei der Indexmiete ist die Preisentwicklung dagegen amtlich vorgegeben. "Dagegen zieht niemand vor Gericht", sagt Stürzer.

Auch wenn die Indexmiete für viele Mieter mehr Nachteile als Vorteile hat, bleibt ihnen wegen des knappen Wohnungsangebots in Großstädten oft keine andere Wahl als zu unterschreiben. Angesichts der Eurokrise gibt es derzeit auch wenig Hoffnung auf sinkende Inflationsraten. Sollten die Verbraucherpreise einmal absacken, wird auch die Grundmiete niedriger. Ein Vermieter muss beim Indexvertrag auch eine gegenläufige Entwicklung weitergeben. (dapd)