Essen. Auch die Spritpreise steigen, vor allem für Diesel. Der kostet ebenso wie Super und E10 nun mehr als zwei Euro je Liter. BP erklärt, warum.
Autofahrer, die sich noch von steigenden Preisen schockieren lassen, müssen seit Montag zweimal auf die Preistafel schauen, um glauben zu können, was sie da sahen: 2,07 Euro ruft die Aral-Tankstelle an der Bismarckstraße in Gelsenkirchen für den Liter Diesel auf, vier Cent mehr als für Super E5 und zehn Cent mehr als für E10. Was in anderen Bundesländern bereits Ende der vergangenen Woche geschah, hat sich nun auch an vielen Zapfsäulen im Ruhrgebiet ereignet: Erstmals ist Diesel teurer als Super, eine historische Wendemarke.
Im landesweiten Durchschnitt war Diesel am Montag in NRW mit 2,02 immer noch etwas günstiger als E5 mit 2,03 Euro. Wer das unbeliebte E10 mit seinem höheren Ethanol-Anteil nicht scheut, tankt bereits seit einigen Tagen günstiger als Dieselfahrer. Ein schwacher Trost, denn auch die Ottokraftstoffe reißen hierzulande inzwischen die Zwei-Euro-Marke, was Autofahrer bisher nur aus Urlaubsfahrten etwa in die Niederlande kannten. Als Folge des Krieges in der Ukraine dürfte die Richtung auch in den kommenden Tagen und Wochen weiter nach oben zeigen.
18 Cent Steuervorteil für Diesel aufgezehrt
Für die Aral-Mutter BP, deren Deutschland-Zentrale in Bochum sitzt, ist es keine Überraschung, dass der Dieselpreis hierzulande den Superpreis überholt hat. Denn: „Der Nettopreis für Diesel war immer höher als für Super-Kraftstoff“, erläutert ein BP-Sprecher unserer Redaktion. Dass der Verbraucherpreis an der Zapfsäule in Deutschland bisher stets unter dem für Super lag, lag allein an den deutlich niedrigeren Steuern. Auf einen Liter Diesel fallen 47 Cent Energiesteuer an, auf einen Liter Super 65,4 Cent. Die anschließend draufgeschlagene Mehrwertsteuer von 19 Prozent fällt bei Super ebenfalls entsprechend stärker ins Gewicht und vergrößert den staatlichen Preisvorteil des Diesel.
„Dieser Vorteil kann die gestiegenen Nettopreise jetzt nicht mehr kompensieren“, erklärt der BP-Sprecher. Am maßgeblichen Spotmarkt in Rotterdam seien die Dieselpreise zuletzt massiv gestiegen, stärker als für Ottokraftstoffe. Die auch durch den Ukraine-Krieg getriebene Marktentwicklung hat die gut 18 Cent, die der deutsche Staat den Dieselfahrern erlässt, mehr als aufgezehrt.
Gelsenkirchener BP-Raffinerie läuft normal
In der Gelsenkirchener Raffinerie mache sich die Energiekrise bisher nicht bemerkbar, betont BP. Es kämen nach wie vor Rohstoffe in den gewohnten Mengen an und es würden auch die normalem Mengen an Treibstoffen produziert. Über die künftige Entwicklung mag BP nicht spekulieren. Da der britische Mutterkonzern seinen Rückzug aus Russland erklärt hat, bestelle auch BP Deutschland ab sofort kein russisches Öl mehr. Seit dem Bruch von BP, Shell und Exxon Mobil mit Putin ist russisches Öl deutlich günstiger geworden, das aus dem Rest der Welt wegen der steigenden Nachfrage entsprechend teurer. BP betont aber: „Es ist genug Öl im Markt.“
Aufgrund der hohen Belastung für Pendler und Betriebe mit Fuhrparks fordern inzwischen viele Wirtschaftsverbände eine staatliche Entlastung. Wie sehr die Energiekrise auch kleine und mittelgroße Betriebe trifft, verdeutlicht die auch für das westliche Ruhrgebiet zuständige Handwerkskammer Düsseldorf: „Ein Bäckereibetrieb mit 20 Lieferfahrzeugen rechnet allein fürs Benzin mit 12.000 Euro Mehrkosten in diesem Jahr“, so ein Sprecher der Kammer. Er betont, auch Rohstoffe wie Getreide würden im Zuge des Ukraine-Krieges teurer. Der Düsseldorfer Bäcker Christoph Pass hat das genau beobachtet und sagt: „Die Rohstoffpreise haben bereits in der ersten Kriegswoche noch einmal um bis zu 20 Prozent zugelegt.“
Handwerksbetriebe müssen hohe Energiepreise weitergeben
Auch in anderen Handwerksbranchen verteuerten sich im Zuge der Energiekrise Rohstoffe und Vormaterialien, heißt es aus der Kammer. Auf Material, das aus Südostasien nach Europa verschifft wird, machten sich die steigenden Preise für Schiffsdiesel und Lkw-Sprit deutlich bemerkbar. Die steigenden Energiepreise würden für viele Betriebe zu einem „essenziellen, wenn nicht existenziellen Problem“, das auf lange Sicht nicht verkraftbar sei und auf die Endpreise durchschlagen werde. Die Politik solle „jede Form der Entlastung durchdenken“, um den Betrieben und damit auch ihren Kunden zu helfen.