Düsseldorf. Das Schifffahrtmuseum in Düsseldorf widmet sich dem Leben auf und am Fluss – und skurrilen Dingen wie dem Verklicker und dem Arschgewicht.

Das Arschleder kennt im Ruhrgebiet ja jeder. Doch wussten Sie, dass es neben dem Hosenboden-Schutz für den Bergmann auch ein Arschgewicht gibt? Ausgestellt ist dieses schwere Eisen im Schifffahrtmuseum in Düsseldorf. Damit kam der Hafentaucher Anfang des 20. Jahrhunderts in die Tiefe, um ein Schiff zu reparieren.

„Wie hat der Rhein die Menschen geprägt – auf und am Fluss?“, fragt Museumsleiterin Annette Fimpeler und umreißt damit die Themen der Ausstellung. Als noch keiner an die Bahn dachte oder gar an die Autobahn, war die Bedeutung der Flussschifffahrt immens. Der Rhein war nicht nur Wirtschafts- und Verkehrsweg, sondern auch Kommunikationsweg. Wenn man etwas Neues erfahren wollte, ging man in die Hafenkneipe. „Informationen waren so schnell wie sich der Mensch von A nach B bewegen konnte“, sagt Stellvertreter Markus Todoric (36).

Eines der vielen Modellschiffe, die man im Schifffahrtsmuseum in Düsseldorf bestaunen kann.
Eines der vielen Modellschiffe, die man im Schifffahrtsmuseum in Düsseldorf bestaunen kann. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Auf einem Museumsboden ist der Fluss gemalt, der sich an unzähligen Zollstationen vorbeischlängelte. Das verlockte so manchen Schmuggler, die Fracht in der Nacht heimlich übers Wasser zu bringen. Unübersehbar war ein riesiges Holländerfloß, das wie ein kleines Dorf im 18. und 19. Jahrhundert über den Rhein fuhr. Fimpeler: „Darauf wurde täglich ein Rind oder Schwein geschlachtet.“

Die Reiseapotheke

Neben diesem Schiffsmodell sind viele weitere zu sehen. „Sie sind unser roter Faden“, so die 60-Jährige. Die Ausstellungsstücke gehen teils auf eine Sammlung aus den 1920er-Jahren zurück. Sie zeigen die Entwicklung der Schiffe, vom Einbaum bis zum Dampfschiff. „Man wollte immer schneller werden und immer mehr transportieren.“ Auch Menschen. Die ersten Touristen, die aus reinem Vergnügen über den Rhein schipperten, waren im 19. Jahrhundert die Engländer. Ein Schrankkoffer zeigt das Gepäck, samt Fernglas und kleinen Glasfläschchen – die Reiseapotheke.

Hier kann der Besucher selbst ein Schiff steuern

Das Museum lädt nicht nur zum Staunen, sondern auch zum Anfassen ein: Der Besucher kann sich mit einem Flaschenzug selbst hochziehen, auf Bildschirmen durch historische Fotos vom Rhein „wischen“ und per Knopfdruck bekommt er verklickert, wo der „Verklicker“ sitzt: Der Windanzeiger am Masttop leuchtet auf. Und dann steuert er an Simulatoren selbst einen Frachter oder ein Segelschiff.

„Jetzt kriegt die junge Dame die Kurve nicht“, kommentiert Annette Fimpeler den Versuch einer Besucherin. „Doch, das ist super“, spornt Markus Todoric sie an. „Rechts lenken und dann geradeaus fahren!“ Aber zu spät. Auf die gegenüberliegende Wand wirft der Beamer das Fahrergebnis: „Heftige Kollision“.

Museumsleiterin Annette Fimpeler mag die Solidarität und den Respekt, den die Menschen auf einem Schiff pflegen.
Museumsleiterin Annette Fimpeler mag die Solidarität und den Respekt, den die Menschen auf einem Schiff pflegen. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Der Schlossturm am Ufer des Rheins ist auch museumsreif: Er ist das einzige Überbleibsel des ehemaligen Stadtschlosses. Es beherbergt das Museum seit 1985. Ein schöner Ausstellungsort: Von Schiffsbänken an den Fenstern und vom Café in der Turmspitze hat man einen wunderbaren Blick auf den Rhein.

