Oberhausen. Picnic investiert in Oberhausen 150 Millionen Euro in ein Lager mit 1500 Robotern. Warum der Online-Supermarkt nun bundesweit expandieren will.

Vor vier Jahren ist Picnic mit einem kleinen Lager in Neuss gestartet. Inzwischen beliefert der Online-Supermarkt drei Millionen Haushalte in NRW mit Lebensmitteln. Im WAZ-Interview spricht Mitgründer Frederic Knaudt über seine bundesweiten Expansionspläne und warum Picnic in Oberhausen für 150 Millionen Euro das „modernste E-Food-Lager der Welt“ bauen und über 1500 Roboter „einstellen“ will. Am Mittwoch, 4. Mai, ist der erste Spatenstich geplant.

Herr Knaudt, Sie wollen in Oberhausen das nach eigenen Angaben „modernste E-Food-Lager der Welt“, das zugleich das größte in der EU sein soll, bauen. Welche Expansionspläne haben Sie mit Picnic?

Frederic Knaudt: In Nordrhein-Westfalen ist uns die Expansion schon ganz gut gelungen. Wir erreichen bereits drei Millionen Haushalte in 57 Städten. In den nächsten zwei Jahren planen wir aber die Eröffnung von weit über 100 Standorten auch in Regionen außerhalb von NRW. Unser Ziel ist es, über die Hälfte der Haushalte in Deutschland zu beliefern.

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Ihr Lager entsteht gleich neben dem Zentrallager ihrer Anteilseignerin Edeka Rhein-Ruhr. Welche Erwartungen haben Sie an den Standort gleich an der Autobahn A3?

Knaudt: In erster Linie macht der Standort Oberhausen für uns Sinn, weil wir da sein wollen, wo viele Menschen sind. Es war mehr oder weniger Zufall, dass die Edeka den Platz für uns hatte. Wir sind vor vier Jahren am Niederrhein gestartet. Wir sind zuerst nach Bochum gesprungen und haben dort gesehen, welches Potenzial das Ruhrgebiet hat – die Nachfrage ist riesig.

Die Waren sollen in Oberhausen mehr als 1500 Roboter sortieren. Werden Sie in Ihrem neuen Lager ganz ohne Menschen auskommen?

Knaudt: Nein, natürlich nicht. Wir werden an diesem Standort in Oberhausen zukünftig Hunderte Arbeitsplätze schaffen. Für 150 Millionen Euro wollen wir ein Lager für Lebensmittel bauen, das den höchsten Automatisierungsgrad der Welt hat. Geplant ist ein Shuttle-System, das die Produkte zu unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bringt, die Kisten mit den Bestellungen unserer Kundinnen und Kunden zusammenstellen. Dadurch können wir fünfmal so viele Bestellungen pro Tag abwickeln, wie sie in unseren Kühllagern in Viersen, Herne, Langenfeld, Mülheim, Hamm und demnächst auch Wülfrath möglich sind.

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Picnic investiert zu einem Zeitpunkt, da Mitbewerber wie Flaschenpost, Gorillas, Knspr oder food.de das Ruhrgebiet mit der Belieferung von Lebensmitteln erobern. Ist Ihre Investition auch eine Antwort auf die wachsende Konkurrenz?

Knaudt: Wir schauen hauptsächlich auf uns selbst. Der Online-Lebensmittelhandel hat die höchsten Wachstumsraten aller Handelssparten. Es werden sich unterschiedliche Anbieter für die verschiedenen Kundenbedürfnisse etablieren. Wer fünf Kisten Mineralwasser braucht, bestellt bei Flaschenpost. Wer gerade Sahne für seine Pasta braucht, ordert bei Gorillas oder Flink. Picnic positioniert sich für den Wocheneinkauf der Familie. So differenzieren sich die Anbieter im Markt.

Zumindest bei den Gorillas und bei Flaschenpost gab es zuletzt Kritik an prekären Arbeitsbedingungen, unbezahlten Überstunden und Blockadeversuche bei der Betriebsratswahl. Hat Picnic diesbezüglich eine weiße Weste?

