Heiner und Heiner aus Gelsenkirchen treffen sich noch heute in der Straße, in der sie schon als Jungen gespielt haben. Irmgard und Ursula sind im Krieg in Essen aufgewachsen und lachen mit 83 noch zusammen, obwohl sie viel Schlimmes erlebt haben. Was Freunde fürs Leben verbindet.

Ich bin mit Heiner Ebben seit 67 Jahren befreundet, weil ich ihn von Herzen gerne habe. Heiner Neuking (70), Gelsenkirchen

In der Straße, in der die 70-jährigen Heiners drei-, viermal die Woche Kaffee trinken, haben sie sich auch kennengelernt, als sie „gerade laufen“ konnten. Die Familienbetriebe in Gelsenkirchen-Erle, die sie selbst als Erwachsene führten, waren nur ein Steinwurf voneinander entfernt: Die Fleischerei Ebben an der Cranger Straße 301 und die Konditorei Neuking mit der Nummer 305.

„Weißt du noch?“ Mit diesen Worten beginnen viele ihrer Sätze: Sie sind über Dächer geklettert und über Trümmer in der Nachkriegszeit. Für ein paar Pfennige haben sie dem Klüngelskerl Blechdosen gebracht. „Und abends wieder vom Grundstück geholt“, erinnert sich Ebben grinsend, um die Dosen später wieder zu verkaufen. Eine Gärtnerei haben sie geflutet. Und einmal verirrte sich ein Silvesterböller. Im ersten Stock der Apotheke auf der anderen Straßenseite fing die Gardine Feuer.

Die Heiners, die später zur Freiwilligen Feuerwehr gingen, haben sofort gebeichtet. So konnten sie auch diesen „Jungen-Spaß“ löschen. Ernsthaft Ärger hat’s nie gegeben. Da war mal eine Entschuldigung fällig – „und ‘ne Wurstplatte“. Und dann war alles wieder gut.

„Wir haben viel gelacht“, sagt Neuking. Sein ältester Freund scheint auch heute lieber einen Witz statt viele Worte zu machen. Aber wenn Ebben etwas sagt, dann bringt er es auf den Punkt: „Man sagt sich Dinge, die man der eigenen Frau nicht sagen würde.“ Die Strafe zum Beispiel, die Neuking einmal wegen zu viel Alkohol am Steuer bekam. 600 DM. Ebben lieh ihm das Geld, Neuking schämte sich: „Ich habe es ihm sofort wiedergegeben.“ Geld sollte nicht zwischen ihnen stehen. „Aber er hat nie darauf rumgeritten.“

Ein dritter Mann bedrohte die Freundschaft

Nur einmal wurde der Kontakt weniger. Ein Dritter trat zwischen sie. Einer, bei dem sich Neuking nicht wohl fühlte. Als Ebben auch an der neuen Freundschaft zweifelte, wurde die alte noch enger. Neuking: „Das ist besser als unter Brüdern“.

Wenn sich die Heiners streiten, dann dauert es nicht lange, bis sie sich wieder vertragen. Neuking: „Sonst fehlt uns etwas.“ Mal macht der eine den Anfang, mal der andere. Dann treffen sie sich. Aber niemals zu Hause. Streit muss auf neutralem Boden ausdiskutiert werden. Bei einem Kaffee, bei einem Eis, aber nicht mehr bei einem Pils.

„Ich bin Alkoholiker“, sagt Neuking. „Du warst Alkoholiker“, sagt Ebben. „Jetzt geht die Streiterei wieder los“, meint Neuking lachend und fügt ernst hinzu: „Ich bin seit sechs Jahren trocken. Heiner hat mir sehr dabei geholfen.“ Schon vor dem heilenden Schock – ein Magendurchbruch – hat der Freund ihm klare Worte eingeschenkt: „Mach’ was!“ Neuking fühlte sich durch einen zweiten Betrieb überfordert, versuchte seine Sorgen zu ertränken. Neukings Ehe zerbrach an der Sucht. Die Freundschaft zu Heiner blieb. „Er hat sich nie abgewandt.“

Sie trinken mehrmals die Woche Kaffee zusammen

Mittlerweile fühlt sich Neuking auch mit seiner früheren Frau wieder freundschaftlich verbunden. Er lässt sich helfen und er hilft selbst. Bei der Tafel oder als Suchtkrankenhelfer. Und auch seinem Freund konnte er beistehen. Ebben bekam Lungenkrebs, verlor einen Unterschenkel, erlitt Schlaganfälle. Trotzdem sind sie erst kürzlich wieder zusammen verreist, nach Neu-Harlingersiel, in die Jugendherberge. Neuking: „Mein schönster Urlaub mit dir!“ Früher sind sie viel zusammen weggefahren, das erste Mal mit 14 nach Juist, später mit dem Motorboot oder den Motorrädern.

