Marl. Er ist das frische Gesicht des altehrwürdigen Grimme-Preises, hat einen Podcast bei 1Live und moderiert mit der Maus: Fritz Schaefer, 22 Jahre.
Er ist das frische Gesicht des altehrwürdigen Grimme-Preises: Fritz Schaefer, mit 22 Jahren jüngstes Mitglied der Jury der renommierten TV-Auszeichnung. Um diese erstaunliche Ehre zu verstehen, muss man etwas zurückspulen im Leben des gebürtigen Dorsteners.
Fritz Schaefer hat schon mit 15 Jahren sein erstes Hörspiel geschrieben und professionell produziert. Die „Pommes-Soko“ mit sieben selbst ausgedachten Episoden ist sein Baby. Unterstützt hat ihn dabei die erstaunlich zahlreiche Prominenz seiner Heimatstadt. Angefangen mit Schauspieler Norbert Heisterkamp („Alles Atze“): Dessen Frau ging mit Fritz’ Mutter zur Schule, der Onkel pumpte mit dem Hünen im Fitnessstudio. Wie das so ist im Ländlichen. Und wie das so ist im Business, kennt der eine die anderen: „Eine Vitamin B-Kettenreaktion!“ Von Fußball-Weltmeister Olaf Thon über Sternekoch Björn Freitag bis zu Bestseller-Autorin Cornelia Funke – sie alle übernehmen Sprecherrollen in seinen Geschichten um zwei Banden von Jung-Detektiven, die skurrile Kriminalfälle aufdecken wie in „Schmutzige Geschäfte und ein Toter in der Lippe“ und sich dabei immer bei Gerd Gimmel (Heisterkamp) an der Pommesbude treffen. Sowas spricht sich herum, in der Nachfolge kommen „Auswärtige“ wie Maddin Schneider, Phil Fuldner und Torsten Sträter hinzu.
Die Pommes-Promis sind für Fritz Schaefer der Einstieg in die Medienwelt. Schon zu Oberstufenzeiten liest er in der „Zeit“ von einem Stipendium der Universität Witten/Herdecke. „Bezahlt werden fürs Nichtstun, stand da. Das fand ich toll. Das hätte ja jeder toll gefunden“, erinnert sich der 22-Jährige. 700 Euro sollte der Gewinner monatlich ein Jahr lang bekommen. „Man brauchte nur ein Projekt. Und dann dachte ich, ich hab ja keins. Dann fiel mir ein: hast ja doch eins: Die Pommes-Soko!“ Die Absage kommt prompt. Fritz Schaefer ist schlicht zu jung. Vielleicht später mal, heißt es. „Als ich dann nach einem Jahr mein Beleidigtsein zur Seite gelegt hatte, versuchte ich es eben wieder“, erzählt er schmunzelnd. Mit dem Abi in der Tasche schafft er es in die Endrunde. Ab da geht es nicht mehr um Qualität, sondern um Quantität. Fritz Schaefer mobilisiert das Internet und gewinnt mit Hilfe der Stimmen seiner Fans das Glücksticket: ein Jahr Zeit und Geld. Er kann dadurch weiter an der Pommes-Soko arbeiten, dreht einen ganzen Film daraus („Gerd seine Bude“) und fängt „einfach mal“ beim WDR an. Das alles bleibt nicht unerhört: 1Live bekommt Wind vom neuen Mitarbeiter, will ihn für sich gewinnen. Nach erfolgreichem Mikrofon-Casting geht es weiter voran – mit einer Moderations-Ausbildung bei der ARD/ZDF-Medienakademie.
