Duisburg. Corona-Not macht erfinderisch: Das Duisburger Unternehmen Nemos baut die Lebensretter aus einem Staubsauger, einem Wasserbehälter und Schläuchen.

Eigentlich entwickelt das Start-up Nemos aus Duisburg ein Meereswellenkraftwerk. Ihr Wissen über Strömungstechnik, Hydraulik und den Einsatz von Druckluft haben sich die Ingenieure nun zunutze gemacht, um in der Krise zu helfen. Sie haben ein sehr einfach zu bauendes Beatmungsgerät konstruiert und stellen die Baupläne gratis zur Verfügung. Damit reagieren sie auf den gesteigerten Bedarf im Zuge der Corona-Pandemie – gerade Entwicklungsländer könnten davon profitieren.

Bestandteile aus dem Baumarkt

„Wir haben vor einigen Wochen mitbekommen, dass es bei Beatmungsgeräten zu Engpässen kommen könnte“, sagt Ingenieur und Nemos-Geschäftsführer Jan Peckolt: „Und dann haben wir überlegt, was man dagegen unternehmen kann.“ So entstand die Idee für ein Beatmungsgerät, das kleine Betriebe aus Dingen aus dem Baumarkt herstellen können. Ein Gebläse wie bei einem Staubsauger oder Laubbläser, Kunststoffschläuche und ein Wasserbehälter für den Druck sind dazu nötig. Lediglich eine Komponente, ein Maskenanschluss, muss mit einem 3D-Drucker produziert werden. Er regelt den Druck beim Ausatmen und ist laut Peckolt unverzichtbar. „3D-Drucker sind mittlerweile sehr weit verbreitet“, sagt der Nemos-Geschäftsführer. Es gibt Online-Anbieter, die 3D-Druck auf Bestellung anbieten. Auch viele Firmen sowie Privatleute besitzen ein Gerät. „Die Kapazitäten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, und es handelt sich nur um sehr kleine Bauteile, die sich schnell produzieren lassen“, so der Ingenieur. Damit dürfte es an Komponenten auch nicht bei Firmen mangeln, die keinen eigenen 3D-Drucker besitzen.

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Atemluft für 30 bis 50 Patienten

Zurück zum Beatmungsgerät der Marke Eigenbau. Nemos spricht von einem einfachen Funktionsprinzip: „In einem zentralen Pumpsystem wird Druck erzeugt und die Zuluft mit Sauerstoff angereichert und befeuchtet“, wie es auf der Website vom Projekt heißt. Über ein Schlauchsystem gelangt dann die Atemluft an die Masken von etwa 30 bis 50 Patienten, wo Druck und Sauerstoffkonzentration nochmals individuell regelbar sind. Eine Wassersäule erzeugt hier den notwendigen Gegendruck auf sehr einfache Weise. Dies ist eine medizinisch erprobte Vorgehensweise der Druckregulierung. Anschließend wird die Luft durch Filter abgeleitet, um Ärzte und Pfleger vor einer Ansteckung durch Aerosole zu schützen und die gegenseitige Ansteckung der Patienten, auch mit anderen Erregern, zu reduzieren.

Die Beatmungsgeräte sollen nicht nur Menschen in Deutschland helfen, sondern auch in Schwellen- und Entwicklungsländern zum Einsatz kommen, wo es wenig spezialisierte Medizintechnik-Unternehmen gibt.
Die Beatmungsgeräte sollen nicht nur Menschen in Deutschland helfen, sondern auch in Schwellen- und Entwicklungsländern zum Einsatz kommen, wo es wenig spezialisierte Medizintechnik-Unternehmen gibt. © Privat

Erfahrungen aus China und Italien

Das System baut auf Erfahrungen aus China und Italien auf. Es wurde hier nur von wenigen Fällen berichtet, wo tatsächlich eine invasive Behandlung notwendig war. Bei 83 Prozent der Patienten in Wuhan hätte etwa das Beatmungsgerät von Nemos zum Einsatz kommen können, da hier eine nicht-invasive Beatmung zum Einsatz kam. Das geht aus einem Artikel in der renommierten Medizin-Zeitschrift „The Lancet“ hervor.

Die Baupläne für das Beatmungsgerät stellt Nemos übrigens kostenlos zur Verfügung. „Wir sehen es nicht als Geschäft, sondern als gemeinnützige Initiative, um etwas zur Bewältigung der Krise beizutragen“, sagt Jan Peckolt. Die Entwicklungskosten werden von der Hamburger Stiftung Chancengleichheit getragen, die das Unternehmerehepaar Monika Kuck und Klaus-Detlef Wulf ins Leben gerufen hat. Beide sind auch Gesellschafter der Firma Nemos. Mitarbeiter des Städtischen Klinikums in Kiel und niedergelassene Ärzte aus Duisburg waren ebenfalls an dem Projekt beteiligt und unterstützten die Ingenieure mit ihrem medizinischen Fachwissen.

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Tests liefen erfolgreich

Ein Testgerät steht aktuell im Duisburger Technologiezentrum, wo das Start-up seinen Sitz hat. Dort fanden bislang nur Tests mit gesunden Personen statt, die aber laut Peckolt alle erfolgreich verliefen.

Produktion ohne Hilfe

Zurzeit ist auch ein Heizungsbau-Betrieb dabei, das Beatmungsgerät nachzubauen, um zu prüfen, ob die Produktion ohne Hilfe funktioniert. Für Nemos ist gerade dieser Aspekt wichtig. „Unser Beatmungsgerät soll nicht nur Menschen hier in Deutschland helfen, sondern auch in Schwellen- und Entwicklungsländern zum Einsatz kommen, wo es wenig spezialisierte Medizintechnik-Unternehmen gibt.“

Jan Peckolt, Gründer einer Start-Up-Firma in Duisburg im jahr 2014. Sein Ursprungsprojekt: Energie aus der Bewegung von Meereswellen zu erzeugen.
Jan Peckolt, Gründer einer Start-Up-Firma in Duisburg im jahr 2014. Sein Ursprungsprojekt: Energie aus der Bewegung von Meereswellen zu erzeugen. © FFS | MATTHIAS GRABEN

Baupläne im Netz

Informationen rund um das
Projekt
sind auf der Website
www.breathing-aid.org zu finden. Dort ist es auch möglich, sich detaillierte Baupläne für das Beatmungsgerät anzusehen.

Mit einem einfachen Zugriff soll es dann möglich sein, das Beatmungsgerät quasi im Do-It-Yourself-Prinzip herstellen zu können.

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