Düsseldorf. Noemi Prokopp geht am Arbeitsplatz bei Vodafone offen mit ihrer Homosexualität um. Trotzdem glaubt sie, dass es immer noch ein Tabuthema ist.
Noemi Prokopp (41) hat lange gehadert, ob sie Kolleginnen und Kollegen erzählt, dass sie lesbisch ist. Im Interview erzählt die Abteilungsleiterin im Finanzcontrolling bei Vodafone Deutschland über abfällige Bemerkungen und die Rolle, die Vorgesetzte spielen.
Frau Prokopp, wie haben Ihre Kolleginnen und Kollegen reagiert, als Sie erstmals erzählt haben, dass Sie mit einer Frau zusammenleben und zwei Kinder haben?
Noemi Prokopp: Ich habe mich jahrelang selbst versteckt, als ich noch für andere Unternehmen gearbeitet habe. Es war wirklich nicht schön mitzubekommen, dass in der Kaffeeküche abfällig über LGBTQ-Menschen gesprochen wurde. Oft fielen Sätze wie „Du siehst gar nicht lesbisch aus, das hätten wir nicht gedacht.“ Ich habe mich also lange zurückgehalten, Privates zu erzählen. Dabei sollte es eine Selbstverständlichkeit sein. Schwul, lesbisch, vor allem aber transgender zu sein, ist vielerorts in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema. Und dennoch gehe ich mit dem Thema mittlerweile sehr offen um.
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Was hat sich geändert?
Prokopp: Bei Vodafone wird das Thema Diversity offen und proaktiv angesprochen. Wir haben beispielsweise ein Netzwerk aufgebaut, in dem wir uns regelmäßig austauschen. Anfangs waren wir zehn Leute aus der LGBTQ-Community. Inzwischen sind es über 100 Mitglieder. Die Geschäftsführung im Unternehmen vermittelt klar, dass die Chancen für alle Mitarbeiter gleich sind – völlig unabhängig von sexueller Orientierung oder Herkunft. Die Rückendeckung von oben kaskadiert sich dann hinunter in die gesamte Belegschaft. Diskriminierung wird nicht geduldet.
Reden Sie jetzt offener über Ihr Privatleben?
Prokopp: Ja. Ich muss mich nicht mehr verstecken und kann mich auf meine Arbeit konzentrieren. Das wirkt sich auch positiv auf die Produktivität und das Selbstbewusstsein aus. Wir LGBTQ-Menschen schaffen, glaube ich, auch einen Mehrwert, wenn wir einen anderen Blickwinkel ins Unternehmen bringen.
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Ist die Einstellung zu queeren Menschen auch eine Generationenfrage?
Prokopp: Ich glaube, dass Vorbehalte bei älteren Menschen oft noch größer sind als bei jüngeren. Pauschal lässt sich das aber nicht beantworten. Was ich allerdings feststelle: Oftmals steht das Aussehen im Vordergrund: Je stärker man der „klassischen“ gesellschaftlichen Norm entspricht, also „hetero“ aussieht, desto leichter hat man es häufig im Berufsleben.
Erwarten Sie, dass es mittelfristig überhaupt keine Gender-Debatte mehr geben wird?
Prokopp: Ich glaube, dass die LGBTQ-Community international stark in Gefahr ist. Schauen Sie sich doch nur den Anschlag auf eine Schwulen-Bar in Oslo an. Die Extremisten sind immer häufiger in eigenen Gedankenblasen unterwegs. Sobald ein Markenlogo in Regenbogenfarben gefärbt wird, gibt es darauf häufig einen Shitstorm. Umso wichtiger ist es klare Zeichen zu setzen, so wie es Vodafone als Unternehmen tut.