Essen. Sie wollen anders sein als Mario Barth und Co.: Die multikulturelle Truppe „Rebell Comedy“ bringt brisante Themen mit rauem Ton auf die Bühne. Sie lachen über Religion, Sitten und Gebräuche der deutschen und der arabischen Kultur.
„Das Leben eines arabischen Haars ist hart: Irgendwann verlässt es den Kopf und zieht in Richtung Süden“, erklärt Usama Elyas seinem Publikum in den Düsseldorfer Rudas-Studios. Elyas spricht auf der Bühne über seine Erfahrungen als junger Familienvater und seine Kindheit als Sohn saudi-arabischer Eltern in Eschweiler. Die Zuschauer lachen ausgelassen – „Rebell Comedy“ ist in der Stadt.
Als der heute 31-jährige Grafikdesigner Elyas und sein Freund Babak Ghassim im Jahr 2008 merkten, dass sie über die bekannten deutschen Comedy-Formate nicht lachen konnten, entschieden sie sich, selbst eine Show auf die Beine zu stellen. Ihr Projekt sollte anders sein als die Auftritte von Comedy-Größen wie Mario Barth oder Ralf Schmitz – jünger, dynamischer.
Elyas und der Iraner Ghassim wollten ihre Lebenswirklichkeit zum Thema machen, um ihre eigene, multikulturelle Generation anzusprechen. Im Rahmen eines bundesweiten Castings entschieden sich die beiden Söhne zugewanderter Eltern daraufhin für drei Mitstreiter. Gemeinsam mit Benaissa Lamroubal, Puyan Yavari und Choukri Gustmann fanden sie sich zur „Rebell Comedy“ zusammen. Seitdem treten die fünf Künstler mit ihrem Programm in ganz NRW auf.
Thilo Sarrazin liefert Vorlagen
Dabei wollen die jungen Erwachsenen nicht einfach höflich Klischees bedienen. „Kanaken gucken auf Fotos immer grimmig, ist euch das mal aufgefallen?“ ruft Benaissa Lamroubal ins Düsseldorfer Publikum. Der 33-Jährige hat marokkanische Wurzeln und studiert in Köln. Er fordert: „Man darf sich nicht verstecken. Der Ton unserer Shows ist rau, aber so ist es auch im echten Leben.“ Während Politiker und Vertreter religiöser Verbände in Deutschland über das Beschneidungsverbot diskutieren, ziehen die Künstler der „Rebell Comedy“ unbeschwert von Auftritt zu Auftritt.
Sie lachen über Religion, Sitten und Gebräuche der deutschen und der arabischen Kultur. Oft lachen sie auch über sich selbst. „Wer sich verkrampft, verliert“, sagt Usama Elyas. „Im Publikum sitzt ein Türke zwischen einem Deutschen und einem Marokkaner und genau so soll es sein“, findet er. Dabei begreifen sich die jungen Erwachsenen nicht als politisch: „Wir haben keine politische Botschaft, wir wollen unterhalten“, sagt Elyas.
Thilo Sarrazin lieferte der Gruppe neuen Comedy-Stoff, indem er in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ den Untergang des Abendlandes durch die angebliche Islamisierung Deutschlands prophezeite. „Aus dem Buchtitel haben wir eine Show mit dem Namen ‚Deutschland lacht sich schlapp‘ gemacht“, erklärt Elyas. „Wir haben damit genau den Ton getroffen, den viele Jugendliche hören wollten.“ Bis zu vierhundert Zuschauer besuchten ihre Auftritte. Vor zwei Jahren stand Banaissa Lamroubal in Köln auf der Bühne: „Wisst ihr was deutsch ist? Deutsch ist, auf was ich hier gerade blicke“, rief er dem jubelnden Publikum zu.
Zuschauer über 40 haben es schwer
„Rebell Comedy“ ist ein Comedy-Format der neusten Generation: Über das soziale Netzwerk „Facebook“ und eine eigene Internetseite steht die Gruppe in ständigem Kontakt zu 3000 Fans. „Oft tippt schon während unserer Auftritte jemand eine Kritik in sein Handy, die wir dann später im Internet lesen können“, berichtet Lamroubal. Bei ihren Auftritten sind unbekannte Stand-Up-Komiker dabei, aber auch etablierte Künstler: Die Rap-Musiker Curse und Afrob und auch Kabarettist Fatih Cevikkollu traten schon mit ihnen auf.
Ihre Themen sind auf ihr Publikum zugeschnitten, Zuschauer über 40 haben es vermutlich schwer: Es geht um Hip-Hop, Comic-Helden und Videospiele. „Genau das kommt an, weil es anders ist als der Einheitsbrei im Fernsehen“, bilanziert Usama Elyas. Derzeit arbeiten die fünf Künstler an ihrem elften Programm. Im Winter dieses Jahres will die Gruppe auf Deutschland-Tour gehen. Sie haben bereits Anfragen von Fans aus ganz Deutschland bekommen. Elyas: „Es gibt auch in den anderen Bundesländern noch viel künstlerisches Potenzial, dem wir eine Bühne geben wollen.“