Düsseldorf. Bei der ersten Tarifrunde im NRW-Handel legen Arbeitgeber ein „historisch hohes“ Angebot vor. Die Gewerkschaft Verdi ist „bitter enttäuscht“.
Zum Start der Tarifverhandlungen für den nordrhein-westfälischen Einzelhandel haben die Arbeitgeber am Montag überraschend bereits ein Angebot vorgelegt. Sie nennen es „historisch“.
„Den Arbeitgebern ist ihre Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden im Einzelhandel bewusst, daher haben wir direkt zum Beginn der ersten Tarifrunde ein Angebot vorgelegt, das in seiner Höhe oberhalb der meisten Tarifabschlüsse in der Vergangenheit liegt“, sagte Christopher Ranft, Verhandlungsführer der Arbeitgeber. Der Handelsverband NRW will in zwei Schritten die Gehälter der 714.000 Beschäftigten um fünf Prozent erhöhen sowie steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 1000 Euro über eine Gesamtlaufzeit von 24 Monaten zahlen.
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Die Gewerkschaft Verdi dagegen fordert eine Anhebung des Stundenlohns um 2,50 Euro. Nach Berechnungen des Handelsverbands würde das einer Anhebung des „Verkäufereckgehalts“ um 14 Prozent entsprechen. Diese Forderung sei „nicht erfüllbar“, teilte der Handelsverband mit. „Die gegenwärtige Lage mit Pandemienachwirkungen, Rekordinflation und vielfachen Unternehmensinsolvenzen im Einzelhandel macht deutlich, dass die Tarifparteien alleine die Krisenbewältigung nicht meistern können und hier auch staatliche Unterstützungsmaßnahmen wie beispielsweise die Energiepreisbremsen mit ins Kalkül gezogen werden müssen“, erklärte Verhandlungsführer Ranft.
Handelsverband will zügiges Ende der Tarifrunde
Mit der frühzeitigen Vorlage „eines historisch hohen Angebotes“ wollen die Arbeitgeber nach eigenen Angaben „einen Beitrag zur einer zügigen Beendigung der Tarifrunde“ leisten. Die Bedingungen für den Handel seien „weiterhin extrem ungünstig“, erläuterte Ranft während der Gespräche. Einerseits sei die Konsumstimmung nach wie vor niedrig, andererseits müssten Handelsunternehmen stetig investieren und hätten ihrerseits mit steigenden Kosten u.a. auch in der Lieferkette und bei der Energieversorgung zu kämpfen.
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Am Montag hatte der Handelsverband Deutschland (HDE) davor gewarnt, dass in diesem Jahr voraussichtlich weitere 9000 Ladengeschäfte bundesweit schließen müssten. Nach den schwierigen Corona-Jahren sorgten nun höhere Kosten und der Kaufkraftverlust bei den Verbrauchern wegen der hohen Inflation für „Druck auf Erlöse und Gewinne“. Der HDE forderte von der Politik eine „Gründungsoffensive“, vor allem mit unbürokratischen und schnellen Genehmigungsprozessen für Umbauten und Umwidmungen.
Tarifstreit Einzelhandel NRW: Verdi von Angebot „bitter enttäuscht“
Die Gewerkschaft Verdi lehnte das Angebot ab. Es habe bei den Mitgliedern der Tarifkommission für „bittere Enttäuschung und Unverständnis“ gesorgt. Laut Verdi geht es in den Tarifverhandlungen in NRW um Löhne und Gehälter für rund 517.000 sozialversicherungspflichtig und rund 197 000 geringfügig Beschäftigte. Verhandelt wurde zum Auftakt in Düsseldorf. Der laufende Tarifvertrag endet am 30. April. Die Verhandlungen sollen am 22. Mai fortgesetzt werden.
Verdi fordert 2,50 Euro je Stunde mehr Gehalt. Auszubildende sollen 250 Euro mehr im Monat bekommen. Die Laufzeit der Tarifverträge soll nach den Vorstellungen der Gewerkschaft ein Jahr betragen. Darüber hinaus will Verdi gemeinsam beantragen, die Tarifverträge als allgemeinverbindlich erklären zu lassen. Dazu hätten die Arbeitgeber am Montag die Verhandlungen verweigert. Die Lohnforderungen wiesen die Arbeitgeber als „nicht erfüllbar“ zurück.
Verdi-Verhandlungsführerin Silke Zimmer sagte, „die angebotene Erhöhung würde nicht einmal annähernd die aktuelle Inflation von 6,9 Prozent (März) ausgleichen“. Die vorgeschlagene Inflationsausgleichprämie sei ein „schlechter Scherz“: „Diese Prämie ist eine Einmalzahlung, die weder dazu beiträgt, dass die Entgelte mit den Preisen mithalten, noch sich positiv auf die spätere Rente der Beschäftigten auswirkt.“ (mit dpa)