Boston. . Die Jahrzehnte sind am Sound der Bostoner scheinbar spurlos vorbeigezogen – wenn auch nicht an ihren Gesichtern. Für das neue Album „Move Like This“ haben die Musiker sich noch einmal zusammengerauft.

Die Cars geben noch mal Gas: 23 Jahre nachdem sie sich abgemeldet hatten, traut sich die Band aus Boston mit „Move Like This“ wieder auf die Bahn – und es klingt, als ob die Jahrzehnte an diesen Oldtimern des New-Wave-Pop spurlos vorbeigerauscht wären. Nötig hätten sie das nicht, sagt Ric Ocasek, Sänger und Songschreiber der Band, der als Produzent, Maler und Fotograf ganz gut ausgelastet ist.

„Eigentlich wollten wir unser Album nur ins Netz stellen – ohne Tamtam. Wir wollten uns nicht dem Druck aussetzen, eine CD zu promoten und eine Tour zu spielen, um abzukassieren. Versteh mich richtig: Wir versuchen nicht, das Geldverdienen zu vermeiden. Aber dies ist keine Greatest-Hits-Abzocker-Reunion“, sagt der heute 62-Jährige.

Im Streit auseinander gebrochen

Im Gegenteil: Als er genügend Songs für ein neues Album beisammen hatte, überlegte er, wie er es am besten umsetzen könnte, ohne sich dabei zu langweilen. Und dann fiel ihm etwas absolut Unwahrscheinliches ein: „Ich dachte, das Allerletzte, was ich jetzt tun würde, wäre, ein Cars-Album zu machen. Dann dachte ich, dass die alten Jungs am ehesten verstehen, wo ich mit meiner Musik hin will. Also habe ich sie angerufen.“

Die Cars waren 1988 im Streit auseinander gebrochen. Und nach dem Tod des zweiten Sängers Benjamin Orr im Jahr 2000 schien es so gut wie unmöglich, dass die anderen ohne ihn wieder zusammenfinden würden. Dabei hatten die Cars mit „Drive“ oder „Hello Again“ Welthits.

Über den eigenen Schatten gesprungen

„Ich habe natürlich gemerkt, dass Ben bei den Aufnahmen fehlte. Besonders, weil ich alles alleine singen musste“, sagt Ocasek und ringt sich ein Lachen über den etwas makaberen Witz ab.

Was die anderen Musiker angeht, die zwischenzeitlich vergeblich versuchten, sich als „The New Cars“ selbstständig zu machen, was abermals für böses Blut sorgte, ist Ocasek über den eigenen Schatten gesprungen: „Ich sagte: Lass die Vergangenheit ruhen. Das sind die Leute, die unseren Sound erschaffen haben – und wenn die richtigen Elemente beisammen sind, wird es wieder richtig klingen. Wenn auch ein bisschen moderner.“

Viel Müll im Netz

Und so ist ein zeitgemäßer, waviger Rock’n’Roll mit Synthie-Verstärkung entstanden, durch den sich der hünenhafte Ocasek wie in den besten Jahren näselt – und manchmal dabei schmachtet, etwa beim Song „Soon“. Ein Sound, der sicherlich keinen alten Cars-Fan enttäuschen wird. Und junge Hörer werden sich höchstens davon abschrecken lassen, dass sich eine doch beachtliche Menge Falten in die Gesichter des Quartetts eingefräst hat.

„Move Like This“ ist auch ein Dokument dafür, dass ein paar Musiker sich in die Jugend zurücksehnen und ein bisschen mit der Gegenwart hadern. Und mit der heutigen Medienwelt, wie es im „Sad Song“ formuliert wird. „Wir wurden in den letzten zehn Jahren durch die Entwicklungen im Netz von allen Seiten bombardiert. Jeder meint, er hätte etwas zu sagen, aber das meiste ist Müll. Man muss schon sorgsam herausfischen, was wirklich etwas bedeutet. Dabei verschwendet man eine Menge Zeit – und die habe ich einfach nicht mehr“, sagt Ocasek und lacht schon wieder.

  • The Cars „Move Like This“ (Hear Music/Universal)