Wenn sie heute drei-, viermal in der Woche Kaffee trinken, vor der Fleischerei, die nun Ebbens Söhne leiten, sprechen sie über die Nachrichten oder ihre Angst, gebrechlich zu werden. „Wir reden nicht nur übers Wetter“, betont Neuking, „oder über Frauen“ – „Aber auch!“, wirft Ebben grinsend ein. Bevor er es wieder auf den Punkt bringt: „Ich möchte dich nicht missen.“

Beste Freunde – was man an ihnen schätzt  

Ich bin mit Ursula befreundet, weil wir als Kinder in der gleichen Straße aufgewachsen sind und uns viele Erinnerungen verbinden. Irmgard Beils (83), Essen

Wer seine Kindheit in den 30er-Jahren verbracht hat, erlebte Krieg als „Alltag“. „Dass geschossen wurde, dass Flieger in der Luft waren, das war normal. Bis das mit Ursula passiert ist“, erinnert sich Irmgard, die mit dem Nachbarsmädchen seit dem Kindergarten spielte. Die Häuser der Eltern in Heisingen standen dicht zusammen. Doch Ursula lief nicht an diesem einen Tag kurz vor Kriegsende wie so oft zu Irmgard. Sie suchte Schutz im Backhaus vor ihrem eigenen Zuhause. „Mein Vater hatte nach mir gepfiffen“, erinnert sich Ursula. Der Artilleriebeschuss traf sie, zerschmetterte ihr rechtes Bein, ein Jahr lang lag sie in der Klinik in Kupferdreh. Ihre Mutter überlebte den Angriff nicht.

Dieser Lebenseinschnitt hat Irmgard und Ursula noch mehr zusammengeschweißt. Die eine weiß, wovon die andere spricht. Aber nicht nur der Schmerz vereint sie, auch die schönen Erlebnisse: Hochzeiten, Taufen, Geburtstage. „Sie hat sich trotz ihrem Fuß nie das Tanzen nehmen lassen – Rock’n’Roll und Charleston“, erinnert sich Ursulas Tochter, die zu Irmgard „Tante“ sagt.

Den Kontakt haben sie nie einschlafen lassen

Heute sehen sich die Frauen selten. Irmgard lebt im Elternhaus, vor dem sie einst zusammen Ball gespielt haben. Ursula wohnt im Seniorenheim der Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung in Steele. Der Weg ist zu weit, wenn nicht einer der Söhne Irmgard mit dem Auto fährt. Ursula: „Aber wir haben den Kontakt nie einschlafen lassen.“ Denn die vielen Bekannten konnten diese eine Freundschaft nicht ersetzen. Irmgard: „Sie war einfach beständiger.“

Eifersüchtig waren die beiden Frauen nie. „Wir hatten ja alle nichts“, sagt Ursula. „Doch“, widerspricht Irmgard, „auf deinen Tretroller war ich neidisch.“ Und dann lachen die 83-jährigen Omas gemeinsam, wie sie es schon als Mädchen getan haben.

Ich bin mit Norbert befreundet, weil er einer der treuesten und zuverlässigsten Weggefährten ist, die ich mir nur denken kann. Aus Pfadfindern wurden Freunde-Finder. Seit nunmehr 40 Jahren erleben wir tiefgreifende Gespräche, die Höhen und Tiefen des Lebens und ausgelassene Heiterkeit gemeinsam. Und da wir beide in den Himmel kommen, so ist der Plan, freuen wir uns schon auf weitere schöne Jahrzehnte dort oben. Norbert Persch (54), Duisburg

Ich bin mit Hannelore befreundet, weil sie seit 50 Jahren einfach zu meinem Leben gehört. Sie ist immer an meiner Seite. Auch als meine Eltern starben, war sie eine große Stütze für mich. Jedes Hoch und Tief in meiner Ehe erlebten wir gemeinsam. Ganz wichtig für mich: Bei Hannelore kann ich mich fallen lassen und immer so herzhaft lachen. Jeden Abend telefonieren wir und wünschen uns eine gute Nacht. Brigitte Grieswald (57), Bochum

