Duisburg. Ein sicherer Hafen für Freunde der Flüsse: Im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg-Ruhrort bleibt niemand lange eine Landratte.

Hisst die Segel! Schleppt die Kähne! Immer schön im Fluss bleiben! Und nicht vom Beckenrand springen! Wenn man erst noch einen Ort suchen müsste für ein Museum der Deutschen Binnenschifffahrt – es ließe sich stromauf, stromab kein besserer finden. Eine kaiserliche Badeanstalt, bei deren Eröffnung 1910 die Jungs noch Matrosenanzüge trugen und unter den hohen Gewölbedecken freudig darauf warteten, dass bald endlich das Wasser eingelassen würde. Dort gelegen, wo die Ruhr in den Rhein fließt – der größte Binnenhafen Europas gleich in der Nachbarschaft. Duisburg ist „Binnenschifffahrt“, dieses Wortungetüm mit den drei aufeinander folgenden „f“, das hierzulande auf gut 9600 Kilometern befahrbarer Wasserwege betrieben wird und einen erklecklichen Teil des Güterverkehrs schultert.

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Und natürlich braucht es ein Prunkstück wie die „Goede Verwachting“ („Gute Hoffnung“), ein friesisches Binnenschiff mit Seitenschwertern, Mast und Segel, um gleich in die Thematik einzuführen. Es ist fast so alt wie die Badeanstalt selbst – und damit noch ein echter Youngtimer, denn gleich nebenan liegen die Überreste eines 15 Meter langen Einbaums, der ungefähr auf das Jahr 382 vor Christus datiert, ob’s fünf Jahre mehr oder weniger waren, lässt sich heute nicht mehr sagen.

An der Meidericher Schleuse hakt es gerade ein wenig

Das Binnenschiff „Goede Verwachting“ (Gute Hoffnung) ankert im Herrenbecken.
Das Binnenschiff „Goede Verwachting“ (Gute Hoffnung) ankert im Herrenbecken. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

„Binnenschiffahrt“, das klingt ja zunächst mal nicht so spannend, doch im Museum trifft man auf die Modelle von Wikingerschiffen, auf historische Taucheranzüge, die aussehen wie aus Käpt’n Nemos Zeiten, und auf die Überreste eines echten gesunkenen Schleppkahns.

Bernhard Weber ist als Direktor des Museums zwar mittlerweile in Ruhestand, aber trotzdem fast jeden Tag noch vor Ort und kennt jeden Winkel des Museums wie seine Westentasche. Tatsächlich jeden Winkel? Gerade will der Simulator, der originalgetreu die Vorgänge an der Schleuse Meiderich abbildet, nicht so wie der Experte. Dafür kann er anschaulich erklären, wie die Schiffsplanken früher über heißem Wasser zurechtgebogen wurden: „Das ist wie mit dem Kochlöffel, den ich beim Spaghettikochen zwischen Wasser und Deckel lege. Den kann man hinterher auch biegen.“

Was macht Romy Schneider im Rettungsring?

Ein echter Blickfang ist auch die Sammlung von Schiffspostkarten, die von der Französin Dorothée Bouchard stammt: Hunderte verschiedene Motive, darunter Romy Schneider im Rettungsring oder unzählige Schiffsmotive.

Zwar ist es immer besser, die kundigen und gewitzten Führungen durchs Museum zu nehmen, aber wenn man dazu keine Gelegenheit hat: Für 2 Euro gibt es die Smartphone-Führung, bei der man nichts weiter tun muss, als sich den WLAN-Zugangscode des Museums geben zu lassen. Dafür bekommt man eine Breitseite an Informationen. Und wer den Aufpreis scheut: Am Donnerstag ist bei den Binnenschiffern „Pay what you want“, da darf man den Eintrittspreis an den eigenen Geldbeutel anpassen. Wer jetzt noch nicht ruft: „Volle Fahrt voraus!“, der wird immer eine Landratte bleiben.

>>> Das liebste Ausstellungsstück: Das Treidelschifffahrts-Diorama

Ein kleines Segelschiff, das auf dem Fluss fährt, zeigt das Diorama. Auch diese Schiffe mussten oft flussaufwärts getreidelt werden.
Ein kleines Segelschiff, das auf dem Fluss fährt, zeigt das Diorama. Auch diese Schiffe mussten oft flussaufwärts getreidelt werden. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Ohne den Enthusiasmus der privaten Modellbauer wär das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt nur halb so anschaulich: „Manche Modellbauer haben im Laufe ihres Lebens so viel gebaut, dass ihnen schlicht der Platz ausgegangen ist. Spätestens wenn die Modelle dann sogar ins Schlafzimmer kommen, protestiert die Ehefrau“, sagt Bernhard Weber und lacht. Das Diorama zur Treidelschifffahrt gehört zu seinen Lieblingsstücken. Es zeigt anschaulich, dass die Schiffe bis Mitte des 19. Jh. oft getreidelt, also von Pferden flussaufwärts gezogen werden mussten. Das galt für Segelschiffe, wenn der Wind ungünstig stand. Andere Treidelschiffe hatten ihren Mast nur, damit man sie derart ziehen konnte.

Museum der Deutschen Binnenschifffahrt, Apostelstraße 84, Duisburg, 0203/808890, binnenschifffahrtsmuseum.de. Sonderausstellung „Über Wasser Unter“ ab Sonntag, 10. November, 11 Uhr . Sie zeigt bis 23. Februar 2020 Bilder und Skulpturen von Ingrid Handzlik, Marayle Küpper und Wilfried Weiß. Am 7. u. 8. Dezember Nikolausmarkt „Kunst & Design“, 14-18 Uhr.