Duisburg. . Im Museum des Imkerverbandes zeigt ein ehemaliger Kommissar, dass die Insekten viel mehr machen als süßen Honig - ihr Leben steckt voll Arbeit.

„Die tun nichts“, sagt Wolfgang Neiß. Das sagen sonst auch gerne Hundebesitzer – und trotzdem machen viele lieber einen großen Bogen um kleine Kläffer. Aber der Imker nähert sich einem Stock, in dem rund 40 000 Bienen leben, ohne schützendes Netz vor dem Gesicht. Mit einem so genannten Smoker macht er den Bienen richtig Dampf. Und da einige der gelb-schwarzen Insekten nun glauben, es gäbe in der Nähe einen Brand, verlassen sie freiwillig den Stock – ohne den Stachel zu zeigen.

Im Bienenmuseum des Kreisimkerverbands Duisburg gibt es nicht nur Ausstellungsstücke wie Honigschleudern und Bienenbeuten aus vergangenen Zeiten und von entfernten Orten, wie etwa das mit der Holzmaske: „Bis ins 19. Jahrhundert war die Geisterangst ausgeprägt“, so Neiß. „Das erschreckende Gesicht sollte den Bienenstock gesund erhalten.“ Das Museum ist vor allem sehr lebendig. Weil echte Bienen hier im Mittelpunkt stehen. Wobei die ehrenamtlichen Macher nicht allein über die Honigbringer informieren. Neiß: „Genauso wichtig sind die Wildbienen, denen hilft keiner.“

„Was kann man für die Bienen tun?“

Bienen fliegen im Museumsgarten von Blüte zu Blüte.
Bienen fliegen im Museumsgarten von Blüte zu Blüte. © Lars Heidrich

Allein an Rhein und Ruhr seien rund 130 verschiedene Wildbienenarten bekannt. So gibt es Solitärbienen, die keine Staaten bilden, aber ganz bestimmte Pflanzen suchen. Im Garten des Museums ist ein Lehrpfad geplant, schon heute gibt es ein paar Informationstafeln. „Viele Leute fragen: ,Was kann man für die Bienen tun?’“ Die Auswahl der Pflanzen ist eine Möglichkeit, da die Landwirtschaft mit der Monokultur den Bienen zu wenig bietet. Im Garten des Museums wachsen zurzeit roter Klatschmohn und weiße Margerite. Zudem Storchschnabel, Lavendel oder Distel.

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Aber das Museum ist noch aus einem anderen Grund lebendig: Wolfgang Neiß erzählt so wunderbar von der Bienenwelt, dass der Besucher staunt. Etwa von der Karriere, denn rund 20 Funktionen kann eine Biene ausfüllen: „Sie fängt an als Putzbiene.“ Dann hält sie die Zellen rein, in die die Königin die Eier legt – „bis zu 2000 Eier am Tag!“ Als Ammenbiene füttert sie die Jungen, als Baubiene presst sie aus sechs Drüsen den benötigten Wachs. Und als Heizerbiene sorgt sie dafür, dass es der Brut nicht zu kalt wird. „Bienen können ihre Flügel aus dem Gelenk aushaken“, so Neiß. Dann bewegen sie die Schultermuskulatur „200 Mal pro Sekunde.“ Und durch diese Vibration wird es wärmer im Stock. Neiß freut sich über das Sozialverhalten: „Wenn eine Heizerbiene erschöpft ist, kommen andere und geben ihr zu fressen.“

Unser drittwichtigstes Nutztier ist ein Räuber

Wolfgang Neiß nimmt die Waben kurz heraus.
Wolfgang Neiß nimmt die Waben kurz heraus. © Lars Heidrich

„Eine Biene sammelt in ihrem ganzen Leben zwei Gramm Honig“, sagt Neiß. Das klingt wenig. Trotzdem ergab eine Studie, dass die Biene nach Kuh und Schwein unser drittwichtigstes Nutztier ist. Nicht nur wegen des Honigs, den Neiß bis Ende Juli erntet und der vor dem Zuckerzeitalter Gold wert war, sondern weil sie Blumen und Obstpflanzen bestäubt.

Aber die Bienen sind nicht nur nett. Sie zwingen viele Brüder, die Drohnen, vor dem Überwintern das Volk zu verlassen, weil sie dann zum Begatten der Königin nicht mehr gebraucht werden, so Neiß. Und wenn die Natur ihren Drang nach Nektar nicht mehr stillen kann, überfallen die Bienen andere Völker. „Sie sind auch Räuber.“

Keine Spur von Nachwuchsproblemen

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Neiß kennt sich aus mit Kriminellen. Der 69-Jährige führte früher bei der Polizei in Duisburg das Dezernat zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. Dann las er einen Artikel, wie die Varroamilbe den Bienen das Leben schwer macht. „Da muss man etwas gegen tun“, dachte er sich und wurde Imker. Nun hält er etwa mit Ameisensäure, die ungefährlich für die Bienen ist, außerhalb der Honigzeit die Milbe in Schach.

Die Imkerei boomt. So ist das Haus in Duisburg nicht nur Museum, sondern auch Begegnungs- und Fortbildungsstätte der Imker. Im Gegensatz zu anderen Hobbys, die man ausschließlich mit grauhaarigen Männern verbinde, so Neiß, gebe es hier nicht die Nachwuchsprobleme. Auch immer mehr Frauen machten ihren eigenen Honig.

  • Bienenmuseum Duisburg, Schulallee 11, Duisburg. Mi., Sa., ab 15 Uhr, spätester Einlass: 17.30 Uhr. Einritt: 2,50 €, Kinder: 1 €, inkl. Führung. Gruppenführung bitte anmelden: wolfgang.neiss@bimu-du.de, bienenmuseumduisburg.de

>>>Das liebste Ausstellungsstück: das Schauvolk

Eigentlich ist es in einem Stock stockdunkel. Von außen kann kein Mensch hineingucken, wenn man nicht gerade Imker ist wie Wolfgang Neiß. Um die fleißigen Bienchen zu beobachten, hat das Museum ein Schauvolk eingerichtet. Bei diesem Stock können die Klappen seitlich entfernt werden – und der Blick ist frei auf den faszinierenden Staat. Mit etwas Muße findet der Besucher auch die Königin hinter der Glasscheibe. Sie ist mit einem farbigen Punkt gekennzeichnet.

Hinter Glas: Beim Schauvolk können die Besucher den Bienen nahe kommen.
Hinter Glas: Beim Schauvolk können die Besucher den Bienen nahe kommen. © Lars Heidrich

Die Königin selbst bekommt „Gelée royale“ zu fressen, wie zunächst alle Larven die ersten drei Tage. Doch nach dieser Kost aus Sekreten der Arbeiterinnen erhält die Brut Pollen und Nektar. Nicht jedoch die vom Staat ausgewählte künftige Königin. Sie bekommt darüber hinaus „Gelée royale“. Genetisch sei sie nicht anders als ihre Schwestern, so Neiß. Die Ernährung mache den Unterschied.

Jede Biene besucht die Königin einmal am Tag, „um einen Duftstoff aufzunehmen.“ Denn nur Insekten, die den Duft der Königin tragen, werden von den Wächterbienen in den Stock hineingelassen.