Menden. Abdallah Massaad, Chef des arabischen RAK-Konzerns, erklärt, wie aus dem Sauerländer Armaturenhersteller Kludi eine Weltmarke werden könnte.
Das Sauerland ist eine Hochburg der Armaturenhersteller. Abgesehen von Grohe sind es mittelständische Unternehmen aus dieser Region, deren Produkte weltweit gefragt sind. Mit Kludi aus Menden ist im Juni ein im Aufwind befindlicher Traditionshersteller von RAK Ceramics aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) gekauft worden. Abdallah Massaad, Vorstandsvorsitzender (CEO) von RAK Ceramics, war jetzt erstmals nach der Übernahme zu Gesprächen mit der Belegschaft und Kludi-Geschäftsführer Julian Henco im Sauerland – und um mit dieser Zeitung über Hintergründe und Chancen des Kaufs des 1926 gegründeten Unternehmens zu sprechen.
Herr Massaad, ist RAK Ceramics staatlich oder privat?
Abdallah Massaad: RAK Ceramics wurde 1989 gegründet. 1991 haben wir zunächst die Keramikproduktion gestartet. Bereits 1993 kam der Bereich Sanitär dazu. Seit 1997 sind wir börsennotiert, gelistet in Abu Dhabi. Auch die Regierung hält Anteile, aber wir sind kein staatliches Unternehmen. Bereits seit dem Jahr 2000 sind wir in Italien, Deutschland und Großbritannien mit unserem Fliesengeschäft präsent. Wir haben Produktion in Indien, Bangladesch und natürlich in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Das bedeutet, Kludi ist für RAK nicht der Türöffner für Europa?
Nein, Europa gehört für uns zu den fünf wichtigsten Märkten und wie gesagt, sind wir seit 2000 hier auf dem Markt. Aber es ist das erste Mal, dass wir in Europa eine Produktion und ein Unternehmen wie Kludi kaufen. Darüber sind wir froh und sehr optimistisch für die Zukunft.
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Ist es richtig, dass RAK Ceramics Kludi für lediglich 39 Millionen Euro gekauft hat, inklusive des Joint-Venture-Anteils in VAR?
Ja, das stimmt.
Ein guter Preis für Sie, oder?
Es kommt darauf an, wie Sie es betrachten. Wir kooperieren seit 2006 mit Kludi im Joint-Venture Kludi RAK in der Region Mittlerer Osten und Asien. Kludi ist in unserer Region eine sehr gute, starke Marke. Ich habe in meinen drei Häusern nur Kludi-Armaturen (lacht). Beim Kauf kommt es gar nicht so sehr auf den Preis an, sondern auf die zukünftige Entwicklung der Marke.
Was hat den Ausschlag dafür gegeben, Kludi ausgerechnet jetzt zu kaufen?
Nun, wir haben schon früher versucht, Kludi zu übernehmen, aber da war Kludi ganz einfach noch nicht zu verkaufen. Als wir erfahren haben, dass der Inhaber darüber nachdenkt, haben wir sofort unser Interesse bekundet. Erstens aufgrund der langjährigen Kooperation und zweitens, weil Kludi zu uns als Anbieter von Lifestyle-Lösungen im Sanitärbereich passt. Wir sind im Bereich Keramikfliesen die Nummer Vier auf der Welt, haben Sanitärkeramik und Tischporzellan in der Gruppe. Kludi passt zu uns, aber wir betrachten es auch in der Zukunft als eigenständiges Geschäftsfeld.
Schauen Sie als RAK Gruppe auf weitere mittelständische Unternehmen aus der Branche? Hier im Sauerland gibt es eine Menge davon.
Im Armaturenbereich ist Kludi für uns die Marke. Wir schauen aber immer, wo und wie die RAK-Gruppe wachsen kann. Vor ein paar Monaten haben wir unser Engagement im Bereich Tischporzellan vergrößert und unseren Anteil an RAK Porzellan von 50 auf 90 Prozent erhöht. Wir haben in Luxemburg ein großes Logistikzentrum für die Auslieferung in Europa gebaut mit einem großen Showroom. Also, wenn sich eine Gelegenheit bietet, schauen wir es uns an – weltweit.
Also auch in Europa?
Das will ich nicht ausschließen. Die jüngsten Unternehmenszahlen für das zweite Quartal weisen in Europa ein leichtes Wachstum von 1,8 Prozent aus. Das ist bei weitem nicht so viel wie im Heimatmarkt (mehr als 25 Prozent plus) oder Märkten wie Indien (plus 55,4 Prozent Umsatz).
Sind Sie mit Europa zufrieden?
Das Problem im Moment, auch für uns, ist die Lieferkettenproblematik. Allein die Lieferkosten von den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Europa haben sich 2022 verdreifacht. Das Wachstum in Europa ist nicht riesig, aber so wie wir es kalkuliert haben.
Die Marke RAK ist in Deutschland weit verbreitet, dennoch kennen sie nur wenige. Gibt es eine gute Strategie, um RAK bekannter zu machen?
Nun, unter einem Teller oder einer Bodenfliese sehen Sie nicht auf Anhieb die Marke. Das ist ein Grund, warum wir Kludi so mögen. Sie können die Marke sofort erkennen.
Was wird sich durch die Übernahme bei Kludi und für die Beschäftigten am Standort Menden ändern?
Kludi ist eine Traditionsmarke mit einem Management, dem ich vertraue, und mit Beschäftigten mit sehr viel Expertise. Aber wir wollen investieren und modernisieren, um Kludi mit den Produktionen in Menden, Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu einer internationalen Marke zu machen. Das ist unsere Vision. Wir als RAK Ceramics sind in mehr als 150 Ländern dieser Welt präsent. Das wird auch für Kludi ein Türöffner sein, um als Marke zu wachsen.
Wie beurteilt man in VAR die aktuelle Situation in Europa und besonders in Deutschland?
Ich bin seit 2006 schon häufig in Deutschland gewesen und mag die klare, strukturierte Art der Deutschen, wenn es um Geschäfte geht. Im Moment blicken wir etwas mit Sorge nach Deutschland, weil es viele Unsicherheiten gibt. Es ist eine aufregende Zeit. Ein energieintensives Unternehmen würden wir hier im Moment eher nicht kaufen.
RAK Gruppe mit mehr als 12.000 Beschäftigten
Die RAK Gruppe wurde 1989 gegründetes Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). RAK Ceramics fertigt nach eigenen Angaben mit jährlich rund 118 Millionen Quadratmeter Fliesen. Zum börsennotierten Konzern gehören auch die Bereiche Sanitärelemente und Tafelgeschirr. Rund 12.000 Beschäftigte erwirtschaften rund eine Milliarde US-Dollar Jahresumsatz.
Der Mendener Armaturenhersteller Kludi, gegründet 1926 und bis Mai im Familienbesitz, beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter in Menden und Österreich. Seit 2006 arbeitet Kludi mit RAK Ceramics in einem Joint-Venture zusammen als Lifestyle-Badausstatter im Mittleren Osten . Durch die Präsenz von RAK in mehr als 150 Ländern, soll Kludi als internationale Marke etabliert werden.