Berlin. Die Eurokrise erreicht im Alltag auch den Geldbeutel der Bürger. Doch neben Verlierern gibt es immer auch Gewinner. Dazu gehören Immobilienbesitzer. Mieter hingegen zählen zu den Verlierern. Wir erklären Ihnen die Zusammenhänge.
Die Entscheidung über die Zukunft des Euroraumes rückt näher: Am Donnerstag berät die Europäische Zentralbank (EZB) über ein neues Rezept gegen die Krise, eine Woche später entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Gesetzmäßigkeit des Rettungsschirms ESM. Doch schon jetzt erreicht die Krise im Alltag die Geldbeutel der Bürger, allerdings nicht immer zum Nachteil. Eine Übersicht über Gewinner und Verlierer der Eurokrise bei den einfachen Bürgern von der Nachrichtenagentur dapd:
Die Gewinner der Eurokrise:
1. Immobilienbesitzer
Häuser und Wohnungen sind seit Ausbruch der Finanzkrise enorm im Wert gestiegen. Beispiel: Für 50 Jahre alte 100-Quadratmeter-Einfamilienhäuser im unscheinbaren Stadtteil Hamburg-Niendorf werden 450.000 Euro verlangt, unrenoviert. "Es gibt Kunden, die wollen auf Teufel komm raus kaufen", stellte das bundesweit tätige Maklerunternehmen Engel und Völkers schon vor einem Jahr fest. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) kletterten die Immobilienpreise etwa in Großstädten in der Tat kräftig: In Berlin wurden Eigentumswohnungen in acht Jahren 39 Prozent teurer, in Hamburg 31 Prozent, in München 23 Prozent. Als ein Hauptgrund gilt die Flucht der Anleger aus Angst vor dem Euro-Ende ins "Betongold", wie Immobilien auch genannt werden.
2. Schuldner
Die Zinsen liegen historisch niedrig: Für fünf Jahre Bindung bietet der Makler Dr. Klein Effektivzinsen unter zwei Prozent an. Wer etwa vor zehn Jahren ein Haus gekauft hat, profitiert doppelt: Die Immobilie steigt im Wert, die Finanzierung wird billiger. Autokredite bietet ING-Diba für nur 4,95 Prozent, die Targobank hat Konsumentenkredite für 4,29 Prozent im Angebot.
3. Arbeiter deutscher Autokonzerne
Die deutsche Vorzeigebranche Autobau drückt zurzeit die europäische Konkurrenz an die Wand: Fiat bekommt nur noch Luft, weil die US-Tochter Chrysler Entlastung bringt. PSA Peugeot Citroen muss schon das Firmenhochhaus verkaufen und eine Fabrik schließen, Renault wäre ohne die Schwestermarke Nissan wohl tief in den roten Zahlen. Dagegen geht es VW, Mercedes, Audi, BMW und Porsche gut: Ihre Wagen werden weltweit nachgefragt: BMW will 3.000 Leiharbeiter übernehmen, die Absätze aller einheimischen Konzerne sind auf Rekordhöhe. Vor allem die Schwäche der südeuropäischen Märkte belastet die Krisen-Hersteller. Die Gewichte der europäischen Autoindustrie verschieben sich gerade dauerhaft zugunsten der Deutschen.
Die Verlierer der Eurokrise
1. Sparer
Klassische Sparzinsen liegen in Deutschland zurzeit bei ein bis zwei Prozent - bei einer Inflation von mehr als zwei Prozent. Das Vermögen der Sparer schwindet Monat für Monat. Grund: Wegen der Eurokrise ließ die EZB die Leitzinsen auf Tiefstände fallen. Außerdem fließen Milliarden aus aller Welt in deutsche Staatsanleihen, die deswegen als Konkurrenz für Sparzinsen ausfallen: Der deutsche Staat zahlt fast gar keine Zinsen mehr.
2. Autofahrer
Sprit ist so teuer wie nie. Eine der Ursache ist der hohe Ölpreis: Spekulanten rund um die Welt investieren aus Mangel an Alternativen in Öl. Außerdem ist der Euro gegen den Dollar kräftig gefallen - und hat so Öl für deutsche Verbraucher teurer gemacht.
3. Mieter
Fachleute rechnen damit, dass die Mieten steigen werden: "Vor allem Neumieter nach einem Wohnungswechsel müssen deutlich mehr bezahlen", stellt der Volkswirt Jörg Hinze vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut fest. Seine Analyse: "Die Käufer wollen Rendite sehen", insbesondere, sagt er, wenn sie gerade zu Extrempreisen gekauft hätten. Auch langjährige Mieter können betroffen sein, trotz gesetzlicher Grenzen für die Erhöhung: "Der neue Eigentümer stellt einfach die Investitionen in den Unterhalt ein", sagt Ulrich Robertz vom Mieterbund.
4. Arbeitslose
Wer jetzt keine Arbeit hat, hat nach Ansicht von Hinze den Zug verpasst: "Wir erwarten mindestens bis Mitte 2013 einen Abschwung auf dem Arbeitsmarkt", sagt der Ökonom. 5. Lebensversicherte mit Kapitalbildung Über Jahrzehnte war die kapitalbildende Lebensversicherung das klassische Sparwerkzeug der Deutschen für das Alter. Jetzt wird die Lebensversicherung zur Falle: Die Unternehmen müssen die allergrößten Teile der Kundengelder wegen gesetzlicher Vorschriften in vermeintlich sicheren Staatsanleihen anlegen. Die deutschen Anleihen werden aber nur noch minimal verzinst, die zukünftigen Rentner werden bei der Pensionierung deutlich weniger aus ihrer privaten Altersversorgung bekommen. (dapd)