Duisburg. . Jeck müsste man sein: Die Sammlung im „1. Niederrheinischen Karnevalsmuseum“ in Duisburg ist etwas für wahre Liebhaber der fünften Jahreszeit.
„Der Karneval hat einen schlechten Ruf“, ärgert sich Jürgen Groß. „Manch einer nutzt den aus, um zu saufen oder fremdzugehen. Das ist kein wahrer Karnevalist.“ Der 72-jährige Rentner leitet in Duisburg das „1. Niederrheinische Karnevalsmuseum“ – und das bereits seit 33 Jahren.
Unmittelbar am Revierpark Mattlerbusch gelegen, in einem abgelegenen Gebäudeteil einer Grundschule, befindet sich diese kleine närrische Ausstellungsstätte. Jürgen Groß sorgt gemeinsam mit seinem Stellvertreter Erich Otto (72) und drei weiteren Vereinsmitgliedern ehrenamtlich dafür, dass die Karnevalsuniformen herausgeputzt sind, die Zeitungsartikel regelmäßig in grünen Ordnern abgeheftet werden – in einem Regal stehen rund 100 Stück davon – und die Narren-Orden ordentlich poliert sind.
Rund 5000 Karnevals- und Narrenorden
Der älteste dieser Orden ist aus dem Jahr 1903. Die Historie des niederrheinischen Karnevals ist seit 1928 aufgezeichnet. In diesem Jahr fand in Duisburg der erste Rosenmontagsumzug statt. Während der Zeit des Nationalsozialismus sei es in Duisburg „sauber geblieben“, erzählt Groß. „Bei uns gab es nicht diese Hetze wie zum Teil in Mainz oder Köln. Da waren wir in Dinslaken als positives Beispiel mal Teil einer Ausstellung und da sind wir stolz drauf.“
Stolz sind die Museumsleiter auch auf die rund 5000 goldglänzenden Abzeichen, die in zahlreichen Schaukästen an den Wänden hängen und auf Tischen liegen: Prinzen- und Karnevalsorden in allen Formen. Im Kasten für die aktuelle Saison herrscht derzeit noch ein wirres Durcheinander. „Ja, da sind wir noch nicht zu gekommen“, erklärt Jürgen Groß. Aber die Museumsbetreiber hatten in den vergangenen Wochen auch mächtig viel zu tun: Seit dem 8. Januar hatten sie schon 26 Karnevalsvereine in ihren heiligen Hallen zu Gast, mit Namen wie etwa „Königreich Duissern“, „Pilssucher Neumühl“ oder „KG Alle Mann an Bord“. „Meine Frau und meine Schwägerin belegen dann immer Brötchen mit Käse, Schinken, Wurst und Mett und bieten selbst gemachten Kartoffelsalat an“, erzählt Groß. „Die beiden Frauen sind überhaupt die wichtigsten Personen im Verein.“
„Ein Karnevalist arbeitet das ganze Jahr über“
Frauen waren es auch, die die beiden Herren damals zum Karneval gebracht hatten: ihre Töchter nämlich. Die fingen früh an, in der Garde zu tanzen, trainierten regelmäßig, und wie das so ist, musste irgendwann mal der Papa einspringen und „die Kinder transportieren, ohne dass ich es eigentlich wollte“, erinnert sich Erich Otto. „Ehe ich mich versah, war ich zweiter Vorsitzender bei ,Grün-Weiß Walsum‘.“
Der Spaß bleibt dabei keinesfalls auf der Strecke, aber ein reines Zuckerschlecken und Kamellewerfen ist das Leben als Jeck nun auch nicht. „Ein Karnevalist arbeitet das ganze Jahr über“, beteuern die beiden Herren. „Da ist auch viel Kinder- und Jugendarbeit dabei. Uns ist es sehr wichtig, die Tradition weiterzugeben.“ Der wertvolle Jahresurlaub ging dann schon auch mal für die närrischen Zeiten im Februar und November drauf.
Immer weniger Mitglieder in den Karnevalsvereinen
Auch das könnte einer der Gründe sein, warum immer mehr Karnevalsvereine mit Mitgliederschwund zu kämpfen haben. „Die Begeisterung für den Karneval scheint rückläufig zu sein“, bedauert Groß. „Viele gute, große Traditionsvereine haben sich in den vergangenen Jahren aufgelöst.“
Umso wichtiger, dass Ehrenamtliche wie Erich Otto und Jürgen Groß die Souvenirs aus alter Zeit bewahren und auch im Jahr 2020 den letzten freien Glaskasten mit goldenen Karnevalsorden füllen werden. „Danach müssen wir hier wohl anbauen ...“
>>>> Das liebste Ausstellungsstück
Von 1948 bis 1993 gab es in Duisburg-Wanheim eine britische Kaserne, die „Glamorgan Barracks“. An Karneval ließ es sich der Verein „Rote Funken“ nicht nehmen, diese zu beschießen – mit Konfetti. Die Engländer wehrten sich und schossen zurück – ebenfalls mit Konfetti. Anschließend wurde gemeinsam im Casino der Kaserne gefeiert. „Das war für die Soldaten immer eine schöne Abwechslung“, erzählt Jürgen Groß. „Bei ihrem Abzug 1993 haben sie uns zum Abschied dann diese Uniform geschenkt.“
>>>> Öffnungszeiten und Anfahrt
Das 1. Niederrheinische Karnevalsmuseum heißt närrische und nicht-närrische Gäste jeden Dienstag von 15 bis 18 Uhr und jeden Sonntag von 10 bis 13 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung willkommen: 01774477561. Der Eintritt ist frei.
Mit der Linie 905 fährt man am besten bis zur Haltestelle „Mühlbachstraße“, mit dem Auto lässt es sich auf dem Revierpark-Stellplatz problemlos parken.