Noch mehr Freundschaften fürs Leben 

Ich bin mit Sigrid (Siggi) befreundet, weil sie mein Leben seit 58 Jahren begleitet und wir uns gegenseitig vertrauen, helfen und immer füreinander da sind.Unsere Eltern waren Nachbarn und befreundet. Wir sind in Abständen von 6 Wochen 1956 geboren und spielten miteinander, bevor wir laufen konnten. Wir sind zusammen in den Kindergarten, in die Volksschule und auf das Gymnasium gegangen. Wir haben in Duisburg studiert und sind beide Lehrerinnen geworden. Wir sind beide an verschiedenen Schulen in Oberhausen tätig.

Wir haben beide eine Familie (je 1 erwachsenen Sohn), die mittlerweile (auch mit den teilweise noch vorhandenen Eltern) zu einer Großfamilie zusammen gewachsen sind. Auch viele gemeinsame langjährige Freunde bereichern unser Leben. In den vielen Jahren unseres gemeinsamen Lebens haben wir etliche Facetten des Lebens kennengelernt: Glück, Trauer, Hilfsbereitschaft, Vertrauen und Bewältigung von Problemen. Regina Trampnau (58), Oberhausen

Ich bin mit Doro befreundet, weil sie mich so nimmt, wie ich bin und nicht so, wie sie am wenigsten Schwierigkeiten mit mir hat. Uns verbindet tiefes Vertrauen, Humor, aber auch miteinander schweigen, ohne dass es peinlich wird. Wir lachen und weinen zusammen. Ich kann ihr alles erzählen, ohne dass sie mich bewertet. Aber ich nehme von ihr auch Kritik an, denke darüber nach, na ja, meist hat sie leider Recht. Doro war, ist und wird immer der verlässliche Mensch in meinem Leben sein. Anke Mietz (47), Wattenscheid

Ich bin mit Sophie befreundet, weil wir alle Herausforderungen im Leben bisher gemeinsam gemeistert haben. Wir kennen uns seit 18 Jahren, weil unsere großen Brüder bereits gemeinsam in den Miniclub gegangen sind. Miniclub, Vorkindergarten, Kindergarten, Grundschule und Gymnasium haben wir gemeinsam besucht und waren uns immer gegenseitig eine Stütze. In der Grundschule wollte unsere Lehrerin uns auseinandersetzen.

Nachdem ich geweint habe, haben sie es nie wieder versucht. Nun erwartet jeden der eigene Weg in die Zukunft. Ich werde wohl in Münster studieren. Zum ersten mal alleine. Jedoch schmieden wir bereits Pläne für eine WG ... Dieses Jahr haben wir den 18. Geburtstag gemeinsam gefeiert und auf meiner Abibuchseite ist zu lesen: „Ich hoffe, wir feiern auch noch unseren 90. Geburtstag zusammen.“ Judith Stein (18), Mülheim

Ich bin mit Rainer befreundet, weil wir den gleichen Humor haben, uns im Alltag viel gegenseitig helfen und im Berg niemals im Stich lassen. Rainer hat mich vor über 25 Jahren gefragt, ob ich mit ihm in die Berge komme. Da wir uns schon im „Tal“, in unserem wundervollen Bottrop, so wunderbar verstanden haben, wurde daraus auch eine tiefe und herrliche Bergkameradschaft! Das Teilen von Lagern und Dusch-Euros auf den Hütten, das Begehen von Gletschern und Erklimmen von Gipfelkreuzen haben die Freundschaft „unschlagbar“ gemacht! Bei keinem Menschen kann ich wieder so schnell lachen, wie nach einem „Streit“ mit Rainer! Das Bild zeigt uns als „Rain-Hild“ und Clemens im Gebiet der „Drei Zinnen“ in den Sextener Dolomiten, eine „Berg-Ehe“ halt! Clemens Matschke (65), Bottrop

Ich bin mit Beatrix befreundet, weil ich mit ihr heute so reden kann, als hätten wir uns gestern erst gesehen. Dabei sehen wir uns nur einmal im Jahr, telefonieren nur vielleicht einmal im Monat. Wir begegneten uns 1977 während unserer Praktikantenzeit in einer kleinen Werbeagentur in Hildesheim (das Foto zeigt ein gemeinsames Projekt aus der Zeit), studierten dort drei Jahre Grafik-Design. Unser Leben führte uns in unterschiedliche Städte, unsere Freundschaft blieb ... In den nächsten vier Wochen besuche ich sie wieder, zwölf Stunden reden, spazieren gehen, Pläne schmieden, Träume verraten. Ich freue mich auf Dich, Beatrix. Ute Mäuser, Essen

Ich bin mit Jessica befreundet, weil sie seit meiner Geburt wie eine Schwester für mich ist. Da unsere Eltern schon vor unseren Geburten befreundet waren (die nur drei Monate auseinander liegen), war der Grundstein für unsere Freundschaft bereits gelegt.

