Köln/Dresden/Palma. Zu Ostern daheim? Große Gotteshäuser bieten viel Virtuelles. Wie wär’s mit dem Kölner Dom, der Frauenkirche - und der Kathedrale von Palma?

Geh ich oder geh ich nicht? Das ist für viele Christen an diesem Osterfest die Gretchenfrage, die sich angesichts von Gottesdiensten im Lockdown und der steigenden Infektionszahlen stellt. Im Vorjahr war es hart für die aktiven Gläubigen, aber die Gewissensentscheidung stellte sich nicht, denn in der ersten Welle (bei im Vergleich zu heute niedrigerer Infektionsgefahr) verzichteten die Kirchen freiwillig auf Präsenz-Ostergottesdienste. Dieses Jahr wird’s schwieriger: Vielerorts wird das höchste Christenfest trotzdem beim Gottesdienst nach Hygieneverordnung gefeiert – und man mag aus Gesundheitsgründen hoffen, dass viele dennoch zu Hause bleiben. Oder besser: Virtuell zuschauen, was im vergangenen Jahr ja oft schon gut funktioniert hat.

Wir haben uns für Sie nach zweieinhalb überwältigenden Alternativen zu einem wahrhaftigen Kirchbesuch zu Ostern umgeschaut – und sogar auf den Gottesdienst müssen Sie dabei nicht verzichten, der wird gleich mitgestreamt…

Mer losse d’r Dom en Kölle

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Der Kölner Dom ist nicht ohne Grund eine der berühmtesten Kathedralen der Welt, aber dass er einen seiner durchaus würdigen 360-Grad-Rundgang zu bieten hat, das wissen bei weitem nicht alle. Zu verdanken hat er es einer glücklichen Allianz in der Heiligen Stadt Köln: Der WDR hat sich mit seinem 360-Grad-Projekt des Gotteshauses angenommen – und es so atemberaubend eingefangen, dass er damit gleich den Grimme-Online-Award 2017 errang. „Der Kölner Dom ist ja nicht nur ein herausragendes kirchliches Gebäude, sondern auch Weltkulturerbe und der touristische Magnet in NRW schlechthin. Mit dem Auftauchen von bezahlbaren VR-Brillen vor einigen Jahren entstand die Idee in einem der WDR-Teams, die sich mit Innovationen beschäftigen“, sagt Stefan Domke (49), der damals an der Realisation beteiligt war. Zwar funktioniert die Technik auch heute noch mit der Kombination mancher Smartphones und Brillen per App, aber da das Projekt schon einige Jahre zurückliegt, ist es nicht mit allen Phones und Systemen kompatibel… Die perfekte Illusion mit Brille (u.a. Samsung Gear VR, Google Dreamwave und HTC Vive) und App ist also nicht mit jeder Hardware möglich, aber in jedem modernen PC/Mac mit Internet Browser lässt sich die Pracht vom Dreikönigsaltar bis zur Orgel live erleben – und hier funktionieren auch die VR-Brillen.

Gefährliche Arbeit: Die Kameraleute zu Beginn der schwindelerregenden Orgelfahrt durch den Dom...
Gefährliche Arbeit: Die Kameraleute zu Beginn der schwindelerregenden Orgelfahrt durch den Dom... © WDR/Imago | Handout

Die Aufnahmen fanden unter recht kuriosen Bedingungen statt, denn der Kölner Dom ist in normalen Zeiten ja praktisch an jedem Tag von 6 Uhr morgens bis 20 Uhr abends geöffnet. „Es gibt im ganzen Jahr nur eine Handvoll Tage, an denen der Dom komplett geschlossen ist – zum Beispiel zur Karnevalszeit. Deshalb haben wir damals am 11.11. nicht gefeiert, sondern im Kölner Dom produziert“, erinnert sich Domke an das erhebende Gefühl, die große Kathedrale einmal menschenleer zu erleben. Und es hatte einen Hauch von Abenteuer, etwa beim virtuellen Orgelflug: „Wir haben in circa 20 bis 25 Meter Höhe ein Seil einmal quer durchs Langschiff des Doms gespannt und dann ganz langsam, während der Organist spielte, begleitend zur Musik die Kamera durch den Dom gefahren“, berichtet Domke begeistert. Dies ist in der App einer der Höhepunkte, auch im Browser steht ein 40-sekündiges, schwindelerregendes 360-Grad-Video dazu zur Verfügung.

