Essen. . Keine Schnapsidee, eher eine Espresso-Erkenntnis: Vor zehn Jahren gründeten zwei Essener „Petrol Heads“ den Kult-Oldtimertreff Dukes of Downtown.
In Fernsehserie und Kinofilm „Ein Duke kommt selten allein“ ging es stets hoch her, besonders, da der automobile Hauptdarsteller bei wenigstens einer Verfolgungsjagd pro Folge spektakulär mit Vollgas über eine Kuppe hinweg die Bodenhaftung verlor. Am Steuer des auch für Ami-Car-Verhältnisse eher extrovertierten Dodge Charger mit reichlich 300 PS saßen stets die beiden unzertrennlichen Cousins Bo und Luke Duke. Davon inspiriert entstand die Idee, ihr Oldtimer-Treffen „Dukes of Downtown“ zu taufen, morgens um 10 Uhr beim Espresso. Und so möchten die beiden Old-Time-Friends Phil Hinze und Helge Jepsen nicht von einer Schnapsidee sprechen, obwohl es der Sache gegenüber nicht vollständig ungerecht wäre.
Ein Duke kommt selten allein
Die „Dukes“ waren bei der morgendlichen Namensfindung für den Designer und Illustrator Helge Jepsen (53) gesetzt, „Downtown“ für den Gastronomen Phil Hinze (46). Liegt doch seine 2006 eröffnete Zweibar in dem Essener Stadtteil, der trotz seines famos schüttel-gereimten Werbespruchs „Rüttenscheid – gute Zeit“ am ehesten die Kriterien für einen Anflug von Downtown erfüllt. Ein Begriff, der in New York entstand für den Teil der Stadt, wo abends die Luft brennt, und das damals noch ganz ohne Menschen mit Benzin im Blut.
Die „Gute Zeit“-Leuchtreklame hängt nur wenige Meter von der wohlgestylten Zweibar einerseits und der legendären, in Ralf Rothmanns Revier-Roman „Stier“ verewigten, sehr alt eingesessenen Eckkneipe Ampütte andererseits über der Rüttenscheider Straße. Wer sich bei nicht zu schlechtem Wetter am Wochenende an diesem Bipol niederlässt, weiß, dass das Ruhrgebiet einen Herzschlag aus Autostahl hat. Jepsen: „In nur einer Stunde kommen immer Dutzende von allen möglichen tollen Autos vorbei.“
Das klingt schlicht, stimmt aber. „Manta Manta“ konnte man einfach nur im Revier drehen, wo es Stadt für Stadt die höchsten Auto-Dichten hinter Wolfsburg gibt. Als die beiden Freunde noch keine Dukes, aber bereits „Petrol Heads“ waren, „durften wir bei der Tour de Rü nie mitfahren, unsere Autos waren zu jung“. So entstand die klassenlose, für alle Baujahre offene „Dukes of Downtown“, 2009 zuerst mit 30 Autos. Nur irgendwie cool mussten sie sein.
„Bei uns wird die Bierdose ins Auto gereicht.“
Am Grundkonzept hat sich seitdem so wenig geändert wie beim VW Käfer am Entwurf von Professor Porsche. Die Teilnehmer treffen sich am heutigen Samstag (31. August) ab 15 Uhr mit ihren wie auch immer sehenswerten Fahrzeugen auf dem für diesen Zweck abgesperrten unteren Teil der Rü, sprechen Benzin und trinken und feiern. Von einem Gegenentwurf des eher feinen Raus-putz-Concours der Tour de Rü wollen die „Herzöge“, so die eigentliche Bedeutung des englischen Duke, höflichst nicht sprechen, sondern von einer Ergänzung.
Es geht dann aber doch noch ein bisschen deutlicher. „Dixie ist der Feind“, formuliert es der Flensburg-stämmige Helge, man darf sich eher auf härtere Klänge von den Bühnen einstellen. Und: „Bei uns wird die Bierdose ins Auto gereicht“, so der Ur-Essener Phil. Also keine Sektkelchchen, prösterchen. Auch dürfte die Tattoo-Dichte zumindest im sichtbaren Bereich bei den Dukes höher liegen als bei La Tour, und was es da noch an weiteren Coolness-Kriterien für die großstädtische Hipster-Welt gelten mag. Es fahren aber auch bei den „Dukes“ Ärzte mit, wird versichert, möglicherweise sogar Zahnärzte.
Zum Unveränderlichen gehört, dass aus den Dukes auch im zehnten Jahr keine Profitmaschine werden soll, auch wenn es inzwischen eine Auswahl an Merchandising-Klamotten gibt bis hin zur schicken dicken Uhr (beim letzten Mal zum Preis von 850 Euro, wofür eine alte Frau lange tanken könnte). Dieses Jahr sind 111 plus X Autos angemeldet, und ein wenig hat der dafür verantwortliche Jepsen den Überblick über die Größe des X verloren, möglicherweise wird es ein XL. So richtige Beschränkungen gibt es keine, cool muss es sein, vergleichbar mit dem bunten Starterfeld bei der Creme 21.
Gepflegte Limousine aus besseren Tagen
Phil fährt eine gepflegte Limousine aus besseren Tagen von Alfa Romeo, eine Berlina von 1973, wie das H-Kennzeichen verrät. Helge einen englischen Reliant Scimitar, vor 50 Jahren der Prototyp des Shooting Brake, also ein sportliches Coupe als (kurzer) Kombi mit nur einer Tür pro Fahrzeugseite. Wem das zu kompliziert wird – so ähnlich wie sein Zweitwagen, mit dem er sich diesmal die Ehre gibt: ein BMW Z3 Coupe. „Zwei Leute, zwei Golfbags“ hatten sich die BMW-ler vor gut 20 Jahren dazu ausgedacht, aber in Deutschland spielten jedoch anscheinend zu wenige Leute Golf, und noch wenigere begeisterten sich für den sogenannten Turnschuh auf Rädern; was die Geschichte(n) macht, die man sich bei den Dukes eine gute Zeit lang erzählen kann.
Die Öko-Diskussion im Sinne der Flug-Scham-Bewegtheit sei „Downtown“ noch nicht angekommen. Doch offiziell gibt es kein Konzert der 111 plus X Motoren mehr beim Abschluss, inoffiziell: Wer weiß? In die Diskussion gebracht wurde ein abschließendes Hupkonzert, wie ritualisiert am Schlusstag der IAA in Frankfurt, und dieser Kalauer muss jetzt einfach erlaubt sein: Das wären dann die „Hups of Downtown.“