Duisburg. . Menschliche Probleme in tierischen Beziehungen: Lebenslanges Lieben kann steinerweichende Konsequenzen haben. Schicksale aus dem Duisburger Zoo.
Wenn Tiere zu sehr lieben… Im Duisburger Zoo gibt es ja so manche verrückte Hühner. Beziehungsweise: Hornraben – wie Erich und Margot. Oder auch homosexuelle Marabus. Und sogar einen alten Affen, der nur noch Menschen als Partner akzeptiert. Drei Schicksale, drei Geschichten.
Erich und Margot, wer denkt da nicht gleich an die Honeckers? Der gefürchtete Staatschef der damaligen DDR und seine nicht minder angsteinflößende Gattin als Namenspaten für ein afrikanisches Vogelpaar? So recht kann sich das im Tierpark am Kaiserberg auch niemand mehr erklären, ist das Duo doch schon ziemlich alt. Der Erich wurde ausgerechnet im Einheitsjahr 1990 geboren, kam immerhin aus einem Zoo in Prag und damit eindeutig aus dem Osten. Und Margot hat zwar, anders als die echte, keinen lila Schopf, aber einen dunkelviolett schimmernden Kropf.
Außerdem ist bei den post-kommunistischen Art-Genossen zu beobachten: Sie verteidigen rigide ihre Zone, stolzieren beinahe im sozialistischen Marsch durchs Giraffenhaus und sind so hartnäckig neugierig wie das einst alles ausspähende Ministerium für Staatssicherheit.
Lässt sich auch was Positives über Margot und Erich sagen? „Sie sind beliebt als Ungeziefer-Fänger und sorgen jedes Jahr für Nachwuchs“, sagt Pfleger Patrick Koch (37). Rabeneltern sind sie zumindest nicht.
Monogame Marabu-Männer
Elternglück wiederum widerfährt diesen komischen Vögeln sicher kaum: Zwei Marabu-Pärchen, die da mit ihren kolossalen Kehlsäcken durchs Gehege schreiten, praktizieren die gleichgeschlechtliche Liebe. Sie mit ihr, er mit ihm – letztere tragen übrigens den lebenslustigen Absender Köln, kamen aus dem dortigen Zoo in die Duisburger Steppenlandschaft.
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Das auch bei den Aasfressern typische männliche Imponiergehabe entfällt dabei, stattdessen schnabelklappern die monogamen Marabu-Männer nur miteinander füreinander. „Dieses harmonische Pärchen zeigt sich seine Zuneigung durch zärtliches Kraulen“, hat Zoo-Mitarbeiter Klaus Johann (73) beobachtet. Auf das Nachwuchs-Ritual hat diese der Arterhaltung abträgliche Zweierkonstellation ebenfalls Einfluss: Unbeirrt versuchen die im übrigen namenlosen Vögel, Steine zu sammeln und abwechselnd auszubrüten. Klarer Fall von: Ei(n)gebildet!
Affe Jupp biss alle Anwärterinnen weg
Kommen wir zu Jupp, auf seine Art auch ein seltsamer Vogel. Allerdings als Affe, genauer: Siamang, eine Gibbonart. Auch diese lebt eine lebenslange exklusive Fortpflanzungsgemeinschaft. Traurig nur, wenn der Partner verstirbt. Seit gut zehn Jahren ist Jupp – der 40-Jährige wurde einst beim Zoll beschlagnahmt – nun der einzige Solist im Primatenhaus, nachdem seine Hexe gestorben ist. Alle Versuche, „ihn wieder zu vergesellschaften“, wie es im Zoo-Lexikon heißt, scheiterten auf ganzer Linie.
Jupp biss alle Anwärterinnen wütend weg. „Er hat einfach keine Partnerin mehr akzeptiert“, sagt Pflegerin Julia Sadzio. Bis auf die 26-jährige Frau mit den langen Haaren. Sobald sie in seinen Käfig kommt, schwingt Jupp juchzfidel auf ihre Schultern, greift nach ihrem Zopf und langt in ihr Gesicht. Ein bisschen ruppig geht das manchmal zu, aber überhaupt nicht bösartig.
Ein Mensch als Partner-Ersatz, ist das nicht ein bisschen verrückt? „Naja, etwas besonders vielleicht. Aber er holt sich so halt seine Streicheleinheiten, wenn wir ihn beim Füttern ein bisschen Betüddeln. Er braucht ja Beschäftigung und ist so wirklich ganz zufrieden.“