Werdohl/Düsseldorf. Die Produkte des Sauerländer Bahntechnikkonzerns Vossloh helfen bei der Klimawende – das verspricht stetiges Wachstum in Werdohl.
Der Sauerländer Bahntechnikkonzern Vossloh AG wird von einer beschleunigten Klimawende besonders profitieren. Davon ist der Vorstandsvorsitzende (CEO) Oliver Schuster fest überzeugt: „Die Bahn ist die Antwort auf einige der drängendsten Fragen unserer Zeit. Kein anderes Verkehrsmittel ist vergleichbar umweltfreundlich.“
Das Tempo beim Infrastrukturausbau ist nach Vossloh-Erfahrungen in vielen Ländern der Welt deutlich höher als in Deutschland, das lässt sich an den Vossloh-Auftragseingängen in Rekordhöhe aus China, Australien, dem Baltikum oder Italien ablesen, aber auch hierzulande sollen viele Milliarden Euro in den Ausbau fließen. „Eine Klimawende lässt sich nur mit der Bahn realisieren“, erklärte Schuster am Mittwoch in Düsseldorf im Rahmen der Hauptversammlung.
Milliardenumsatz in Sichtweite
Vossloh blickt auf ein sehr gutes Jahr 2021 zurück. Und auch der Start ins laufende verspricht steigende Umsätze und den Sprung über die Milliardengrenze. Ob die Gewinne so hoch wie im Vorjahr ausfallen werden, ist ungewiss. Steigende Beschaffungskosten für Material und Energie treffen auch den Bahntechnikkonzern. Nicht alle Preissteigerungen könnten an Kunden weitergegeben werden, einige nur mit Verzögerung.
Dennoch herrscht beim Sauerländer Unternehmen beste Laune. Das hat nicht allein allein mit der Einweihung der 40 Millionen Euro teuren Fabrik der Zukunft am Stammsitz an der Lenne zu tun, die vor einigen Tagen mit einem großen Fest gefeiert wurde. In den vergangenen Jahren haben sich die Sauerländer immer mehr zum Komplettanbieter für Befestigungstechnik und Services wie Instandhaltung von Schienensystemen entwickelt. Dafür wurde die traditionelle Lokfertigung abgestoßen. Es wurden passende Unternehmen wie der US-Betonschwellenhersteller Rocla und das australische Pendant Austrak gekauft und eigene Innovationen vorangetrieben: „Nach jahrelanger Arbeit bringen wir jetzt eine komplett recycelbare Bahnschwelle auf den Markt. Das wird den Wettbewerbern Kopfschmerzen bereiten“, prognostiziert Schuster einen meilenweiten technologischen Vorsprung in Richtung Nachhaltigkeit. Mit der Schwellen-Innovation aus Verbundstoff grabe man sich nicht etwa das Wasser beim Geschäft mit Betonschwellen ab, sie soll die klassischen Holzschwellen ersetzen.
Mit der Übernahme des niederländischen Großhändlers für Bahninfrastruktur ETS Spoor haben die Sauerländer nicht nur ihren Zugang zum Markt im Nachbarland verbessert, sondern auch ein weiteres Mosaiksteinchen zum Rundumanbieter eingesammelt.
Ob der einstige Mehrheitsaktionär Heinz Hermann Thiele mit der Entwicklung des Unternehmens zufrieden wäre, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Thiele ist im Februar vergangenen Jahres überraschend verstorben. Seine Anteile befinden sich inzwischen in einer Familienstiftung, die seine Erben haben gründen lassen. Für die Vossloh AG bedeutet dies zunächst eine gewisse Sicherheit. Der Konzern, aber offenbar auch der Vorstand selbst verdanken Thiele eine Menge. „Er hat in schwierigen Jahren zu uns gehalten und uns eine Vision hinterlassen“, bemerkt Oliver Schuster. Die Vision ist eben die eines Komplettanbieters für Bahninfrastruktur. Dem ist man heute bereits ziemlich nahe gekommen.
Digitalisierung der Schiene
Vossloh fertigt mit hoher Wertschöpfungstiefe Schienen, Schienenbefestigungssysteme und Bahnschwellen, aber auch Schleifzüge, die in Hochgeschwindigkeit abgenutzte Schienen wieder auf Vordermann bringen können. Den Service gibt es von Vossloh gleich dazu, und zwar mit modernsten Methoden. Die Digitalisierung der Schiene ist ein Geschäftsfeld, dessen Potenzial beinahe nur wachsen kann, wenn tatsächlich ernst gemacht wird mit der Verlagerung von Gütern auf die Schiene, der Abschaffung von Kurzstreckenflügen, wo Hochgeschwindigkeitszüge schneller und vor allem ökologischer unterwegs sind.
„Das Wachstumspotenzial für die Bahn ist enorm. Unsere Auftragsbücher sind voll“, erklärt Schuster. Auch wenn es wegen der enormen Kostensteigerungen für Material und Energie in diesem Jahr eine Delle beim Gewinn geben sollte (was noch nicht ausgemacht ist), kann sich der Sauerländer Konzern die vorgeschlagene 1-Euro-Dividende pro Aktie leisten. Die Anteilseigner nahmen dieses Angebot am Mittwoch an.