Essen. . Lampenfieber kennen nicht nur Schulanfänger: Lehrerin und Lokführer, Sänger und Fußballspieler, Pilot und Anwältin – wir haben sie nach ihrem ersten Arbeitstag gefragt. Und nach Tipps für die Kinder, die nun ihren ersten Schultag haben.

Gleich sind nur die Satzanfänge in diesem Artikel. Am Ende erinnert sich jeder anders an seine persönliche Premiere:

Der Pilot

Ralf Medack (47) aus Bochum wohnt heute in Sundern im Sauerland, wenn er nicht gerade in der Luft ist: „Als Pilot bin ich zum ersten Mal im Sommer 1992 eine Maschine mit Passagieren geflogen. Ich erinnere mich noch, es war ein sehr warmer, schwüler Junitag. Der Flug ging vom Flughafen Köln-Bonn zunächst leer nach Saarbrücken, danach mit Passagieren nach Dresden und abends wieder nach Köln-Bonn zurück.

Ralf Medack, Pilot bei der Deutschen Lufthansa, erinnert sich noch genau an seinen ersten Arbeitstag. Foto: Dirk Bauer, WAZ FotoPool
Ralf Medack, Pilot bei der Deutschen Lufthansa, erinnert sich noch genau an seinen ersten Arbeitstag. Foto: Dirk Bauer, WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Ich befürchtete damals, dass ich im englischsprachigen Funkverkehr vielleicht Probleme haben oder in der Aufregung etwas übersehen könnte, obwohl ich vorher eigentlich alles richtig gelernt hatte.

Gegen die Aufregung habe ich mich auf den Flug gut vorbereitet und mich sehr nett mit meinem damaligen Cockpitkollegen unterhalten und mit dem daraus entstandenen Vertrauen diesen besonderen Tag gut überstanden.

Wenn ich diesen Tag wiederholen könnte, würde ich fliegerisch alles genauso machen, aber mit der heutigen Erfahrung das Ganze natürlich viel entspannter auf mich zukommen lassen.

Es hat mich überrascht, dass in Uniform für die Gäste meine Funktion als Pilot sofort klar war, obwohl ich selbst in der ersten Zeit natürlich schon noch etwas Unterstützung durch erfahrenere Kollegen brauchte.

Ich habe fürs Leben gelernt, dass schwierig aussehende Situationen bei richtig guter Vorbereitung meist in viele kleine lösbare Einzelteile zerlegt werden können.

Meine schönste Erinnerung an meinen ersten Tag war auf jeden Fall die tolle Aussicht auf die vielen Lichter am Boden während des Nachtflugs, und der grandios durch Blitze beleuchtete Gewitterhimmel auf dem Weg zurück nach Köln-Bonn.

Mein Tipp an die Schulanfänger: Freut Euch darauf, viele neue Freunde kennenzulernen und Interessantes über unsere Welt zu erfahren! Lasst Euch von Eltern, Lehrern und Freunden helfen, denn dafür sind die da! Viel Spaß und Erfolg!“

Der Lokführer

Frank Müller (44) aus Moers, Lokführer bei der Bahn, der heute Güterzüge zwischen Rotterdam und dem Ruhrgebiet koordiniert: „An meinem ersten Tag nach der Ausbildung 1989 habe ich mit einer Diesellok V60 im Rangierdienst am Duisburger Hauptbahnhof gearbeitet.

Ich befürchtete, dass einiges schiefgeht, ich den Weichenwärter über Funk nicht verstehen oder falsch verstehen würde, dass ich nach Gleis 53 kommen soll, ich aber Gleis 58 höre. Schon damals gab es bei der Bahn einen ziemlich straffen Zeitplan.

Frank Müller wollte schon als Kind Lokführer werden. Foto: privat
Frank Müller wollte schon als Kind Lokführer werden. Foto: privat © privat

Gegen die Aufregung habe ich eine Stunde eher meinen Dienst begonnen, damit ich auch ja nichts vergesse. Bevor man mit einer Lok fährt, muss man erst alles kontrollieren, Hähne aufdrehen, den Ölstand prüfen, das ist wie eine kleine Inspektion. Man weiß ja, dass man es kann, aber Lampenfieber hatte ich trotzdem.

Wenn ich diesen Tag wiederholen könnte, würde ich nichts anders machen.

Es hat mich überrascht, dass alles so gut lief. Ich kannte die Rangierleiter und es gab keinerlei Störungen.

Ich habe fürs Leben gelernt, dass eine gute Vorbereitung eine Garantie für Erfolg ist.

