Kreuztal/Siegen. Die Sperrung der A45 verursacht laut Experten Mehrkosten in Millionenhöhe. Der Bund soll den Wettbewerbsnachteil für Südwestfalen ausgleichen.

Seit mehr als sechs Wochen ist die Verkehrschlagader A 45 bei Lüdenscheid durch die Sperrung der Talbrücke Rahmede gestört– von jetzt auf gleich. Unternehmen aus Südwestfalen und mit ihnen die Industrie- und Handelskammer Siegen sehen das Bundesverkehrsministerium in der Pflicht, den enormen Wettbewerbsnachteil der mit dem Zusammenbruch dieses wichtigen Teils Verkehrsinfrastruktur einhergeht, auszugleichen und wortwörtlich neue Wege aufzuzeigen. „Wenn das Bundesverkehrsministerium jetzt keine Verantwortung übernimmt, wann dann?“, fragt Michael Kröhl, Vorsitzender des IHK-Arbeitskreises Verkehrswirtschaft und Logistikleiter der Krombacher Brauerei.

Wettbewerbsnachteile

Deutschlands größte Privatbrauereischickt jährlich rund2,5 Millionen Hektoliter Braugut über die Sauerlandlinie in Richtung Norden. Zu den Kunden in NRW, zu den Häfen in Bremen, Bremerhaven und Hamburg an der Nordseeküste. In der Regel kommt alles, was in Kästen ausgeliefert wird, auch als Leergut ins Siegerland zurück. Das Mehrweg-System ist ein gutes – verursacht aber bei rund 150 Kilometer mehr Weg über die A 4, A 3 und A 1 in den kommenden Jahren für die Brauerei hohe Kosten. „Es wird uns Geld kosten und es wird unsere Kunden Geld kosten“, sagt Kröhl mit Blick auf die jahrelange Sperrung nüchtern. Sprich: Das beliebte Pils steht unter Preisdruck im Vergleich zu Mitbewerbern, denen kein Verkehrs-Hindernis im Weg steht.

In der Region Sauer- und Siegerland sieht man im Containerterminal der Bahn in Kreuztal eine Chance für die nahe Zukunft. 2019 nahm die DB Cargo ihn in Betrieb, um in der industriestarken Region mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu locken. Exakt das, was nun gebraucht wird.

Es sei auch eine große Chance für die Bahn, findet der Krombacher-Logistikchef Kröhl. Anders ausgedrückt: „Es wäre eine große Niederlage für die Bahn, wenn man es jetzt nicht schafft, Verkehr auf die Schiene zu bringen!“ Damit die Verlagerung von der maroden Straße über den modernen Containerterminal auf die Gleise in Kreuztal klappt, sollte der Bund beispielsweise mit Förderungen nachhelfen, lautet eine Idee.

Zusätzliche Logistikkosten durch die Verlagerung auf die Schiene könne der Standort Südwestfalen nicht verkraften. Bei einer mehrjährigen Sperrung entstünden Millionen Euro an Schaden. Dies lasse sich bereits heute berechnen, erklärt der Logistikexperte Michael Kröhl. Tatsächlich sei es realistisch möglich, schon kurzfristig größere Frachtmengen über das Terminal in Kreuztal abwickeln zu können. Einzelwagenverkehr könne vielleicht schon Ende März in Richtung Norden fahren. Es werde auch versucht, ganze Züge zu organisieren, sagt Kröhl: „Jeder Lkw, der jetzt nicht über die A 45 oder auch die A 1 und A 4 fährt, ist ein gewonnener Lkw.“

Siegstreckenausbau beschleunigen

Eine andere Form der Entlastung wäre etwa, eine Mautbefreiung für die Umwegstrecken, regt die IHK Siegen in einem Schreiben an den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Landesverkehrsministerin Ina Brandes (CDU) an, das am Montag verschickt wurde.

Auch Investitionen in den Ausbau der Siegstrecke von Siegen nach Köln und der schnellstmöglich Ausbau der Ruhr-Siegstrecke von Hagen nach Siegen seien jetzt wichtig – egal, wie schnell ein Ersatzneubau der Brücke Rahmedetal auch dauern wird. Realistisch geht man von mehreren Jahren aus. Und die gesperrte Brücke ist ja längst nicht die einzige entlang der Sauerlandlinie die längst sanierungsbedürftig ist.

Arndt Kirchhoff: „Fünf Jahre Bauzeit indiskutabel“

Die Vollsperrung der A 45 bei Lüdenscheid nennt NRW-Unternehmerpräsident Arndt Kirchhoff eine „hochdramatische Situation für die ganze Region“.

Wer jetzt beim Brückenersatzbau noch eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung verlange gefährde Unternehmen und Arbeitsplätze einer ganzen Region, sagte Kirchhoff: „Fünf Jahre Planungs- und Bauzeit für eine neue Brücke sind indiskutabel.“