Die ersten Lebensjahre haben unsere Familien im selben Wohnhaus gewohnt, und so haben wir immer viel Zeit miteinander verbracht. Neben vielen gemeinsamen Unternehmungen blieben aber auch die typischen Streitereien nicht aus.

Während der Pubertät haben wir uns etwas voneinander entfernt, konnten diesen Tiefpunkt allerdings – auch sehr zur Freude unserer Eltern – überwinden. Ich bin sehr dankbar für diese einzigartige Freundschaft, die wahrscheinlich eher einer Geschwisterliebe ähnelt. Sarah Vollmer (23), Castrop-Rauxel

Ich bin mit Werner Krause seit 43 Jahren befreundet, weil er ein grundanständiger Mensch ist. Weil er stets für schwächere Menschen da war und sehr vielen bei der Rente geholfen hat. Wir beide bildeten die Rechtsabteilung der IG Metall in Duisburg. Einige Sekretäre meinten, wir seien nicht politisch genug. Seine Antwort: „Wir sind für jedes einzelne Mitglied da.“ Jetzt sind wir alt, gehen auf die 83 zu. Wir freuen uns des Lebens, sind schöngeistig ausgerichtet und nehmen regen Anteil am politischen Geschehen. Wir mischen uns ein, wenn wir Unrecht erkennen. Wenn das Wort Sozial im Namen, nicht jedoch im Herzen getragen wird. Karl-Heinz Bendorf (82), Duisburg

Im Volksmund heisst es: „Zu dritt, dass geht nicht gut!“ Dem kann ich nur widersprechen!!! Seit 35 Jahren geht es sehr gut mit meinen beiden besten Freundinnen Karola und Martina! Was uns miteinander verbindet?? Ist doch klar: Dass wir aus Wanne-Eickel sind!!! Und wir seit 35 Jahren alle Höhen und Tiefen mit und ohne Familie miteinander erleben und durchstehen! Wir sind einfach füreinander da...egal wann, wie und wo! Doris Stegemann-Salasse, Wanne-Eickel

Ich bin mit Nina befreundet, weil wir einen Teil unserer Schulzeit miteinander verbracht haben, uns 20 Jahre aus den Augen verloren haben, es trotzdem so ist, als wenn sich nichts geändert hätte, und wir jedes Jahr als Freundinnen einen Kurzurlaub machen – einfach so wie früher !!! Susanne Latza, Castrop-Rauxel

Ich bin mit Andrea seit mehr als 30 Jahren befreundet. Mit ihr kann ich lachen und darf traurig sein. Bei Problemen versucht man sich zu helfen, oder man ist einfach da für den andere.

Vor sieben Jahren ist mein Mann ins Pflegeheim gekommen, Andrea hat sich jeden Tag um mich gekümmert.Wir haben telefoniert, sie kam ins Heim, saß neben mir und hielt meine Hand. Sie ist einfach immer präsent. Dafür liebe ich sie. Maria Schwenteit (50), Essen

Meine beste Freundin ist tot. Meine Gefährtin und Spielkameradin seit Kindertagen, seitdem wir als I-Dötzchen in der Hegelschule eingeschult wurden, die damals noch Volksschule war, meine Schulfreundin, mit der ich Hausaufgaben besprach, meine Teenager-Freundin, mit der ich allen Jungmädchen-Spaß teilen konnte, meine Beraterin und patente Ratgeberin in allen Lebenslagen als junge Erwachsene, meine Trösterin in meinem fortgeschrittenen Leben bei Schicksalsschlägen – Tod der Eltern, Verlust des Arbeitsplatzes –, mein steter Fels in der Brandung, meine Seelenverwandte. Unsere Freundschaft währte bis zu ihrem Tode 44 Jahre, für manch andere eine lange Zeit, für mich viel zu kurz, denn ich habe mir immer gewünscht, dass unsere besondere und tiefe Freundschaft bis ans Ende aller Tage währen möge. Sigrid Raatz (60), Oberhausen