Knaudt: Zu anderen Unternehmen möchte ich mich gar nicht äußern. Bei Picnic haben wir uns ein Gemeinschaftsgefühl an den Standorten auf die Fahne geschrieben. Jede und jeder kann sich einbringen. Es gibt Aufstiegschancen und Weiterbildungsangebote. Bei uns ist das Klima gut.

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Sie liefern bis 22 Uhr und auch samstags. Finden Sie auf Ihrem Expansionskurs ausreichend Mitarbeitende?

Knaudt: Am Anfang der Corona-Pandemie sind eine Vielzahl von Beschäftigten, die sich eine Alternative zur Gastronomie gesucht hatten, zu uns gekommen. Das hat sich nach den Lockerungen natürlich wieder verändert. Es gelingt uns aber weiterhin, unsere Teams aufzubauen. Unter unseren Fahrer:innen sind viele Studierende, die das flexible Arbeiten schätzen und gern mit den Elektroauto herumfahren. Darüber hinaus suchen wir für die Expansion zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – insbesondere in den Bereichen Analytics und Logistik.

Welche Rolle spielt der Preis im Online-Lebensmittelhandel?

Knaudt: Natürlich spielt der Preis für die Kund:innen eine wichtige Rolle. Das gilt für den stationären wie für den Online-Handel gleichermaßen. Bei Picnic kosten die Produkte das gleiche wie stationär, die Lieferung ist gratis und ich spare mir den Sprit. Das Geheimnis sind unsere effizienten Milchmann-Routen. Damit liefern wir zwar nicht in zehn Minuten, aber durch die Bündelung sind wir effizienter und können so dem Kunden den günstigen Einkauf anbieten.

Lebensmittel werden nicht zuletzt wegen des Kriegs in der Ukraine immer teurer. Wie reagieren Sie darauf?

Knaudt: Wir alle schauen aktuell vermutlich zweimal auf die Preise. Die Discounter erleben aktuell wieder mehr Zulauf. Wir bieten den Kund:innen die Option an zwischen Markenprodukt und günstiger Eigenmarke zu wählen. So kann ich zur Spaghetti zu 1,90 Euro oder 0,90 Euro greifen.

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Picnic ist als Start-up in den Niederlanden gestartet und hat nun Edeka als Investor an Bord. Flaschenpost gehört inzwischen zu Dr. Oetker. Werden Gründer im hart umkämpften Lebensmittelhandel auf Dauer nicht ohne finanzstarke Konzernpartner auskommen?

Knaudt: Die Edeka hält eine Minderheitsbeteiligung an Pincic. In erster Linie arbeiten wir im Einkauf zusammen. Mit einem Einkaufsvolumen von 60 Milliarden Euro kann es kein Start-up aufnehmen. Diese Marktposition können wir nutzen. Im operativen Geschäft sind wir aber unabhängig und genießen die unternehmerische Freiheit. Wir sind froh über die sehr gute Partnerschaft mit der Edeka.

Deutschland galt bei Lebensmittellieferungen lange als Nachzügler. Glauben Sie, dass der Durchbruch nun geschafft ist?

Knaudt: Ja. Wir beobachten, dass die Kunden mit der Zeit unseren Service immer häufiger nutzen. Auch die Warenkörbe werden größer. Man gewöhnt sich daran, Lebensmittel online einzukaufen. Das dreht niemand mehr zurück. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist es super, denn sie können neben Supermarkt und Discounter aus weiteren Optionen wählen.

>>> Wenig Online-Geschäft in Deutschland

Trotz des rasanten Wachstums in den vergangenen Jahren hinkt Deutschland beim Onlinehandel weit zurück. Einer aktuellen Umfrage der Gutschein- und Rabattcodes-Plattform Savoo gaben Verbraucherinnen und Verbraucher ihr Geld während der Corona-Pandemie nur zu zwölf Prozent online aus.

Zum Vergleich: Weltweiter Spitzenreiter ist Vietnam mit 57 Prozent, aber auch in Indien und China lag der Anteil des E-Commerce-Umsatzes mit 55 und 50 Prozent zuletzt sehr hoch.

21,25 Prozent der Deutschen kaufen der Erhebung zufolge hauptsächlich in Läden ein, knapp 38 Prozent gaben an, auch online zu kaufen. Mehr als ein Viertel kaufen zur Hälfte stationär und online.