Duisburg. Trotz Krieg rollt der China-Zug durch Russland nach Duisburg. Das sei ein „zweischneidiges Schwert“, meint Hafenchef Markus Bangen im Podcast.
Der Krieg in der Ukraine bringt nicht nur Leid über die Bevölkerung, auch die Wirtschaft gerät in Turbulenzen. Die Güterzüge, die China mit Duisburg verbinden, blieben bislang von Sanktionen verschont, obwohl sie zum großen Teil über russisches Staatsgebiet fahren. Der Duisburger Hafenchef Markus Bangen wagt aber keine Prognose über die Zukunft der wichtigen Schienenverbindung.
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14 Ziele in China, darunter Shanghai und Shenzhen, steuern die Züge an, die regelmäßig von und nach Duisburg pendeln. An Bord: Container voller Laptops, Tablets, Textilien, Schuhe made in China. Während der Corona-Pandemie, als der Flugverkehr weitgehend ruhte, kamen bis zu 70 Züge pro Woche im Ruhrgebiet an. Selbst der Ukraine-Krieg vermochte die Seidenstraßen-Verbindung nicht zu stoppen.
Südliche Route des China-Zugs soll Russland aussparen
„Der China-Zug ist ausdrücklich nicht von Sanktionen betroffen. Die Landbrücken liegen auch im Interesse der EU“, sagt der Duisburger Hafenchef Markus Bangen im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“. Auch sieben Monate nach Putins Überfall der Ukraine ist das für den Manager „durchaus überraschend“. Denn Aufgabe der russischen Bahn sei es auch, die Truppen ins Kriegsgebiet zu bewegen. „Das ist mehr als ein zweischneidiges Schwert“, räumt Bangen ein.
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Nach dem Corona-Boom habe sich die Zahl der Züge inzwischen auf 30 bis 35 pro Woche eingependelt. „Über 90 Prozent der Züge fahren aber weiterhin über Kasachstan, Russland, Weißrussland und Polen“, sagt der Hafenchef. „Ob das dauerhaft so sein wird, weiß ich nicht“, erklärt er auch im Hinblick auf die Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten, die Putin in dieser Woche bekannt gab. Deshalb arbeite man an einer Alternative – „der südlichen Route unter Umgehung Russlands“ über Kasachstan, Aserbaidschan, Georgien bis zum Schwarzen Meer und von dort aus per Fährtransport nach Rumänien und auf das Gebiet der Europäischen Union.
Westen liefert Borkenkäfer-Holz nach China
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und dem Westen sind gewaltig. „Wir machen uns in Europa gar nicht mehr bewusst, was alles in China produziert wird“, sagt Bangen. Selbst Alufolie komme nicht aus der Aluhütte Trimet in Essen, sondern aus China. Er betont aber auch, dass die Züge nicht leer von Duisburg zurück in den asiatischen Raum fahren. „Nach China gehen Maschinenteile, Anlagenbau und Ersatzteile“, berichtet der Hafenchef. Aktuell sei vor allem auch Holz mit Borkenkäfer-Befall gefragt. „Auch das ist eine seltsame Situation. Wir haben massive Holzpreiserhöhungen in Europa und Holzknappheit. Gleichzeitig verkauft der Großhandel dieses Holz sehr erfolgreich nach China. Dort sind die Vorgaben, wie Schadholz eingesetzt werden kann, deutlich geringer als im europäischen Standard“, erklärt Bangen.
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Die starke Fokussierung auf China bereitet dem Logistik-Manager durchaus Kopfzerbrechen. „Wir haben eine wechselseitige Abhängigkeit. Es ist das Bestreben der Chinesen, autark zu werden. Aber davon sie noch weit weg in vielen Bereichen. Noch ist die richtige Situation, um auf Augenhöhe zu reagieren“, meint der Hafenchef. „Wir hatten eine steile Lernkurve in der Pandemie, zu was wir in Europa gar nicht mehr in der Lage sind“, sagt er im Hinblick auf die Verlagerung von Fertigungen nach China.
Niedrigwasser sorgt Duisburgs Hafenchef Bangen
Bangen sieht aber Bewegung: „Es wird eine Diversifizierung geben. Malaysia und Vietnam kommen hinzu. Wir sehen auch eine massive Verlagerung der Produktion in Richtung Türkei. Aber auch in Richtung der östlichen Mitgliedsstaaten der EU. Darauf richten wir uns ein“, sagt Bangen und betont im gleichen Atemzug: „Die große Rückabwicklung sehe ich derzeit aber nicht.“
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Seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr hatte der Duisburger Hafenchef nicht nur die Auswirkungen der Corona-Lockdowns in China mit den damit verbundenen Staus von Containerschiffen und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs zu bewältigen. Sorgen bereitet ihm inzwischen auch das Niedrigwasser des Rheins, das in diesem Sommer neue Negativrekorde aufgestellt hat. „Wir haben massiven Nachholbedarf. Die Binnenschifffahrt ist unverzichtbares Rückgrat der Wirtschaft. Das Volumen können Bahn und Straße auch nicht nur im Ansatz ausgleichen“, fordert Bangen die Politik zum Handeln auf.
„Weltweit agierende Unternehmen treffen Standortentscheidungen. Da haben wir viele Negativpunkte, was Standort-Sicherung und -Qualität angeht“, mahnt Bangen. „Antwerpen ist schon heute der größte deutsche Chemie-Standort. Das muss nicht noch ins Unermessliche wachsen. Schon gar nicht in Richtung Asien.“