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Und wem das an Eintauchen in die virtuelle Realität noch nicht reicht: Wer sich in seiner Familie gern dem Gaming hingibt, kann auf der Plattform „Steam“ den Dom virtuell begehen – Photogrammetrie nennt sich das. „Das ist eines der Highlights des damaligen Projekts gewesen: Ich habe die Brille auf und kann mich Meter für Meter durch diese 360-Grad-Umgebung im wahrsten Sinne des Wortes in Bewegung setzen. Vorausgesetzt, mein Wohnzimmer ist groß genug.“

Ein Blick in die Frauenkirche

Natürlich ist der Kölner Dom nicht die einzige prächtige Kirche in Deutschland, die sich virtuell erkunden lässt: Die Dresdener Frauenkirche begann schon 2014 damit, ihr Inneres dreidimensional aufnehmen zu lassen – und seitdem gibt es den virtuellen Rundgang, der sogar mit der Sitzplatz-Vorschau verbunden ist. Was heißt: Wer ein Konzert in der Frauenkirche besuchen möchte, kann live die Sicht von seinem Platz erleben.

Hell und erhebend: Ein Schnappschuss aus dem 360-Grad-Rundgang durch die Dresdener Frauenkirche.
Hell und erhebend: Ein Schnappschuss aus dem 360-Grad-Rundgang durch die Dresdener Frauenkirche. © Torsten Hemke | Torsten Hemke

Einen der schönsten Anblicke jedoch findet man, wenn man himmelwärts schaut: „Ich finde es immer wieder faszinierend, wenn man den Blick virtuell nach oben in die Innenkuppel richtet und sich dort die Ausmalungen anschauen kann – mit den vier Evangelisten, den drei christlichen Tugenden Glaube-Liebe-Hoffnung ergänzt um die Barmherzigkeit. Das ist schon ein besonderer Ort“, sagt Grit Jandura (45), Referentin für Medien und Digitales an der Frauenkirche. Aber sie begeistert sich auch für das Nagelkreuz, das dort zu sehen ist – und von jeder Seite prächtig mit natürlichem Licht beschienen wird.

Apropos Licht: Im Gegensatz zum altehrwürdigen Kölner Dom ist die Frauenkirche geradezu strahlend. „Ich finde, dass dieser Rundgang, den Kirchenraum in Farbigkeit und Helligkeit sehr gut wiedergibt“, sagt Jandura. Besonderes Gimmick: Wer unten rechts auf das Miniatur-Bild klickt, der kann die künstliche Beleuchtung ein- und ausschalten.

Und eine weitere Besonderheit in der Frauenkirche: Für die Orgel gibt es einen eigenen 3D-Rundgang, der allen einen noch detaillierteren Blick auf das Instrument ermöglicht – bei dem man übrigens auch Pate für eine der Orgelpfeifen werden kann…

Der Himmel überm 17. Bundesland

Mallorca, wie es viele noch nie gesehen haben: Ein Blick in die Kathedrale von Palma.  
Mallorca, wie es viele noch nie gesehen haben: Ein Blick in die Kathedrale von Palma.   © 360cities/andy bryant | 360cities/andy bryant

Ostern wäre also virtuell gerettet, aber es fehlt ja noch der letzte, halbe Tipp. Und den haben wir für jene, die jetzt gern im 17. Bundesland, sprich: auf Malle, wären. Und stattdessen vernünftigerweise den Eimer Sangria auf Balkonien ausnuckeln. Auch sie können ihren geistlichen Bedürfnissen huldigen: Zur Kathedrale von Mallorca gibt es ebenfalls einen 360-Grad-Rundgang (nur von außen, was gut ist, wenn man schon Alkohol im Blut hat) und den interaktiven, reich bebilderten Audioguide (4 €, läuft auf jedem Handy). ¡Feliz Pascua!

>>> Hier geht’s zu den Rundgängen und Messen

Köln:dom360.wdr.de,

koelner-dom.de/erleben/rundgang-durch-denkoelner-dom

Dresden:panoramen.frauenkirche-dresden.de/rundgang; panoramen.frauenkirche-dresden.de/orgel; Ostergottesdienst: frauenkirche-dresden.de/gd-ostersonntag/

Mallorca:de.360tourist.net/sehenswuerdigkeiten-in-islas%20baleares/kathedrale-der-heiligen-maria-le-seu-palma-virtuelle-tour-mallorca-spanien; catedraldemallorca.org