Hagen. Der Bund der Steuerzahler bereitet gerade Musterklagen gegen Bescheide zur Grundsteuer vor. Ein Experte erklärt, worauf jetzt zu achten ist.
Rund2,6 Millionen der erforderlichen 6,5 Millionen Erklärungen zur Neuberechnung der Grundsteuer in NRW sind bereits abgegeben worden. Der Stichtag ist vom 31. Oktober 2022 auf den 31. Januar 2023 nach hinten verschoben worden. Viele haben sich also schon durch dutzende Formularseiten gearbeitet und Bescheide bekommen. Ob das Ergebnis aus Sicht der Grundstücksbesitzenden gut oder schlecht ausfällt, bleibt noch etwas offen. Für alle, die bereits Bescheide bekommen haben, tickt die Uhr. Nach einem Monat läuft die Einspruchsfrist ab. Sie sollten die Daten jetzt genau prüfen und, falls etwas nicht stimmt, schnell reagieren. Wie die Bescheide zu verstehen sind und warum alle, die noch nicht abgegeben haben, damit noch warten sollten, erklärt Hans-Ulrich Liebern, Experte vom Bund der Steuerzahler NRW.
Die Inhalte des Bescheids
Wer bereits eine Rückmeldung vom Finanzamt hat, findet in der Antwort im Grunde zwei Bescheide. Den Grundsteuerwert und den neuen Steuermessbetrag, die mit dem Hebesatz multipliziert die künftige Grundsteuer ergeben. Endgültig steht der Betrag erst, wenn die Hebesätze für 2025 feststehen, also 2024. Die aktuellen Hebesätze geben aber Orientierung.
Der Grundsteuerwert
Dieser Wert ergibt sich aus den eigenen Angaben zu Alter des Gebäudes und daraus resultierend Restnutzungsdauer, Grundstücksfläche, Wohnfläche und Garagen. „Die Berechnung findet automatisiert statt, so wie eingegeben“, sagt Liebern. Achtung: Überprüfen lohnt dennoch. Erstens kann man sich auch hier vertun. „Ich habe einen Bescheid gesehen, bei dem ein Besitzer einer Eigentumswohnung alle zwölf zum Objekt gehörenden Stellplätze angegeben hat, statt nur seinen einen eigenen. Das Finanzamt nimmt dann auch die zwölf in die Berechnung. Der Wert fällt entsprechend viel höher aus“, sagt Liebern. Zweitens: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Behörde einen höheren Wert Bodenwert annimmt. Zum Beispiel bei sehr großen Grundstücken, wo die Möglichkeit besteht, unterschiedliche Bodenrichtwerte anzugeben, die Behörde aber den hohen Bodenrichtwert für das gesamte Grundstück zugrunde legt. „Auf jeden Fall Einspruch einlegen“, rät der Experte. Kritisch zu sehen sei auch, dass von 2021 auf 2022 die Bodenrichtwerte in vielen Städten und Gemeinden „extrem angestiegen sind“, sagt Steuerexperte Liebern.
Der Grundsteuermessbetrag
„Ist der Messbetrag im Bescheid niedriger als vorher, dann lieber keinen Einspruch einlegen“, sagt Liebern. Egal, wie sehr die Kommune bis 2024 den Hebesatz erhöht, fährt man nach Ansicht des Experten dann immer besser. „Grundsätzlich Einspruch einlegen ist also nicht zielführend.“
Ist der Betrag allerdings höher, dann ist es den Aufwand wert. Wer bereits Bescheide erhalten hat und sogar schon Einspruch eingelegt hat, bekommt oft innerhalb von Tagen eine Reaktion der Finanzbehörde. Standardmäßig werde der Einspruch abgelehnt. Auch dagegen kann man sich wehren. „Das Problem ist, dass man danach schnell vor der Entscheidung steht, ob gegen die Behörde geklagt wird“, erklärt Liebern. Das kann nervenaufreibend und unnötig teuer werden.
Die Musterklagen-Vorbereitung
Der Bund der Steuerzahler und Haus und Grund Deutschland bereiten gerade vier Musterklagen gegen die Bescheide vor. „Es gibt eine ganze Reihe willkürlicher und völlig blödsinniger Parameter wie das Alter des Gebäudes.“ Gerechter wäre aus Sicht des Bund der Steuerzahler auch, die Abgabe nicht allein am Gebäude, sondern auch an der Bewohnerzahl zu bemessen, schließlich geht es um Geld, mit dem kommunale Infrastruktur wie Schwimmbäder, Bibliotheken etc. finanziert werden sollen – nicht aber abgründige Haushaltslöcher, die zu stopfen sind. „Es ist nicht schlau, jetzt schnell abzugeben. Besser ist, bis Anfang Januar zu warten“, rät der Steuerexperte.
Die Detailsuche
Wer seinen Bescheid tiefer im Detail überprüfen will, findet im Schreiben Hinweise auf das Bewertungsgesetz. Darin stehen festgelegte Faktoren zum Beispiel zur Gesamtnutzungsdauer, der angenommenen Nettokaltmiete oder zu Umrechnungskoeffizienten zur Ermittlung des Bodenwerts. Maßgebliche Angaben finden sich in den Anlagen 36-41 des Gesetzes (www.gesetze-im-internet.de/bewg/). „Richtmieten sind für sämtliche Kommunen in Deutschland vorgegeben. Je nach Ort kann es Zu- oder Abschläge geben, abzulesen am festgesetzten Mietniveau.“ Das spielt eine Rolle, weil sich daraus der Gesamtwert ergibt, aus dem sich am Ende auch der künftige Grundsteuerbetrag errechnet.
Die Hebesätze
Ganz entscheidend sind dabei auch die Hebesätze für die sogenannte Grundsteuer B. Sind alle 6,5 Millionen Erklärungen eingegangen, wird in den Behörden gerechnet und geschaut, wie das Ergebnis für jede Kommune in Euro und Cent vom bisherigen abweicht. Am Ende gibt das Land eine entsprechende Empfehlung an die Städte und Gemeinden, wie der Hebesatz anzupassen ist. „Die sollte der NRW-Finanzminister dann auf jeden Fall veröffentlichen“, fordert Hans-Ulrich Liebern vom Steuerzahlerbund Transparenz. Es wird dann nämlich noch einmal spannend vor Ort. Die Räte entscheiden dann über den genauen Hebesatz. Die Befürchtung des Steuerzahlerbundes: Bis 2024 könnten Kommunen die Sätze bereits anheben, um dann gegebenenfalls für 2025 vermeintlich großzügig wieder ein bisschen zu senken. Dass Gemeinden ihre Sätze senken, wie Schmallenberg von niedrigen 400 auf aktuell 360 ist selten.
Die nächste Runde 2029
Die Angaben in den bundesweit rund 36 Millionen Erklärungen zur neuen Grundsteuerbemessung sollen laut Steuerzahlerbund sieben Jahre gelten. Dass dann noch einmal so ein Aufwand betrieben wird, ist unwahrscheinlich. Die Finanzbehörden dürften dann vermutlich nur nach Änderungen abfragen.