Hagen. Bei Schweinehaltern wächst der Frust. Zur wirtschaftlich schwierigen Lage komme laut WLV, dass Gesetze sie auf dem Weg zu mehr Tierwohl behindern.
Stau in Ställen und perspektivisch hohe Anforderungen an das Tierwohl. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) fordert von der Politik eine „Umstrukturierungsprämie“ für Nutztierhaltung. „Wir wollen den Strukturwandel nicht befeuern und uns nicht rauskaufen lassen. Im Gegenteil“, sagt WLV-Präsident Hubertus Beringmeier.
Kritik an alter Bundesregierung
Den Landwirten gehe es keineswegs um eine Ausstiegprämie, sondern finanzielle Unterstützung für die Höfe, die aufgrund der geltenden Gesetzeslage keine Chance haben, den Weg Richtung Tierwohl mitzugehen, weil Umwelt- und Baurecht nicht übereinanderpassen. „Das Problem betrifft bei uns in Nordrhein-Westfalen mehr Betriebe als anderswo“, ordnet Bernhard Schlindwein, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des WLV, den überraschenden Beschluss ein.
Hier gebe es relativ viele Höfe in Randlagen zu Ortschaften, die auf dem eingeschlagenen Weg zu einer Tierhaltung mit größeren Ställen und mehr Auslauf im Außenbereich nur schwerlich Baugenehmigungen bekommen dürften.
Es ist die Summe der aktuellen Probleme verbunden mit dem rapiden Imageverlust und dem Stillstand bei der Umsetzung einer Empfehlung, in die die Bauern viel Hoffnung gesetzt hatten. „Wir sagen ganz klar, wir gehen den Weg mit“, betont Beringmeier mit Blick auf die Empfehlungen der Borchert-Kommission. Die Zukunfts-Perspektiven für Nutztierhalter, die zu den Forderungen nach mehr Tierwohl passen, wurden bereits im Februar 2020 vorgestellt. Passiert sei nichts. „Wir brauchen eine akzeptierte Tierhaltung. Leider ist in den vergangenen anderthalb Jahren nicht viel passiert. Offenbar war die Zeit für die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner zu knapp“, formuliert Schlindwein die Enttäuschung einer ganzen Branche.
Der WLV setzt nun auf mehr Tempo in einer neuen Bundesregierung. Die sei gefordert, schnellstens Klarheit zu schaffen und die notwendigen Gesetzesnovellen zu verabschieden. „Für diejenigen Tierhalter, welche die erforderlichen Stallumbauten nicht umsetzen können und dürfen, brauchen wir jedoch eine ergänzende Ausstiegshilfe, denn die wollen ja weiter Landwirte bleiben“, so Beringmeier.
Je mehr Zeit verrinnt, desto mehr schmeißen aber die Brocken hin. „Vor allem junge Landwirte“, fürchtet Schlindwein. Der Grund sei eine ruinöse Entwicklung, wie es sie über einen so langen Zeitraum selten gegeben habe. Die Corona-Krise mit den Schlachtverzögerungen in großen Betrieben in NRW, etwa bei Westfleisch und Tönnies, macht seit anderthalb Jahren sowohl Ferkelzüchtern als auch Schweinemastbetrieben enorme Probleme. Der wegen der Afrikanischen Schweinepest verhängte Exportstopp nach China, einem der größten Abnehmerländer für Schweineprodukte aus Deutschland, sorgte für noch mehr Druck auf den Höfen und auf die Preise.
Diese Ausnahmesituation, die für viel Frust in der Branche sorgt, hat den WLV dazu bewogen, die Forderung zu stellen. „Bisher haben wir uns als Landesbauernverband mit starker Nutztierhaltung stets gegen eine staatliche Ausstiegsförderung ausgesprochen, da der Strukturwandel meist im Zuge des Generationswechsels und als Folge des biologisch-technischen Fortschritts sozial verträglich erfolgte. Dies ist hier und heute anders“, betont Beringmeier.