Essen. Wie reagieren Eltern, wenn Kinder kneifen oder beißen? Es gibt Mütter und Väter, die lassen die Kinder den Schmerz spüren. Was ein Experte rät.
„Zurückkneifen hat Wunder bewirkt“, schreibt Denise. „Zurückbeißen, natürlich ganz vorsichtig, auch“, ergänzt Birgit. Dafür bekommen sie auf Facebook mehrere „Daumen hoch“. Doch wie sieht das Erziehungsexperte Martin Verfürth aus Essen? Sollten Eltern den Kindern, die sie beißen, zeigen, wie weh das tut?
Als „sinnlos“ bezeichnet der Pädagoge das Verhalten. „Das Kind wird sich zwar für kurze Zeit merken, dass das Beißen wehtut, aber nach einiger Zeit wird es das wieder vergessen“, betont der Mitarbeiter bei „Familien-Raum“, einer Beratungsstelle der Diakonie in Essen-Borbeck. Wie bereits in dem Beitrag zum Leseraufruf beschrieben, speichern Kinder Regeln, wenn Eltern sie ständig wiederholen. „Insofern müssten die Eltern ihr Kind immer wieder beißen“, so der 58-Jährige. Doch was hängen bleibt, ist der Vertrauensverlust. „Denn das Kind erlebt einen der Menschen, der ihm am nächsten steht, als Aggressor.“ Das kann wie die Schläge früher in der Erziehung das Verhältnis zwischen Kind und Eltern belasten.
Eltern verbieten etwas, was sie selbst tun
Zudem erfährt das Mädchen oder der Junge „eine widersprüchliche Botschaft“: Mutter und Vater sagen, dass das Beißen nicht in Ordnung ist, tun es aber selber. Was ist nun richtig? Womöglich lernt das Kind durch den Schmerz am eigenen Leib, wie man jemand anderes schadet, wenn man auf ihn wütend ist. Das Beißen der Eltern könne somit das Beißen des Kindes noch verstärken.
Dabei machen das Mädchen und Jungen anfangs ohne böse Absicht. Kleinen Kindern fehlen die Worte, um ihr Unbehagen, ihre Gefühle anders auszudrücken. Daher beißen oder kneifen sie. Verfürth rät, das beißende Kind leicht vom eigenen Körper wegzuhalten. Wenn es doch passiert, sollte man deutlich sagen, dass es nicht beißen soll. Dabei keine langen Monologe halten, so Verfürth, die verstehen kleine Kinder nicht. Sondern bis zum Schulalter stets kurz und knapp verneinen. „Immer unter dem Blickwinkel: Das Gefühl ist in Ordnung, das Verhalten ein No-Go.“
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