Meschede. Die Brauerei Veltins hat 2022 ein Rekordergebnis erzielt. Leidet aber wie alle unter einer „Kostenexplosion“. Ende Januar wird Veltins teuer.

Bei der Brauerei Veltins sorgt die Rückkehr des Fassbiergeschäfts einmal mehr für einen Rekordabsatz und -Umsatz. Im vergangenen Jahr stieg der Ausstoß der Sauerländer Brauerei um rund 260.000 Hektoliter (hl) oder 8,4 Prozent auf mehr als 3,3 Millionen hl. Ein Ergebnis, „das wir selbst so nicht erwartet hatten“, erklärte Veltins-Chef Michael Huber am Dienstagmorgen bei der Vorstellung der 2022er Bilanz.

Für dieses Wachstum sorgte vor allem die Gastronomie mit ihrer Fassbiernachfrage, die in den Coronajahren 2020 und 2021 höchst bescheiden und aufgrund der verordneten Schließungen (Lockdowns) auch kaum berechenbar war. „Mittlerweile befinden wir uns bei 82 Prozent des Niveaus von 2019“, sagt Marketing- und Vertriebschef Volker Kuhl.

Trotz Rekordergebnis keine Euphorie

Trotz des sehr guten Ergebnisses, das weit über dem Marktdurchschnitt liegt, ist man im Mescheder Ortsteil Grevenstein nur zufrieden und nicht euphorisch. Ganz ungetrübt ist die Bilanz des Jahres 2022 denn auch nicht. Das Spezialitätenbier Grevensteiner hat deutlich an Absatz eingebüßt. Knapp 205.000 Hektoliter bedeuten ein Minus von beinahe 12 Prozent. Kuhl führt dies auf einen Markttrend zurück. Ziemlich alle Spezialitätenbiere hätten im vergangenen Jahr verloren.

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Mehr als kompensiert wird das Minus bei der Sorte Grevensteiner allerdings durch das neue Lieblingskind im Hause Veltins. Das „Helle Pülleken“ legte 25,5 Prozent zu und hat Grevensteiner mit 256.000 Hektoliter Ausstoß deutlich hinter sich gelassen. Getreu dem Motto Stärken stärken, will man im Sauerland diese Entwicklung weiter unterfüttern. „Wir werden sowohl das Marketing als auch die Distribution (Verteilung) deutlich ausweiten“, kündigt Volker Kuhl an, das Pülleken weit über die Grenzen Nordrhein-Westfalens stärker in den Handel bringen zu wollen. Zudem werden neue TV-Spots produziert, um die Sorte flächendeckend zu bewerben.

„Abenteuerlicher Kostenexplosion“ folgt Preiserhöhung ab 29. Januar

Veltins hat mehr Bier denn je verkauft und so auch einen Rekordumsatz von 419 Millionen Euro (Vorjahr 362 Millionen Euro) verbucht (plus 15,7 Prozent). Allerdings sind die Kosten auf allen Ebenen auch deutlich gestiegen. „Es hat eine abenteuerliche Kostenexplosion gegeben“, sagt Michael Huber und benennt diese auch ganz offen und konkret. Strom und Gaskosten seien um 100 Prozent gestiegen. Rohstoffe wie Malz um rund 80 Prozent. Auch Kohlensäure, Glas, Etiketten, Paletten und Kronkorken – alles ist mächtig viel teurer geworden. „Insgesamt eine Mehrbelastung in zweistelliger Millionenhöhe“, sagt Huber, der dennoch an der Investitionsstrategie festhält. Bis zum Ende des Jubiläumsjahres 2024 sollen 420 Millionen Euro am Standort Grevenstein in Modernisierung verbaut worden sein. Man liege voll im Plan.

Brauerei will Energie mit Wind und Sonne in zehn Jahren komplett selbst produzieren

Und es wird offenbar weiter investiert werden. Huber kündigt an, dass die Brauerei bei der Energieversorgung durch regenerative Energien unabhängiger werden soll. „Wir wollen in zehn Jahren so weit sein, dass wir uns durch regenerative Energien selbst versorgen können“, kündigt Huber an. Photovoltaik, Biogas und nicht zuletzt Windkraft sollen hier helfen. Das will sich Veltins noch einmal eine Menge kosten lassen. „Unter einhundert Millionen Euro wird es wohl nicht gehen“, schätzt Veltinschef Huber. Die Bereitschaft seitens der Privatbrauerei ist also da. „Die Flächen für Photovoltaik und Windkraft haben wir auch. Ich wüsste, wo ein Windrad stehen könnte, aber ob es da auch stehen darf, wissen wir nicht.“ Rund 70 Monate Wartezeiten gebe es. Erst 2024 wird die Landesregierung verlässlich den Landesentwicklungsplan so gestaltet haben, dass es Planungssicherheit gibt. Das wurmt die Chefs der Brauerei. Schneller geht es mit Sonnenkraft. „Im Laufe dieses Jahres werden alle möglichen Freiflächen und Hallendächer genutzt“, kündigt Veltinssprecher Ulrich Biene an. Am Ende will die Brauerei in Spitzenertragszeiten auch Energie an befreundete Unternehmen aus der Region abgeben können. „Ich kenne einen Leuchtenhersteller in Arnsberg, der Bedarf hätte“, schmunzelt Huber, der lange Zeit auch Generalbevollmächtigter der Firma Trilux war.

Wenn nichts Ungewöhnliches passiert, dürfte die Brauerei Veltins zumindest beim Umsatz auch in diesem Jahr weiter wachsen. Bereits am Montag teilte die Brauerei mit, dass diePreise für Fassbier und Handelsware (Flache und Dose) ab dem 29. Januar erhöht werden. „Wir wollen den Verbraucher nicht überfordern, wir gehen es moderat an“, sagt Brauereisprecher Uli Biene. Veltins wird demnach zum 29. Januar seine Preise über alle Produkte hinweg anpassen, vom Bier bis zu den Mischgetränken. Für den Handel verteuert sich dann jede Flasche um 4 Cent. Fassbier wird um 14 Euro teurer.

Veltins setzt auch hier auf Transparenz für den Verbraucher und kündigt früh konkret an, womit sich Mitbewerber noch schwer tun, die aber unter mindestens dem gleichen Kostendruck stehen.

Ausgewählte Veltinszahlen im Jahr 2022 auf einen Blick:

Gesamtausstoß: 3.355.200 Hektoliter (hl)

Umsatz: 419 Millionen Euro

Mitarbeiter: 715

Investitionen in Sachanlagen: 56 Millionen Euro

Marketingetat: 34 Millionen Euro

Mehrweganteil: 92,5 Prozent

Ausstoß nach Gebinden:

Fass: 415.700 hl

Flasche: 1.773.900 hl

Dose: 214.600 hl