Bei Hochwasser müssen die Exponate im Keller, die auch erklären, wie Hochwasser entsteht, zwar schnell gesichert werden. Aber das eigentliche Problem ist, dass das Museum nicht wie das „Museum der Deutschen Binnenschifffahrt“ in Duisburg in einem ehemaligen Hallenbad untergebracht ist, sondern eben in dem besagten Turm.

Und der ist, wie es sich für einen Turm gehört, sehr hoch, aber nicht sehr breit. Daher suchen die Museumsmacher nach einem neuen Ausstellungsraum für einen besonderen Fund: ein 17 Meter langes Schiff.

Der VW Käfer auf dem Rhein

Das gut erhaltene Boot entdeckte man 2008 bei Deicharbeiten in Kaiserswerth. Es handelt sich um einen einfachen Schiffstyp: ein Nachen, der um 1700 sehr verbreitet war. „Der VW Käfer auf dem Rhein“, vergleicht Todoric.

Der stellvertretende Museumsleiter Markus Todoric über den Schiffstyp Nachen: „Der VW Käfer auf dem Rhein.“
Der stellvertretende Museumsleiter Markus Todoric über den Schiffstyp Nachen: „Der VW Käfer auf dem Rhein.“ © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Der Nachen ist also nicht die Vasa, das riesige Segelschiff, das in der schwedischen Hauptstadt Stockholm ausgestellt wird, sondern ein einfacher Lastkahn für Wein, Fischfang und auch Menschen. „Aber er wird ähnlich konserviert“, so der Historiker.

Während das Holz tief unter der Erde nicht verrottete, muss es nun an der Luft mit einem Kunststoff aufgearbeitet werden. Das geschieht im Archäologischen Landesmuseum im Schloss Gottorf in Schleswig-Holstein.

In Düsseldorf sind zurzeit nur Winzigkeiten zu sehen, etwa ein paar rostige Nägel. Der Nachen wurde in rund 1000 Einzelteile zerlegt, die alle wieder zusammengesetzt werden müssen. Todoric: „Das wird eine große Puzzlearbeit.“

>> Das liebste Ausstellungsstück

Schiffe auf Rädern? Ja, schließlich sollten sie rollen. Nicht übers Wasser, sondern über eine vornehm gedeckte Tafel. Die Silberschiffe sind Annette Fimpelers derzeit liebste Ausstellungsstücke. „Hier können sie das Deck abnehmen“, erklärt die Museumsleiterin bei zwei Exponaten. Und schon hatte man bei Hofe eine Schale, in die man Hochprozentiges füllte.

Bei Hofe schmückten sie einst die edle Tafel, später zierten sie bürgerliche Haushalte: die Silberschiffe.
Bei Hofe schmückten sie einst die edle Tafel, später zierten sie bürgerliche Haushalte: die Silberschiffe. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Blieb das reich verzierte Schiffchen mit den gehissten Segeln vor einem Gast stehen, musste er es austrinken. Aber nicht immer hatte es Alkohol an Bord. Das mittlere Stück nutzte man als Sauciere.

Die Schiffe sind ein Symbol. „Nicht in Glaubensangelegenheiten“, so die Historikerin, „sondern als Zeichen für die Macht des Herrschers“. Im 16. und 17. Jahrhundert waren sie beliebt, dann gab es eine Renaissance der Silberschiffe als Zierobjekte in bürgerlichen Haushalten.

Die Exponate im Museum sind zwischen 1911 und 1934 entstanden. Damit zeigte man die Bedeutung der Schifffahrt: „Sie brachte Reichtum in die Städte am Fluss.“

Burgplatz 30. Eintritt: 3 €, frei für Jugendliche unter 18 Jahren. Sonntags freier Eintritt für alle. Kinder können das Museum im Rahmen einer Rallye entdecken (1 €). Nicht barrierefrei. freunde-schifffahrtmuseum.de