Oberhausen. . Das Schloss Oberhausen brachte der Großstadt ihren Namen. Heute lockt es in der Ludwiggalerie mit modernen Ausstellungen und mit einer Artothek.
Am Anfang war das Schloss. Und das Schloss hieß Oberhausen. Und es ward eine Stadt gleich in der Nähe. Und die Stadt hieß Oberhausen. Und Oberhausen wuchs und wuchs, bis endlich Schloss und Stadt eins waren.
Was im ersten Augenblick ein bisschen übertrieben biblisch klingen mag, ist dennoch eine Schöpfungsgeschichte. Denn ohne Schloss kein Oberhausen. Zumindest nicht unter diesem Namen. Denn dieses von Hunderttausenden bewohnte Gebilde, das wir heute unter dem Namen Oberhausen kennen, muss man sich im Jahre 1847 noch als ein Nichts mit Bahnhof vorstellen.
Und das kam so: Die Cöln-Mindener Eisenbahn baute ihre Strecken aus, alle 50 Kilometer musste ein Haltepunkt her. Die Ingenieure nahmen Maß, steckten ein Fähnchen in die Karte – und bauten einen Haltepunkt dorthin, wo sonst nichts war. Als sie überlegten, wie sie ihn nennen könnten, kamen sie schnell auf den Namen des Schlosses, das der Graf Maximilian Friedrich von Westerholt-Gysenberg zwischen 1803 und 1812 vom Münsteraner Hofbaumeister August Reinking hatte erbauen lassen. So kam die Stadt zum Namen.
Eine Bau-Geschichte, die mit einer tragischen Liebe einherging. „Maximilian hatte unter Stand geheiratet. Daraufhin hat sein Vater ihn aus der Erbfolge ausgeschlossen und ihm Land an Furt der Emscher gegeben. Er hat diese repräsentative Schlossanlage für sich und seine geliebte Frau gebaut. Sie ist dann aber relativ früh verstorben, so dass er dieses Schloss gar nicht richtig genutzt hat“, erzählt Christine Vogt, Direktorin der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen.
200 Meter flussaufwärts war ein Rittersitz
Schon lange zuvor, im 12. oder 13. Jahrhundert hatte es nur 200 Meter flussaufwärts einen Rittersitz mit Wasserburg namens Overhus oder Overhuysen gegeben, doch das Gebäude war Ende des 18. Jahrhunderts längst nicht mehr bewohnbar, so dass Maximilian sich nebenan das Schloss als „bescheidenen“ Landsitz entwerfen ließ.
Wer heute einen Blick auf dieses Fleckchen Erde wirft, dürfte das Stadtleben ganz schön pulsierend finden: Das Schloss ist umrahmt vom Kaisergarten, dem Centro, dem Gasometer, dem Rhein-Herne-Kanal, vor seinen Toren wälzt sich der Verkehr über die B223, die natürlich angeschlossen ist an die A42, die A 516. Ganz schön urban also. Aber all das gab es ja damals nicht.
Nun könnte man denken, wenigstens der Kaisergarten, eine der großzügigsten, gepflegtesten und keineswegs geheimen grünen Lungen von Oberhausen, wäre aus dem ehemaligen Schlossgarten entstanden. Weit gefehlt: Ursprünglich lag der Schlossgarten vor dem Schloss, dort wo heute die B223 fließt – und erstreckte sich bis in den Grafenbusch. Der Kaisergarten wurde erst 1897 zum 100. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I. als Volksgarten eingerichtet.
Das Schloss, lange etwas stiefmütterlich behandelt, erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Blüte. 1947 zog hier die Städtische Galerie ein, als eine der ersten neu eröffneten nach dem Krieg. Und obwohl man im Jahr 1958/1959 das Haus wegen Bergschäden abreißen musste, konnte es mit Geld der Gutehoffnungshütte nach Reinkings Originalplänen wiederrichtet werden. Somit ist das Schloss Oberhausen vermutlich der ehemalige Adelssitz mit der neuesten Bausubstanz, den man weit und breit finden kann.
Auch ist man hier modern. Als 1998 die Ludwiggalerie nach vorheriger Zusammenarbeit mit Peter und Irene Ludwig neu aufgestellt wurde, legte man drei Themenstränge fest. Die „Sammlung Ludwig“ öffnet den Blick auf den privaten Besitz der Mäzene; die „populäre Galerie“ widmet sich Comics, Karikaturen, Plakaten und Fotografien – und ist oft einer der Publikumsmagneten; und die „Landmarken Galerie“ schaut auf den Strukturwandel.
Neben den großen Ausstellungen im Haupthaus, die laut Christine Vogt die Galerie mit bis zu 20 000 Besuchern an die Kapazitätsgrenzen bringt, kann sie etwa in der Panorama-Galerie im „kleinen Schloss“ auch kleinere Ausstellungen zeigen – wie gerade ein Schau von Oberhausener Künstlern.
Ein moderner Glaskasten als Empfangshalle
Architektonisch verschmelzen Alt und Neu am Schloss: 1998 wurde vor den Haupteingang die „Vitrine“ gebaut, ein moderner Glaskasten, der als Kassenhaus, Empfangshalle und optischer Kontrapunkt dient – und eine wichtige Funktion bei der Klimatisierung des Gebäudes erfüllt.
Das mit Ziegelmehl rosa angestrichene Schloss beherbergt auch die Gedenkhalle für die Opfer des Nationalsozialismus, die Artothek, in der man sich Kunst ausleihen kann – und einen Trausaal. Gleich dahinter ringelt sich die „Slinky Springs To Fame“-Brücke von Tobias Rehberger über den Rhein-Herne-Kanal. Entstanden im Rahmen von Ruhr 2010, verlängert sie die Kunst vom Schloss bis zum Stadion Niederrhein. Tatsächlich sei sie nämlich keine Brücke, „sondern eine begehbare Skulptur“, sagt Christine Vogt und freut sich sichtlich darüber, dass sie aus dem Café des Museumsshops einen Blick darauf werfen kann.
>> Aktuelle Ausstellung und Artothek
Aktuell im Schloss: „Let’s Buy It! Kunst und Einkauf – Von Albrecht Dürer über Andy Warhol bis Gerhard Richter“. Ein Blick auf die engen Verflechtungen zwischen Kunst und Konsum. Bis 14.5., di-so 11-18 Uhr, 1. Mai und Pfingstmontag geöffnet. Mehr Infos: Ludwiggalerie.
Demnächst: „Finding The Unexpected: Sam Shaw – 60 Jahre Fotografie“. Mit Fotos von Marilyn Monroe, Sophia Loren und Marcel Duchamp, 21.5.-17.9.
Artothek: Geöffnet an jedem 1. Donnerstag im Monat, 16-20 Uhr.