Meine schönste Erinnerung an meinen ersten Tag, war das herrliche Wetter, blauer Himmel, Sonne. Ich hatte gute Laune, habe meine Butterbrote in den kleinen Kühlschrank der Lok gelegt – und dann ging es los.

Mein Tipp für die Schulanfänger: Immer am Ball bleiben! Ohne die Schulzeit kann man später auch nicht in seinem Traumberuf arbeiten.“

Die Anwältin

Leonie Schwarzmeier (28) von der Kanzlei „Heuking Kühn Lüer Wojtek“ aus Düsseldorf: „Mein erster Tag als Anwältin vor Gericht war im Herbst 2011 in einem Bauprozess.

Ich befürchtete, dass ich trotz meiner gewissenhaften und gründlichen Vorbereitung irgendetwas übersehen haben könnte, was relevant für einen guten Ausgang im Sinne meines Mandanten gewesen wäre.

Leonie Schwarzmeier bereitete sich gewissenhaft auf ihren ersten Tag vor Gericht vor. Die Anwältin las immer wieder die Akte, dass sie diese fast auswendig kannte.
Leonie Schwarzmeier bereitete sich gewissenhaft auf ihren ersten Tag vor Gericht vor. Die Anwältin las immer wieder die Akte, dass sie diese fast auswendig kannte. © Kanzlei

Gegen die Aufregung habe ich mich sehr gut auf den Termin vorbereitet. Ich habe mir die Fragen, die ich an die Zeugen stellen wollte, genau überlegt und eine Taktik konzipiert, wie ich diese aus der Reserve locken könnte. Die Akte habe ich so oft gelesen, dass ich sie fast auswendig konnte.

Wenn ich diesen Tag wiederholen könnte, würde ich entspannter in den Termin gehen, weil ich jetzt weiß, dass der Richter niemanden auffrisst.

Es hat mich überrascht, dass die Stimmung vor Gericht weniger steif ist, als erwartet.

Ich habe fürs Leben gelernt, dass man sich durch nichts und niemand aus der Ruhe bringen lassen darf und man alles schaffen kann, wenn man an sich glaubt!

Meine schönste Erinnerung an meinen ersten Tag, war das Gefühl, für meinen Mandanten alles gegeben, gekämpft und gewonnen zu haben.

Mein Tipp für die Kinder, die am Donnerstag ihren ersten Schultag haben: Glaubt ganz fest an Euch, der Rest kommt (fast) ganz von allein!“

Der Fußballspieler

Sebastian Kehl (32): „Mein erster Tag als Profi bei Borussia Dortmund war im Januar 2002.

Ich befürchtete, dass ich erst mal ziemlich aufgeregt sein würde angesichts all der Weltstars, die 2002 in der BVB-Mannschaft spielten. Und dass ich keinen geraden Pass an den Mann bekommen würde.

Sebastian Kehl fand die Schulzeit spannend. Leider ging sie viel zu schnell vorbei. Foto: Getty
Sebastian Kehl fand die Schulzeit spannend. Leider ging sie viel zu schnell vorbei. Foto: Getty © Bongarts/Getty Images

Gegen die Aufregung habe ich versucht, wenig darüber nachzudenken und mich nur auf mich zu konzentrieren. Es hat gut geklappt.

Wenn ich diesen Tag wiederholen könnte, würde ich nichts anders machen.

Es hat mich überrascht, dass die Jungs alle so freundlich und offen waren. Sie haben mich vom ersten Tag an sehr gut aufgenommen.

Ich habe fürs Leben gelernt, dass harte Arbeit und Leistung am Ende immer belohnt werden.

Meine schönste Erinnerung an meinen ersten Tag, waren die tollen Fans, die so zahlreich am Trainingsgelände erschienen waren und mich freundlich begrüßt haben.

Mein Tipp für die Kinder, die nun ihren ersten Schultag haben: Freut euch auf eine neue, spannende Zeit, nehmt so viel auf wie nur möglich und versucht die Zeit zu genießen, denn sie geht dann doch sehr schnell vorbei. Übrigens: Mein Sohn Luis kommt jetzt auch in die Schule, und er freut sich riesig!!!“

Die Lehrerin

Michaela Grefen (43) aus Essen-Haarzopf, Grundschullehrerin und Inhaberin eines mobilen Schulmuseums. „Mein erster Tag als Grundschullehrerin nach dem Referendariat war im Spätsommer 1998 an der Johann-Hinrich-Wichern-Schule in Krefeld. Auch heute arbeite ich noch an dieser Schule, die inzwischen „Schönwasserschule“ heißt.