Über Busfahrer und Blondinen: Vorurteile vorführen im 1Live-Podcast
Mittlerweile hat Fritz Schaefer seinen eigenen Podcast bei dem Jugendsender. „Dumm gefragt“ erscheint jeden Donnerstag. Dabei trifft er auf völlig verschiedene Menschen: Rothaarige, Depressive, Asiaten, SUV-Besitzer, Türsteher, Tourette-Betroffene, Busfahrer, Blondinen. Vorurteile vorführen, könnte man das Konzept nennen. „Ich achte immer darauf, dass alle sich wohlfühlen.“ In einer Folge etwa zwei Blinde, die ihm in mancherlei Hinsicht die Augen öffnen. Oder er begegnet Berufsgruppen, die nicht so beliebt sind. Die Zahnarzt-Folge zum Beispiel hat ihm besonders Spaß gemacht. „Ich kann ja nie mit denen reden, wenn ich da bin. Man hat ja immer was im Mund. Da scheint sich über die Jahre eine Menge angestaut zu haben“, sagt er und lacht sein Fritz-Schaefer-Lachen. Jungenhaft schelmisch.
Auch bei der Maus kommt das schräge Talent an. Kinder fragen, Fritz antwortet. Und da Kinder nun mal alles wissen wollen, sind da sehr lustige Fragen entstanden. Oder wer weiß: „Was passiert, wenn ein Nashorn vor einen Baum läuft“, „warum Popel verschiedene Farben haben“ oder auch „warum die Haut beim Baden schrumpelig wird“? Fun-Fact: „Dabei lerne ich dann selbst sogar meistens noch was“, sagt der Grimme-Preis-Juror.
Wie er in diese Jury kam
Seit 2016 ist er Mitglied im Grimme-Kommitee. Seinerzeit wird ein Platz frei und sein Mentor, ein befreundeter Zeitungsredakteur, schlägt Fritz Schaefer vor. Der hat dank des Stipendiums Zeit. „Bei Grimme rechneten sie wohl nicht mit so einem jungen Typen wie mir“, sagt Fritz Schaefer. Aber er kommt genau richtig mit seinen damals 18, denn seit jenem Jahr gibt es die Kategorie „Kinder und Jugend“. „Somit bin ich da neben Medienpädagogen und Filmkuratoren der jugendliche Typ mit Profiblick in der Kinder- und Jugendjury.“ Mit seiner persönlichen Regie-Erfahrung „glaube ich zu wissen, worauf zu achten ist“. Zum Vorsitzender der Nominierungskommission ist er auch schon gewählt worden, „was ja ein bisschen das Bild vermittelt, dass ich für voll genommen werde“.
Jetzt verbringt er immer Anfang des Jahres eine Woche im Hotel in Marl und darf den ganzen Tag im Institut Beiträge sichten. Oder wie er sagt: „Mein groteskes Leben. Der kindliche Fritz ist absolut begeistert. Ein echter Traum. Ich darf pausenlos fernsehen und zwischendurch kommen Leute rein und bringen einem etwas zum Essen.“
Natürlich sei das eine anstrengende Angelegenheit, hochernste Kopfarbeit, spannende Gespräche. „Wir diskutieren gewissenhaft über das Fernsehhandwerk, reden über Kameraschwenks oder die Musik, die an der richtigen oder eher falschen Stelle erklingt.“
Fritz Schaefer, von der Pommesbude zum Jugendradio, zwischen Maus und Grimme, sagt über sich selbst: „Ich bin angekommen.“ Gleichzeitig fühlt er sich dafür aber eigentlich etwas zu jung. „Es kann natürlich gern noch weitergehen.“
Der Grimme-Preis 2020
Benannt nach dem ersten Generaldirektor des Nordwestdeutschen Rundfunks, Adolf Grimme, gehört der Preis zu den angesehensten Auszeichnungen für hochwertige Fernsehproduktionen in Deutschland. Am Dienstag werden die Preisträger bekanntgegeben, nachdem Mitte Januar die Nominierungen herauskamen. Die Verleihung des Grimme-Preises 2020 findet am 27. März im Theater der Stadt Marl statt. Dann bringt auch regelmäßig die Prominenz Glanz und Glamour in die Revierstadt.
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