Essen. Die Steag verschiebt die Umrüstung des Kohlekraftwerks in Herne auf Gas. Auch andere Steinkohleblöcke sollen länger laufen. RWE prüft das ebenso.

Die durch den Krieg in der Ukraine verschärfte Gaskrise lässt auch die Steag länger auf Kohle setzen. Der Essener Stromerzeuger verschiebt die für diesen Sommer geplante Umrüstung ihres Steinkohlekraftwerks in Herne auf Erdgas. Der Kohleblock 4 solle noch bis ins Frühjahr 2023 weiterlaufen, teilte die Steag am Mittwoch mit. Man wolle damit im kommenden Winter „einen Beitrag zur Gewährleistung von Preisstabilität und Versorgungssicherheit leisten“. Denn die bereits jetzt „sehr unbeständige Lage an den Energiemärkten“ sei durch den Krieg in der Ukraine noch unberechenbarer geworden“, sagte der neue Steag-Chef Andreas Reichel.

Kohleblöcke in Bergkamen und Völklingen laufen länger

Mit derselben Begründung kippt die Steag auch die ebenfalls für diesen Sommer angepeilte vorzeitige Stilllegung ihrer Kohlekraftwerke in Bergkamen und im saarländischen Völklingen. Sie sollen nun wie ursprünglich in der staatlichen Stilllegungsauktion vorgesehen noch bis Ende Oktober laufen.

Auch interessant

Nach der Ökostromflaute im vergangenen Jahr bremst damit nun der Krieg den Kohleausstieg. Wegen der extrem hohen Gaspreise laufen Gaskraftwerke auf Sparflamme, die Braun- und Steinkohlekraftwerke dagegen auf Hochtouren. Eigentlich sollte das klimaverträglichere Erdgas die Kohle ersetzen, bis genug Grünstrom fließt. Doch wer es aktuell im Kraftwerk verbrennt, macht Verluste, während sich mit Kohlestrom wieder gutes Geld verdienen lässt.

Debatte über Verschiebung des Kohleausstiegs

Bei einer weiteren Zuspitzung in der Ukraine und im Verhältnis Europas zu Russland droht aber auch mittelfristig Gasknappheit, vor allem, wenn Russland seine Lieferungen ganz einstellt. Bundes- und Landesregierungen stellen sich bereits auf dieses energiepolitisch schlimmstmögliche Szenario ein. Deshalb wird in Deutschland auch neu über eine Verschiebung des für Ende dieses Jahres geplanten Atomausstiegs und des für 2030 geplanten Kohleausstieg diskutiert.

Der Essener RWE-Konzern, dessen Braunkohlekraftwerke im Rheinischen Revier in diesem Wochen unter Volllast laufen, stellt sich ebenfalls auf darauf ein, dass Gas knapp wird und brachte die Reaktivierung von Reserve-Kohlekraftwerken oder gar von bereits stillgelegten Blöcken ins Spiel. die nächsten Jahre. Auch RWE prüft nach eigenen Angaben, die Verschiebung von Stilllegungen, die in diesem Jahr anstehen. „Für unsere Anlagen prüfen wir das, damit wir handlungsfähig sind, wenn die Bundesregierung derartige Maßnahmen für notwendig erachtet“, erklärte RWE auf Anfrage unserer Redaktion.