Ich befürchtete, dass die Kinder womöglich viel zu aufgeregt wären, um sich auf eine erste „Schulstunde“ einlassen zu können. Dann hätten wir vielleicht gar nicht machen können, was ich mir so gründlich für sie überlegt hatte, und sie wären enttäuscht nach Hause gegangen.

Michaela Grefen sammelt Schulmöbel aus vergangenen Tagen. Auch diese Schultüte ist ein historisches Stück. Foto: Alexandra Umbach / WAZ FotoPool
Michaela Grefen sammelt Schulmöbel aus vergangenen Tagen. Auch diese Schultüte ist ein historisches Stück. Foto: Alexandra Umbach / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Gegen meine Aufregung habe ich mir meine Vorfreude in Erinnerung gerufen. Ich beobachtete die Kinder bei der Einschulungsfeier, sah ihre fröhlichen, teils auch etwas schüchtern blickenden Gesichter und schaute in ihre leuchtenden Augen. So gewann meine Vorfreude die Überhand.

Wenn ich diesen Tag wiederholen könnte, wäre ich wohl nicht mehr ganz so aufgeregt.

Es hat mich überrascht, dass sich einige Kinder an ihrem ersten Tag so verhielten, als wären sie schon länger in der Schule. Sie meldeten sich, erzählten frei, bearbeiteten ihre Aufgabe mucksmäuschenstill und kamen nach der Stunde noch zu mir, um mir kleine Wichtigkeiten aus ihrem Leben zu berichten.

Ich habe fürs Leben gelernt, dass eine positive Herangehensweise entscheidend ist.

Eine meiner schönsten Erinnerungen an meinen ersten Tag ist, dass ein Mädchen, das zunächst sehr schüchtern war und geweint hat, nach der Stunde an meiner Hand die Schulhaustreppe herunterging und ihrer Mutter freudestrahlend mitteilte, es wäre schön gewesen.

Mein Tipp für die Schulanfänger: Genießt diesen Tag! Merkt euch all das, was euch erfreut und behaltet es in eurem Herzen. Und so tut es eure ganze Schulzeit über. Dann macht euch Schule hoffentlich Spaß und ihr lernt für euer Leben.“

Der Musiker

Kris (34), Gitarrist bei Revolverheld, derzeit auf Tour mit seinem Solo-Album „Immer wenn ich das hier hör’“ und der Single „Diese Tage“: „Mein erster Tag, als ich solo als Sänger auf der Bühne stand, war in der Silvesternacht im Restaurant von Tim Mälzer.

Ich befürchtete, dass ich meinen Text vergesse und die Leute alles andere als begeistert sein würden. Es gibt nichts Schlimmeres als spürbares Desinteresse des Publikums, weil es beispielsweise die Ansagen langweilig findet. Das sind Ängste, die hier und da hochkommen. Aber man schafft es eigentlich trotzdem immer.

Kris, Sänger und Gittarist bei Revolverheld, befürchtete, während seines ersten Solo-Auftritts seinen Text zu vergessen. Foto: Thomas Leidig
Kris, Sänger und Gittarist bei Revolverheld, befürchtete, während seines ersten Solo-Auftritts seinen Text zu vergessen. Foto: Thomas Leidig © Thomas Leidig

Gegen die Aufregung habe ich leider bis heute kein Mittel gefunden. Gerade wenn man etwas Neues beginnt, sich in seiner Rolle noch unsicher ist. Ich versuche das immer gekonnt zu überspielen, ziehe mich vor dem Gig noch etwas zurück. Verdrängung und Routine helfen wohl am meisten.

Wenn ich diesen Tag wiederholen könnte, dann würde ich sicher darauf achten, alles noch mehr zu genießen, noch bewusster zu durchleben. Bei manchen großen Gigs bekommt man so einen Tunnelblick, dass man viele Details schon kurz nach dem Auftritt nicht mehr weiß. Oft kommen mir erst später bei Videoaufnahmen wieder manche Situationen in den Kopf.

Es hat mich überrascht, dass die Songs, obwohl die Leute nichts davon kannten, super angekommen sind.

Ich habe fürs Leben gelernt, dass wenn man sich ein hohes Ziel setzt, hart daran arbeitet und an sich glaubt, dieses auch erreichen kann.

Meine schönste Erinnerung an meinen ersten Tag als Solokünstler war der Moment nach dem Auftritt, als ich realisiert habe, dass es wirklich gut gelaufen ist.

Mein Tipp für die Schulanfänger: Genießt es und habt Spaß, die Schulzeit ist eine der schönsten Zeiten im Leben.“